Name: Hayden Rurik-Ismerie
Geschlecht: Männlich
Alter: 22 (25.11.1077 )
Rasse/ Herkunft: Mensch irischen Blutes, geboren in Eldoria
Wohnort: Exulor
Religion: Christentum (Römisch-katholisch)
Wappen
Eingebettet auf einem ovalförmigen, in waldgrün getauchten Untergrund, befinden sich zwei Füchse, die sich an der langen Seite des Untergrundes in schneller, jagender Körperspannung entlang strecken. Ihre Fellfarbe, im Kontrast zum Untergrund stellt das flammende Orange mit dem kühlen, beruhigenden Grün die Farben des Familiennamens dar.
Die wilden, ungezähmten Ranken in einem sanften, vitalisierenden Blattgrün direkt unter den Füchsen überkreuzen ihre wilden Wanderungen mit den irischen Wildblüten (in einem dunklen Flieder gehalten), ein Erinnerungsstück an das Blut, von dem sie stammen.
Weitere wilde Blumen in einem kalten Grün, wie eine subtile Rahmung des Gesamtbildes, bringen das weiße, leicht geschnörkelte Schild des Familiennamens und das Wappen zusammen.
Stammbaum
Eines der wenigen Überbleibsel des Familienhauses, die er eingepackt hat. Zwei kleinere Wandteppiche, Verschriftlichungen beider Seiten. Nie zusammengeführt. Nur die Familiennamen und das Wappen sind deckgleich auf beiden abgebildet.
Hingen sie nie an der Wand, waren sie säuberlich in einem massiven Holzschrank zusammengerollt gewesen, bevor die Brüder sie in jüngeren Jahren auf Raubzügen vorfanden, vor jeglichen Staub befreiten.
Die Striche und Namen säuberlich, in gut lesbarer Schrift niedergeschrieben, konnte keine bedienstete Person ihnen kundgeben, wer für diese verantwortlich war, noch wie alt die Stammbäume waren.
Auch die genutzten Farben schien niemand identifizieren zu können. Sie waren bis heute eine Quelle der Faszination für ihn. Jahre vergingen, doch die Farben leuchteten genau wie an dem Tag, an dem sie die Stammbäume gefunden hatten. Hielten sie jeglichen Wanderungen und Seefahrten stand. Nicht einmal bittere, grobe Tränen, welche auf den Teppichen landeten, schienen die Schrift zu verdünnen.
Aussehen und Merkmale
Äußere Erscheinung
Mit seinen hochgewachsenen 183 Zentimetern an Größe füllt er einen Türrahmen wohlwollend aus, blickt oft über einen Großteil der Herrschaften hinweg (doch nicht in einem Rausch der Arroganz, vermag er wenig Kontrolle über seine Größe zu haben).
Ungleich seines blonden Bruders rühmt auf seinem Schopf feines, doch dichtes kaffeebraunes Haar, welches unter der Mittagssonne rote Untertöne aufweist. Seit ihrem gemeinsamen Fortgang und Beitritt Exulors ließ er diese auswachsen. Nun hat er ungezähmte Wellen, die sich kurz unter seinen Schultern über seinen Rücken ausbreiten.
Kürzere Haarsträhnen rahmen sein oval-rosiges Gesicht, welches durch ein spitzes Kinn und hohen Wangenknochen geprägt ist (ein genetisches Markenzeichen, welches durch Generationen von Ismerie weitergereicht wurde).
Mandelförmige Augen in derselben Farbe wie sein Haar blicken oft undurchdringlich unter dichten Wimpern hervor, lassen die Emotionen in seinen Augen oft dramatischer wirken, als es nötig wäre. Darüber schmale, gerade Augenbrauen in einem ähnlichen Braunton, die halb verborgen einen Teil seiner sichtbaren Emotionen im Gesicht ausmachen.
Unter einer geradlinigen, durchschnittlichen Nase, die gerade richtig in das schmale Gesicht zu passen schien, lag parallel zu der Nasenbrücke an der Wange ein feines Muttermal, welches nur bei näherer Betrachtung ersichtlich wird.
