Teil 2.
Verluste
Es war ein ganz normaler Tag wie jeder andere auch im Dorf Patro. Etwas verschlafener als sonst erwachte Wik, stolperte etwas tollpatschig die knarzende Holztreppe hinunter und ließ sich geschafft auf die kleine Kücheneckbank fallen.
Seine Mutter kam ins Esszimmer schrie:
hinauf ins Dachgeschoss, was so viel bedeutet wie
Daraufhin hörte man das Stampfen vom Rest der Familie, die kurz darauf später in der Küche ankamen und sich setzten. Die Mutter stellte eine große Schüssel mit grünem Salat, einen kleinen Korb mit Brotschreiben und ein viertel Rad Käse auf den massiven Holztisch. Dazu brachte Sie einen Tontopf mit Honig auf den Tisch, den sie erst heute Morgen bei der dörflichen Imkerei gekauft hatte. Der Vater riss noch kurzerhand ein Duzend Möhren aus dem Vorgarten und legte sie mit einem grinsenden Gesicht auf den Tisch. Nach dem vorzüglichen Frühstück freute sich Wik schon sehr auf den heutigen Tag. Heute hatte er nämlich den ganzen Tag lang frei. Alle Aufgaben waren erledigt und er könnte sich entspannt auf den großen Strohhaufen im Kuhgehege legen und den Kühen beim Grasen in der Sonne zuschauen. Er ließ sich entspannt ins weiche Stroh fallen und machte ein Nickerchen.
Wik döste etwas vor sich hin und fing schließlich an zu träumen. Doch es war kein guter Traum…Er hatte den schlimmsten Albtraum, an den er sich erinnern konnte. Wik war in einem kalten, dunklen Wald komplett allein, ohne Vater, Mutter, Geschwistern oder gar seinem Hund. Niemand. Da war ein schauriges Knacken aus dem Gebüsch neben ihm. Eine Wolke brachte den Vollmond zum Vorschein. Das Geraschel wurde lauter und lauter. Ein Ast knackste, ein lauter Brüller. Plötzlich sprang etwas Dunkles, etwas Großes, etwas sehr Starkes auf ihn zu. Wik schrie…Und schreckte aus dem Schlaf mit weit aufgerissenen Augen. Schweißgebadet lag er im Stroh und atmete einmal tief durch. Alles nur ein Traum.
Plötzlich hörte Wiktor die schreiende Stimme seiner Mutter und das Kläffen des Familienhundes. Und jetzt sah er, woher das laute Gebrüll aus seinem Schlaf kam. Am Anfang der Felder war sein Vater in der Hand eine Mistgabel und Bartek der lauthals bellte. Vor den beiden hatte sich ein ca. 1 Meter 80 großer Bär mit weit geöffnetem Maul positioniert. Er präsentierte seine spitzen, messerscharfen Zähne und erhob sich zum Strand. Ein weiteres Brüllen ließ die Umgebung erzittern. Der Vater machte einige Laute mit hellem Ton in der Hoffnung den Bären verwirren zu können. Das klappte auch, jedoch nur zum Teil. Der Bär hielt kurz inne, wirkte danach aber noch deutlich aggressiver. Erst jetzt realisierte Wik, dass das hier gerade die Realität ist und er sich nicht mehr in seinem Traum befand. Der Junge rannte so schnell er konnte zu Hilfe und kramte schon seinen kleinen Doch aus der Hosentasche. Doch bevor er am Zauntor der Kuhweide angelangt war, war es schon zu spät. Der Bär machte einen großen Satz, genauso wie aus seinem Traum, auf den Vater zu und rang den Mann zu Boden. Das Monster fauchte ihm ins Gesicht und drückte mit den Pfoten die Arme des Vaters auf den Boden, sodass dieser keine Chance hatte sich zu befreien. Jetzt sprang Bartek an dem Bären hektisch hoch und versuchte ihn von seinem Vorhaben abzuhalten. Der Bär schaute zu dem kleinen Hund hinüber, holte mit der Pfote aus und schlug den „Köter” etwa zwei Meter weit weg, wo dieser reglos liegen blieb.