Vollendet wird sein Gesicht mit seinen herzförmigen Lippen, blassrosa, weich und gepflegt, genau wie der Rest seines Gesichtes. Seine Ohren sind herzlich gewöhnlich, nur die Ohrläppchen sind durchstochen. Trägt er meist durch diese beidseitig silbernen Kreolen.
Seine Statur lässt sich am ehesten als schlank-athletisch beschreiben. Zwar ist er von keiner kämpferischen Statur, doch die körperliche Arbeit in der Brauerei und der Bühne deutet auf Belastbarkeit unterhalb der grazilen Figur.
Generationen von Erfolg und Kreativität auf seinen breiten Schultern lastend, der Druck dieser auch trotz des Verlassens des Familienhauses eminent, entscheidet er sich Tag für Tag bewusst, sich dieses Gedankengut nicht anmerken zu lassen. Der Schritt bedacht, geht er durch seinen Alltag aufrecht, die Haltung perfektioniert, schien sie für den Außenstehenden tiefenentspannt und natürlich zu wirken.
Wenn er sich unbeobachtet fühlt, sich in Literatur und zugesandten Schriften versinken lässt, keine lauernden Augen auf sich verspürt, kann es sehr wohl sein, dass jeglich eingeübte Manier ihm entfällt, gebeugt und verkrümmt in einem der Fensternischen in Exulors Bibliothek versinkt.
Würden seine Hände unbewusst das Buch, das er gerade studiert, über den Buchrücken gleiten, einzelne Finger über die scharfen Seiten fahren. Entsprechend seiner hochgewachsenen Statur sind auch seine Hände verhältnismäßig groß. Ein grober Blick über den Handrücken lässt sie gepflegt und weich wirken, doch der Eindruck lügt.
Sind sie durch und durch von seiner körperlichen Arbeit geprägt. Die Fingernägel mögen zwar kurz und sauber heruntergefeilt, sein, doch weisen seine Handflächen und die langen, schlanken Finger Anzeichen von Brandblasen und rauen Narben auf–natürliche Verweise auf das teilweise unachtsame Hantieren mit Kesseln und Bühnenarbeiten, welches das Verarbeiten von Holz benötigt.
Kleidungsstil
Bedarf es keine langwierige Reise in tiefe tropische Regenwälder, um prächtige Paradiesvögel zu erblicken, mag an gesonderten Tagen seine Anwesenheit reichen. Ist es schwer, den Finger auf einen bestimmten Kleidungsstil zu zeigen, den Hayden klar definiert, ist weder Rock, Kleid noch Hose vor ihm sicher.
Schränkt er sich in der Farbwahl nicht ein, doch unbewusst deckt er sich in Farben ein, die er seit seiner Kindheit besser kennt als alles andere. Ein edles Purpur, was für die schweren Goldbeutel seiner Eltern kein Last war, gefolgt von den Farben ihres Banners- ein tiefes, unergründliches Smaragdgrün in einem lebendigen Tanz des fuchsischen Oranges– auch wenn er die zweitere Farbe eher meidet, sie seinem Bruder gut zusprechen tat, aber sich selbst mit dieser noch nicht angefreundet hat.
Doch hat der unbeschwerliche Kleidertraum von maßgeschnittenen, mit Blumen bestickten Roben und Hemden bis hin zu adretten, bequemen Kleidern mit der Ernste seines städtischen Lebens einen schmerzlichen Rückfall erlitten. Immer öfter greift er zu einfach geschnittenen Hemden und Hosen, oft in dunklen bis hin zu schwarzen Farben gehalten. Wenige farbliche Akzente erlaubt er sich, von tief purpurnen Gürteln, die galant um seine Hüfte in einem komplizierten Knoten verenden, bis hin zu einer Blumenkrone, die sein Bruder für ihn geflochten hat.
Mögen diese Dinge sich ändern, vielleicht ist auch morgen ein besserer Tag, ein sonnendurchfluteter Moment, in welchem er erneut zu dem farblichen Paradies greift, in welchem er nach Exulor einkehrt, mag niemand dies vorhersagen können.