”Nie! to nie może być prawdziwe”
„Das kann nicht Wahr sein!”
und wollte schauen, ob es seinem Liebling gut geht doch bevor er reagieren konnte, war der Vater dran. Der Bär biss ihm in den Hals und riss den Kopf ab. Blut strömte in Massen aus der Kehle des Vaters und der staubige Boden wurde braun geträngt. Für Wiktor brach in diesem Moment die Welt zusammen. Er blendete alles aus, alle Geräusche, alle Gerüche…Wiktor sah nur noch den entsetzten Gesichtsausdruck des Vaters, wie er am Boden lag, wie er zum Hilfe gerufen hatte. Dumpf im Hintergrund hörte Wik das Geschrei seiner Mutter, doch es war ihm Egal. Der Bär schnappte sich die zerfetze Leiche des Vaters und rannte in den Wald weg. Bartek lag immer noch am Boden, ohne jegliches Lebenszeichen. Der Junge wollte zu gerne zu seinem verstorbenen Hund rennen um ihm vielleicht noch zu helfen aber er konnte nicht mehr. Er sackte zu Boden und alles wurde schwarz.
Als Wik wieder zu sich kam, wusste er nicht mehr wo er gerade war. Er sah an eine Decke, eine ihm sehr bekannte Decke aus Holz. Schnell drehte Wik sich zur Seite und merkte, dass er in seinem Zimmer war. Alles wie immer, das Nachttischchen, das kleine Fenster, die Kerze auf dem Boden. Alles schien wie immer. Hoffnung stieg in ihm hoch. Alles nur ein Traum? Alles nicht geschehen? Wik strich die Decke von sich und sah sich in seinen nomalen Klamotten. Er schaute zum Himmel, es war früher Abend. Sein Herz fing an zu pochen. Wiktor rappelte sich auf und schlich die Treppe nach unten. Er stand im Flur. Ganz Alleine. Seine Mutter war nicht da, geschweige denn von seinen Brüdern oder dem Vater. Er rannte zu Tür hinaus und bemerkte schon von weitem eine kleine Menschentraube, die sich um den Marktplatz gebildet hatte. Wik trottete hin, obwohl er sich schon denken konnte was dort los war. So etwas hatte er schon einmal Erlebt. Damals war ein kleines Mädchen aus dem Dorf im naheliegenden Fluss ertrunken. Als sich der Junge näherte, machte die Menge Platz und seine Mutter kam ihm mit gläsernen Augen entgegen. Wik wusste was das hieß, sie hatte geheult, viel geheult. Sofort kullerten ihm kleine Tränen aus den Augen und als seine Mutter ihn in dem Arm nahm, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Wiktor schrie so laut er konnte, er weinte Rotz und Wasser und hörte erst allmählich auf als alle ihne anschauten. Nun kamen auch seine drei Brüder und schlossen ihn und die Mutter in die Arme.
Die Mutter schluchzte kaum hörbar:
„Wszystko będzie dobrze…“ (Alles wird gut).
Doch Wik wollte nichtmehr. Er konnte nichtmehr. Er konnte das nicht fassen, dass der Mann, der wichtigste Mann in meinem Leben, der Mann, der ihm alles beigebracht hatte, die Felder ernten, die Tiere züchten, die Kühe melken. All das war ihm zu verdanken…und dieser Mann war nun vom einen auf den anderen Moment nicht mehr da?..und Wik war schuld…wenn er früher realisiert hatte, dass sein Vater in Gefahr war, wenn er anstatt zu beobachten früher eingegriffen hätte, wäre das nicht passiert. Er hätte seinen Vater retten können. Er, nur er hätte ihn retten können. Aber Wik hatte versagt. Man konnte dem Ermordeten die Angst aus den Augen ablesen.
Nun trat ein anzutragender Mann aus der Gruppe hervor und räusperte sich 2 Mal. Alles wurde still und das Getuschel verstummte.
(auf Polnisch)
„Seit gegrüßt liebe Mitbürger von Patro. Vielen Dank, dass ihr euch alle Zeit genommen habt. Ich muss heute leider eine schreckliche Nachricht verkünden. Der treue Bauer Kavinid Pratschuflufka wurde bedauerlicherweise heute Mittag von einem wild gewordenem Bären getötet.“
„Leider wurde die Leiche des guten Bauern vom Bär verschleppt und…ist nicht mehr auffindbar…deshalb wird die Beerdigung nächsten Sonntag nach dem Gottesdienst ohne einen Sarg stattfinden. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit. So gehet in Frieden.“
Kurz sagte niemand etwas und die meisten schauten nur mitleidsvoll zum Himmel. Dann löste sich die Menschentraube auf. Es wurde viel geflüstert und einige schauten uns an, wie wir völlig aufgelöst als die letzten dastanden. Man sah, dass sie uns wirklich bemitleideten. So etwas wollte wirklich keiner miterleben. Nach einigen Sekunden liefen wir gemeinsam zurück in Richtung Haus. Niemand sprach etwas. Alle gingen auf ihre Zimmer und ließen sich den Rest ihres Tages nicht mehr Blicken. Wiktor hörte aus dem Nebenzimmer das Geflüster von seinen 2 Brüdern, die immer zusammen rumhingen. Der 3. Und älteste Bruder war gerade bei den Schafen. Das Geflüster wurde immer lauten und nach ein paar Minuten nervte es richtig. Wik war wütend. Er wollte sich gerade konzentrieren um seinen heutigen Tagebucheintrag zuschreiben. Mit grimmiger Miene stampfte er in Richtung ihres Zimmers.
Der Junge klopfte energisch an die Tür (auf Polnisch):
„Könnt ihr bitte mal leise sein da drüben!“,
keine Antwort nur etwas Gemurmel aus dem Zimmer. Wik griff die kalte Klinke, drückte sie nach unten und stieß die Türe mit Schwung auf. Was Wiktor hier erblickte konnte er erst nicht glauben. Dort standen seine beiden Brüder, die sich tief in die Augen schauten, jeweils ein scharfes Messer in der Hand, welches auf das Herz des jeweils anderen gerichtet war. Wik wusste sofort bescheid war hier los war. Die beiden Idioten wollten sich gegenseitig das Leben nehmen. Und zwar auf eine „traditionelle“ slawische Art. Eine sehr verpönte Art. Sich absichtlich umzubringen war sehr sehr feige und würde Schande über die Familie bringen. Das darf doch nicht wahr sein. Das darf nicht passieren! Zuerst der Vater und jetzt auch noch die beiden Brüder?
„Seid ihr komplett durchgedreht? Ihr habt sie doch nicht mehr alle! Ihr wollt die Familienehre beschmutzen? Und mich und Yessas (3. Großer Bruder) hier mit Mutter allein lassen? Gerade in dieser schweren Zeit? Das könnt ihr nicht ernst meinen…“
Die Brüder schauten sich tief in die Augen und flüsterten gleichzeitig (auf Polnisch):
„Leb wohl Bruder…leb wohl“.
Wik versuchte das Messer der beiden wegzuschlagen, aber es war zu spät. Innerhalb einer Millisekunde stachen die beiden sich das Messer ins Herz des jeweils gegenüberstehenden. Wik schrie, doch die beiden brachen sofort zusammen wie zwei Mehlsäcke, die zu Boden fallen. Das Blut kam. Doch bevor Wik reagieren konnte, fasste ihn eine große Hand an der Schulter und zog ihn zur Seite. Es war Yessas der das Gespräch von ihnen wohl durchs Fenster von draußen gehört hatte. Yessas kniete sich nieder, zog den Dolch aus dem Herz von einem der beiden toten Mehlsäcke und schaute sich das Einstichloch an.
„Keine Chance, da ist nichts mehr zu machen.“
„Kein Grund um den beiden nachzutrauern. Das haben die Idioci nicht verdient. Sie sind Verräter. Und haben große Schande über unsere Ehre gebracht.“
Innerlich war Wiktor auch traurig aber hauptsächlich war er sauer. Sauer auf seine verräterischen Brüder. Sauer auf ihre letzten Worte zu ihm. Sauer auf ihr egoistisches Verhalten… Weil Wik es nicht übers Herz brachte, beichtete Yessas die schlechte Nachricht zur sowieso schon gekränkten Mutter. Wik schlich sich auf die Treppe und lauschte während Yessas zur Mutter ins Wohnzimmer ging. Kurz hörte man nichts als etwas Geschirr klappern, dann ein Lauter entsetzter Schrei und letztendlich das Heulen der Mutter. Nun wurde es unten lauter.