Eine ewige Konstante, die sich zu keinem Gezeitenwechsel ändern tut, ist die lockere silberne Kette, die um seinen Hals liegt. An ihr ein Ring von selbigem Material, in der Fassung ein dunkler Bernstein, der bei Lichteinfall in fuchsigen Felltönen schimmert.
Parfüm
Da er bereits wegen der Getränken mit Früchten, Blumen und Kräutern aller Art zu handhaben hatte, begann er, basierend auf ihren Duftnoten und ihrer Haltbarkeit auf der Haut zu experimentieren.
Probierte er meist an sich selbst, doch auch die wenigen Damen, die im Haus angestellt waren, meldeten sich freiwillig, auch einige Männer, die von den herben Gerüchen in der Küche zu Abendstunden angelockt wurden.
In den wenigen Jahren, in denen er sich damit beschäftigt, fand er es einfach, sich den Wünschen der Anderen zu beugen, einen Duft zu finden. Doch für einen selbst stellte es sich als nicht so einfach heraus. Trotz seiner ständigen Zweifel trägt er seit Jahren denselben Duft. Seine Zusammenstellung konnte er im Schlaf rezitieren.
Die Basis basiert auf Moos, Patchouli und Kiefernnadel; Die Mittelnoten sind eine Mischung aus Rosen, Jasmin und einer Variation an abgekochten Mineralien.
Die hauchdünnen Noten, die schon nach einer knappen halben Stunde nach dem Auftragen mit dem Wind verwehen, bestehen aus Bergamotte und Rosa Pfeffer.
Komplex wäre das erste Adjektiv, das er nutzen würde, um seine Beschreibung zu beginnen. Die Kombination aus Patchouli und Jasmin erzeugt einen warmen, süßlichen Blumengeruch, der mit dem berauschenden Duft der Rose harmoniert.
Wenn die erste Stunde vergeht und die einladenden, berauschenden Aromen abklingen, vernimmt man den Kern des Duftes: Der frische, saubere (wenn nicht sogar etwas erstickende) Geruch von Regen.
Genauer gesagt versuchte er, den kurzen Moment, nachdem der Regenschauer stoppte, einzufangen. Die letzten Tropfen von den Blättern in die Pfütze auf dem durchweichten Waldweg fallen. Man einen tiefen Atemzug nimmt, als würde man nie wieder diese spezifischen Aromen in der Luft wahrnehmen dürfen.
Beruf:
- Brauer und Parfümeur in dessen Grundzügen
- Kopf des zweiten Hauses (Haus Avenar), welches für die kreativen und schaffenden Wesen Exulors zuständig ist
Fähigkeiten:
- Brauen (von Getränken jeglicher Art) und Herstellen von Duftölen
- Feines Gespür für Gerüche und Geschmäcker
- Grundlegende Züge von Schauspielerischen Talenten (darunter Verstanden wird: Auftreten, Singen, Tanzen)
- Interner Diplomat für die Angelegenheiten des ihm zugetrauten Hauses
- Lesen und Schreiben
- Polyglott (Irisch als Muttersprache; Englisch und Französisch im Kindesalter bis in die Jugend hin unter Aufsicht gelernt)
Charaktereigenschaften
Kreativ
Ob es nun beim Herausfinden eines Braurezeptes oder einer neuen Parfümnote ist, seine Ideen und Konzepte ermöglichen es ihm meistens, über den Pergamentrand hinauszuschauen und dubiose Lösungsansätze für Probleme aller Art zu finden.
Ehrgeizig
Er hat eine grobe Vorstellung davon, was er für sich und die Fähigkeiten, die er an den Tisch bringt, erreichen möchte (und kann) ist dementsprechend dafür bereit, Blut, Schweiß und Tränen zu Opfern, um alle Optionen auszuschöpfen.
Einfühlsam
Seine Anpassungsfähigkeit, durch ständig wechselnde Gesichter im Herrenhaus, geprägt durch die unsicheren Gezeiten Eldorias, ermöglicht ihm, sich in jegliche Situationen einzufühlen und mit Wesen unterschiedlichster Lebensabschnitte in Kontakt zu treten, gleichauf ihre Sichtweisen oder Handlungen nachzuvollziehen (so gut es geht zumindest).
Melancholischer Ambivert
In den Grundzügen seines Seins verkörpert er introvertierte und extrovertierte Eigenschaften, die in unausgeglichenen Wögen über ihn ziehen. Öfter als er sich eingestehen würde, wendet er den Blick grübelnd fort, die dunklen Augen unfokussiert und der sonst tiefe Ton seiner Stimme gänzlich monoton. In denselben Zügen blinzelt er sich in den Gegenwärtigen Moment zurück, ein nichtssagendes Lächeln auf den Lippen, als wäre er nicht komplett aus der Gegenwart entrissen worden. Mag er zwar die Gesellschaft rund um die Zeit, doch hat dies seine Kosten.
Introspektiv
Aufgewachsen in einer Familie, die ihre Freiheit und das Geld, was zunächst innerhalb des blauen Blutes floss, durch den Familienbetrieb nur vervielfacht wurde, müssen er und sein Bruder über ihre eigenen Werte und Prioritäten nachdenken. Überlegen, wie weit sie für den eigenen Namen gehen würden, wie viel Sein dafür verloren geht.
Unabhängig
Erzogen von Bediensteten, die seinen Eltern Treue schworen, doch oft in den Sprösslingen nur den Lohn am Ende des Monats erblickten, verschlingen alle Beide gierig die Grundlegenden Lehren, drückten die Nase in aus der Bücherei entwendeten Bücher, bis der Wachs der schwindenden Kerzen brandblasen an unschuldigen Fingern zurückließ, um so viel wie möglich an Wissen in sich aufzunehmen, wie die jungen Köpfe für sich halten konnten. Durch diesen isolierten, lieblosen Lebensstil gewöhnen sich beide Brüder daran, sich auf niemand anderen zu verlassen, nicht blind zu vertrauen und ihren eigenen Pfad zu legen.
Abenteuerlustig
Sich den Ketten der Verantwortung entrissen, seinen Namen und in dessen Haus seiner Eltern nicht weiter fortführen zu müssen (so wie es seinen Vorgängern beliebt), treibt es ihn hinaus in die Welt, seine leere Weltkarte zu füllen. Zu Konversieren, Bindungen zu knüpfen, die Wesen über bedeutungslose Verhandlungsbriefe hinweg kennenzulernen. Sicherlich würde er sich der ein oder anderen hirnrissigen Idee hingeben, wenn es bedeutet, dass er etwas erleben würde.
Stärken und Schwächen
+ Einfallsreich
+ Zielstrebig
+ Anpassungsfähig
+ Resilient
- Selbstzweifelnd
- Naiv
- Provokant (Grenzen ausreizend)
- Höhenangst
- Philophobie (Die Angst vor der emotionalen Bindung; Angst vor Liebe)
Vorgeschichte
Altlasten
Schwere, hallende Schritte hinter einer nur zugezogenen, aber nicht komplett verschlossenen Türe waren zu vernehmen. Krümpeln und Knittern eines Pergamentes folgte, was mit einem dumpfen Aufprall in die nächste Ecke verfrachtet wurde.
Kullerte bei dem Aufprall ein kleines Versprechen klirrend hervor, rollte kümmerlich in immer kleiner werdenden Kreisen über die dunklen Holzdielen, bis es stumm an Kraft verlor und für diesen Moment in Vergessenheit geriet.
Schimmerte nur der fuchsrote Bernstein in dem Flackern der verwahrlosten, auf dem Schreibtisch stehenden Kerze schuldig.
Schweres Atmen, welches in Keuchen verendet, gefolgt von einer Anreihung von Ausdrücken, die Pater Timothy in seinem Schlaf unterbewusst zu dem Kreuz, welches um seinen Hals hing, greifen ließen, über die unruhigen Lippen Chiffren an biblischen Strophen schläfrig murmelte.
Aufloderndes Blut, welches von einem rasenden Herzen durch den schmerzhaft angespannten Körper fließt, trotz der Finsternis der Nacht ihn wach und scharfsinnig hält. Wie konnte er anders– nicht nachdem man ihm den letzten Brief des Schriftverkehrs zukommen ließ– das familiäre Versandpapier bereits dekadent geöffnet, die niedergeschriebenen Worte zaghaft daraus lugend wie ein böses Omen, als er den Brief dankend an sich nahm.