„Mutter hör auf ihnen nachzuweinen! Sie sind Verräter! Sie haben unsere Familien Ehre ruiniert!“
„A- Aber…aber….die beiden würden so was doch nie machen!“
„Ich hätte es nicht gedacht aber es ist so….ich bin sehr enttäuscht von ihnen. Das hatte Vater sicherlich nicht so gewollt.“,
meinte die nun entschlossene Mutter:
„Wir müssen diese Schande umgehend beim Bürgermeister Melden.“
Und so kam es. Noch an diesem Tag fand die 2. Versammlung am Marktplatz statt. Der Mann im Anzug verkündete dieses Mal, das dem Dorf und Wiks Familie eine Schande vollfahren war, dass sich Wiks Brüder sich auf slawische Weise totgestochen hatten und dass damit die Familienehre zerstört sei. Ein weiterer Mann, dieser in blauem Mantel gehüllt rief eifrig, dass nun die Felder, Tiere und das Haus der Allgemeinheit gehören wird. Die Meute ging zu Wiktors Haus, es wurde ein großes, rotes Banner an das Haus gehängt, wodurch es ab diesen Zeitpunkt allen gehörte. Jetzt mussten sich Wik und Yessas beeilen alle wertvollen Dinge aus dem Haus an sich zunehmen, denn sonst würden es die anderen Bewohner tun. Auch mindestens 3 Mehlsäcke mussten für den Winter gesichert werden.
Seit diesem Tag wurde seine Mutter immer unglücklicher. Sie hatte schließlich ihren Mann, 2 Söhne den Hund sowie ihr ganzes Haus mit ihrem Hab und Gut verloren. Sie wohnte jetzt mit ihren beiden Söhnen verwitwet in einem kleinen Stall mit einer Kuh und einem Schwein zusammen. Die gute Frau hatte keine Idee wie sie sich und ihre Söhne weiter versorgen sollte. Die Mutter hatte noch nie auf dem Feld gearbeitet oder gar die Ernte verkauft. Sie hatte sich davor nur mit dem Haushalt, den Kindern und dem Essenkochen beschäftigt. Und auf einmal hatte sie alle Aufgaben zu tun, die davor der Vater gemacht hatte. Auch für die Söhne wurde das Leben nicht leichter. Schließlich mussten sie sich allein drum kümmern, eine neue Möglichkeit zu finden, Geld zu verdienen. Nun half die ganze Familie beim Geld verdienen und war deshalb sehr erschöpft durch die vielen kurzzeitigen Jobs, die sie tun mussten. Besonders die Mutter traf es sehr hart. Die Söhne waren ja schon an kräftezehrende Arbeit gewöhnt, die sie jetzt anstatt der Ernte machen mussten. Sie hatten so etwas schon oft gemacht. Zum Beispiel die Materialien für den Bau eines neuen Hauses zu transportieren, aber die Mutter hatte stark zu kämpfen. Nach einem harten Tag Arbeit kaufte Wiks Mutter sich meistens von ihrem verdienten Geld einen starken Wodka und trank diesen im Verlauf des Abends ganz allein aus. Trinken war zwar üblich in der Region und gehörte zum guten Ton aber die Mutter trank immer sehr viel über den Durst und von Mal zu Mal immer mehr. Wik machte sich auch etwas Sorgen wegen dem Trinkverhalten seiner Mutter aber er war zu viel mit sich selbst beschäftigt. Er, als jüngster Arbeiter mit gerade mal 12, verdiente am wenigsten und musste selber für sein Essen sorgen, da seine Mutter all ihr Geld selber für den Alkohol ausgab und sein großer Bruder Yessas all sein Geld sparte, weil dieser sich bald einen Traum ermöglichen wollte. Er sparte auf einen eigenen Schneiderei Laden. Die Lehre des Schneiders hatte Yessas bereits vor einem Jahr beim Schneider im Nachtbar Dorf gemacht. Deshalb konnte er Wiktor auch nicht helfen. Mit dem wenig Geld, das Wik hatte, konnte er gerade mal ausreichend Essen bekommen.
Als eines Tages die Gebühr für den Stall gezahlt werden musste, indem sie nun hausten, hatten sie wegen des wenigen Gelds ein Problem. Wiks Mutter hatte schon alles für ihren abendlichen Alkohol ausgegeben, der inzwischen schon 2 Flasche Wodka war. Yessas war nicht bereit sein Erspartes für den Stall zu opfern und Wiks Geld reichte gerade mal für ein Viertel der verlangten Miete. Der Junge musste eine neue Einnahmequelle finden…und die hatte er. Klauen! Nicht nur das es ohnehin schon in seinen Genen veranlagt war, es war auch das Einzige, was ihm übrig blieb. Wik hatte sich eine Strategie zugelegt. Er kletterte auf ein fremdes Haus, sägte ein Loch in das Dach, ließ eine Strickleiter hinunter und schon war er drinnen. Dort schnappte Wiktor sich schnell alles, was er greifen konnte. Von Schmuck, Gold oder sonstige Wertgegenstände war alles dabei. Und ohne dass etwas bemerkt wurde, war Wik schon wieder über die Strickleiter hinaus und hatte das Loch provisorisch verschlossen. Im naheliegenden Fischerdorf konnte Wik das Diebesgut gut dann bei einem Händler verkaufen. Mit diesem Zusatz Kapital war die Miete für die Scheune locker gedeckt und sogar etwas Geld für mehr Alkohol war übrig. Nach mehr als 10 Einbrüchen sprach sich die Einbruchserie jedoch im Dorf herum und Wik bekam Gewissensbisse. Um all das zu verdrängen, nahm er sich ein Beispiel an seiner Mutter und begann zu trinken. Erst mit „harmlosen“ Bieren aber recht bald steigerte der 13 Jährige sich immer höher, sodass nach einigen Wochen mit demselben Wodka anfing wie seine Mutter.
Durch den vielen Alkohol waren die Ausgaben der Familie wieder sehr hoch. So hoch, sodass das Klauen in den Häusern allein nicht mehr ausreichen würde. So saß Wik viel auf der kalten Straße und musste betteln. Es ging immer weiter bergab, doch in seinem versoffenen Kopf war das egal. Alles drehte sich nur noch um Klauen, Trinken und Betteln. Ein halbes Jahr ging das so. Mittlerweile startete der Tag schon mit einem Doppelkorn und wurde danach im Mittagsverlauf mit ein paar Bieren versüßt. Yessas blieb vernünftig und trank nur selten und wenig. Er wollte lieber seine Schneiderei aufbauen. Das Alkoholproblem wurde immer drastischer.
Der Mutter ging es in dieser Zeit wieder einmal schlecht. Zwar diesmal nicht wegen Geldproblemen oder Familienkrisen denn diese Probleme hatte sie schon lange weggetrunken. Nein, das war es nicht. Ihr ging es von der Gesundheit her schlecht. Und zwar wegen dem Alkohol. Sie war müde, verkrampft und schon nach leichter Arbeit außer Atem. Sie hatte Husten, konnte sich aufgrund ihrer hohen Gewichtszunahme kaum bewegen. Und eines Morgens musste es kommen…es musste passieren. Wik hatte es sich schon länger gedacht aber immer wieder verdrängt. Wiktor fand seine Mutter tot in ihrem Bett liegen. In der schlaffen Hand eine halbleere Wodkaflasche.
Das öffnete Wik, der schon eine Bierflasche in der Hand hielt die Augen. Er musste aufhören zu trinken. Jetzt! Sofort. Ein eiskalter Entzug. Es wurde ihm klar. Der Tod der Mutter ließ ihn hinweg über seinen Dauerrausch sehen. Er ließ ihn aus seiner Blase treten. Die Blase, die ihn in der Sucht gefesselt hatte. Der Junge trauerte natürlich auch sehr um seine gute Mutter. Seine Mutter…die Frau der er das Leben zu verdanken hatte. Die Frau die ihm Moral beigebracht hatte. Die Frau die ihn am meisten geliebt hatte. Wik rollten die Tränen die Wangen hinunter. Er war erst 13 und hatte schon 4 Familien Mitglieder verloren, darunter auch Vater und Mutter. Sein einziger Verwandter war nun Yessas. Und er war treu. Er hatte sich schon immer mit Wik verstanden. Sein älterer Brüder hatte ihn immer in Schutz genommen vor Stand predigen der Eltern oder Hänseleien der Brüder. Und so war es auch jetzt. Yessas nahm Wik nach der Beerdigung der Mutter neben der Kirche bei sich in der Schneiderei auf und versorgte ihn mit Kleidung und Nahrung. Aber Wik musste schwören nie wieder zu klauen. Und Wik schwor sich zusätzlich noch, nie wieder Alkohol zu trinken, egal was auch passiert.