Ein Gesicht gleich dem derer, die vor ihm den Titel aufgetragen bekamen, deckend mit dem Namen, der schwer auf seinen Schultern lag, an falschen Tagen der Druck dessen in einem metallischen Geschmack auf der Zunge verendet. Wäre er ein Narr, wenn er behaupten würde, nicht den blassesten Schimmer in seiner Magengrube zu erfühlen, wohin der prädestinierte Pfad seines Lebens ihn zu leiten vermochte. Sein naives Sein bis zu dem Brief daran glaubte, dass die Sanduhr den feinen Sand mit der Halbherzigkeit eines abwesenden Elternteiles passieren ließ.
Betrunken in Hoffnung, ein anständiger Sohn zu sein, geblendet von Erfolg und den alltäglichen Sorgen eines jungen Mannes, der seinen Namen aufrechterhalten musste, dass ihm entfiel, wie er inmitten von Treibsand langsam zu ersticken begann.
Ungelesene Zeilen #1
„A chuisle mo chroí,
wo soll ich nur beginnen...
Würde eine Pergamentseite nicht reichen, jeglichen Augenschmaus der bereisten Orte zu beschreiben. Eloquenz liegt auch nicht in meiner Feder, dafür haben wir deinen Onkel.
Mein Herz blutet für die Welt, meine Bühne. Seid auch ihr überall bei mir, egal wohin Wanderungen, Kutschen und Seefahrten uns auch hinführen.
Eldoria lebt und wie es das tut. Ich habe zu Anfang unserer Fortreise, wie du dich vielleicht erinnern kannst, vorgenommen, ein Skizzenbuch zu führen. Die Gesichter der Rassen, die Wesen, meine Bühnenkleidung zu verewigen, doch du kennst mich.
Ich gab es recht früh auf, muss ich gestehen, dass ich seit gut einem Jahr jegliche Spur von dem Buch verloren habe. Ist es wohl in bessere Hände gelangt, sind die Seiten bereits vor meiner Achtlosigkeit gut gefüllt gewesen. Füllte es mich mit einer gewissen Aufregung bei jedem Strich, den ich mit der Kohle zog, dass es womöglich jemand ist, der mit unserem Haus in einer Beziehung steht.
Würde ich dir nur zu gerne die Namen zukommen lassen, damit du diese zuordnen kannst, doch sind mir jegliche Namen entglitten. Doch du magst mir verzeihen, nicht?
Schließlich sind wir ein Blut, tragen denselben Namen, haben denselben Anfang – zwischen Fässern und einer traurigen Entschuldigung von Bühne.
Doch muss ich sagen: Ihr macht euch wundervoll, ich hoffe, dass es mehr ist als nur der Anfang eures Lebens. Hausführung und Handel liegen euch tüchtig in der Hand. Mag man die schweren Goldbeutel, die wir Monat für Monat über den Boten erhalten, als Marke eures Erfolges anerkennen.
Ich wüsste nicht, was wir ohne euch machen würden. Das Wort des Heiligen Vaters zu verbreiten ist kein Einfaches. Die Leute hören nicht hin, wenn es nur ein liebloses Vortragen der biblischen Zeilen ist..
Sie wollen fühlen! Geführt werden, verstehen, wer in dieser Welt auf sie achtet!
Und auch wenn wir öfter als nicht mit offenen Armen aufgenommen werden, ist der aufwallende Strom der Ablehnung immer größer.
Aber der allmächtige Vater schickt uns, ist es die von ihm an uns gesandte Aufgabe, seine Lehren an die Wesen dieser Welt zu richten. Mit unseren Talenten und der Gewandtheit, die nur ein Mensch mit schweren Geldbeuteln sich leisten kann, überzeugen sich, uns anzuschließen.
Die Kirche wird sich füllen, vertraue mir. Zur baldigen Zeit werden spitze Ohren, kleine, bärtige Herrschaften wie große, kräftige Grünlinge die Bänke einnehmen!
Bis dahin werden wir nicht von dem rechtschaffenen Weg abkommen, egal was man uns in den Weg werfen wolle. Haben wir es nur euch zu verdanken, dass wir diesen nicht immer einfachen Pfad auf uns nehmen konnten.
Seid auch weiterhin darauf bedacht, herausragende Leistungen zu schaffen. Aber ist dies nur eine sporadische Erinnerung, weiß ich sehr wohl, dass ihr mich niemals enttäuschen würdet.
Le grá mo mhac is fearr leat und sei so gut, reiche meine Worte auch an Noemias weiter, ja?“
gezeichnet,
Niamh
Fichtenträumerei
Lehnte er mit kalten Händen an der Fensterbank des Arbeitsraumes, die langen Finger nicht lang auf dem groben Holz ruhend, fuhr er mit diesen durch die kurzen Strähnen. Die Augen keinen weiteren Blick hinauf gerichtet, wo ein dunkler Fichtenwald ihn grüßen würde, vereinzelte Sonnenflecken den bemoosten Boden erleuchteten.
„Dieser Brief erreichte uns vor wenigen Momenten..“, begann Seamus bereits seine wuselnden Worte an ihn zu richten, bevor überhaupt seine bestiefelten Füße den Brauraum betraten. Hallen dessen Worte, denen er nicht weiter lauschen konnte, war jegliches Gerede, auch das Blubbern und der ziehende, kalte Wind, der zwischen den schlecht verdichteten Fensternischen in den warmen Raum hineinkroch, ausgeblendet.
Mit einer angehobenen Hand, die Finger stramm aneinander gepresst, deutet er an, den Brief, der in der behandschuhten Hand vor ihm wedelte, fortzubringen.
„Ein anderes Mal.“, meinte er leiser. So vernahm er den dunklen Geruch seines Gegenübers, war es dasselbe Aroma, welches den Brauraum zu füllen schien.
Scharfe Frische, die seine blasse Nase gänzlich für sich einnahm, seine unscharfen Augen weiten ließ, wandte er den Kopf gen Fenster, um sicherzustellen, dass der Duft nicht direkt aus dem Wald entsprang. Eine Welle von Geistesklarheit, die über seinen Nacken herab durch seinen Körper glitt, verschloss die Augen für wenige Momente, vertraute allein den Sinnen.
„Ihr könnt nicht ewig davor fortlaufen.“, erinnerte die Stimme, der Brief locker zwischen Zeige- und Mittelfinger gehalten.
„Wer läuft? Stehe ich an Ort und Stelle.“, murmelte er, genauso abwesend wie zuvor, der Blick nun über die Fässer gerichtet.
Ein dunkler, warmer Ton, in gleichmäßigen Abständen voneinander gestellt, lässt ein Assortiment an Getränken in ihnen brodeln. Würde man sein Ohr daran lag, könnte man meinen, das Rauschen des Meeres zu hören. Wenn man es ernst nahm, so war es eine Muschel, der Trunk nun das Meer, das heranreifte.
Wenn diese unendliche Weite des Meeres in seiner Handfläche lag, müssten sie wohl die Perle sein.
„Ihr solltet an eurem Witz arbeiten, Hayden.“, wurde nur leicht pikiert angemerkt. Rascheln von weggestecktem Papier, und fort traten die Schritte, hatten sie sichtlich Besseres zu tun.
Folgte nur ein unfeiner Pfff-Laut über seine Lippen, während er dieselbe Position vor dem Fenster einnahm. Glitt er ein weiteres Mal in den Abyss seiner Gedanken.
Ungelesene Zeilen #2
„Hayden..Hayi..
welch Worte gelangen an meine Ohren?
Dass mein Fleisch und Blut, das aus meiner Rippe geformte Abbild, welches ich vor 21 Jahren gebären tat, jegliche Zeilen ungelesen in einem Schrank säuberlich sortiert aufbewahren tut?
Sind wir nur ein Gefilde deiner Imagination, nur eine dressierte Puppe, welche im Hinterkopf deines Alltages existiert? Natürlich war es ein Malheur bei unserer Abreise vor vielen Jahren, als wir deiner jungen Seele in gewisser Härte auf dich einredeten, uns keine Briefe zukommen zu lassen. Die Gefahr, dass deine höchst sensiblen Zeilen von übel gesinnten Wesen uns entrissen werden könnten, war und ist weiterhin zu groß.
Der Handel ist von großer Wichtigkeit, mein Herz. Wir wollen euch nur schützen, euch keinen Gefahren aussetzen, dass man euch aufsucht und das, was wir unter großen Lasten aufbauten, mit einer gezielten Fackel niederbrennen könnte. Unser Trunk brennt nicht nur im Halse, vergiss das nicht.
Hast du wohl meine dramatisierte Seele geerbt, bin ich dir ganz und gar nicht böse, dass du dich meinen Zeilen verweigerst. Füllt sich mein Herz mit Stolz, als Seamus Bericht von deiner kleinen, nicht von dir geöffneten Briefsammlung erstattet. Dein Vater erzürnt, ich entzückt und dein Onkel nur schnaubend, doch das Klimpern der Goldtaler in den Beuteln, die Seamus uns in die Hände drückt, lässt jegliche Bitterkeit vergessen.
Wirst du auch weiterhin wohl oder übel die theatralische Vorlesung meiner Briefe durch Seamus ertragen müssen, welche ich ihm aufdichten tat. Wird er dir auch weiterhin auf Schritt und Tritt durch das Haus folgen und meine Zeilen so vorlesen, wie ich es ihm gesagt habe. Auch diese hier.“
Niamh.
Wortspielereien
Leise glitt er an dem Trubel vorbei, die streng-formelle Kleidung durch simple, aber nostalgische Lumpen eingetauscht, die polierten Stiefel durch ausgetretene ausgetauscht, machten letzte keine quietschenden Laute, die ihn innerlich vor Scham zusammenbrechen ließen.
Inmitten der traurigen Entschuldigung einer Bühne, sich weiter zu den Sitzen bewegend, in der Linken das zugesandte Skript Niamhs, welches die Brüder vor dem eigentlichen Vortritt erleben durften. Mussten.
„Mein Auge ist eures, mein Blut in den euren Venen, müsst ihr mir das Skript samt euren Korrekturen zukommen lassen! Seid unbesorgt, teilte ich die Bediensteten bereits in die für sie gemachten Rollen ein. Nur Noemias und du, mein Sohn, müsst erscheinen.
Öffnet eure Herzen, bevor ihr eure Augen öffnet. Die Zeit ist nicht unser Freund, daher erwarte ich baldig eine wohl reflektierte Antwort auf das Stück!“
Die Augen über die Kleidungsstücke der Akteure wandernd, entschloss er sich mit einem beinahe zufriedenen Hummen, seinen Weg zu dem Blondschopf zu machen, dessen Locken wie ein Löwenzahn im Frühling hervorblicken.
Sein Schritt nun von Eile gezeichnet, umgriff er das Skript fester, die sichtlich abgenutzten Seiten nur noch weiter knitternd, als er mit einem einzigen Lächeln direkt auf den Platz neben seinem Bruder plumpst, den Oberkörper ihm komplett zugewandt.
Erhoffte er sich jegliche Reaktion auf sein Erscheinen, doch waren die Augen, gleich wie die Seinen, eisern auf die Bühne gerichtet. Jeder andere würde vermuten, dass ein übler Twist die Brüder spalten tat, doch wusste der Ältere es besser.
Leicht gespaltene Lippen, die Wangen in einem sanften Rosaton getaucht, gepaart mit einem unregelmäßigen Blinzeln: Waren dies all die Signale eines freudigen Abwartens– Noemias war im Herzen dem Schauspiel versprochen.
Um seine Anwesenheit schließlich anzumelden, drückte er seine Schulter sachte gegen die seines Bruders, welche mit einem gleichmäßigen Druck erwidert wurde. Worte nur ein Objekt der Nebensächlichkeit, schenkt nun auch Hayden seine gesamte Aufmerksamkeit den hölzernen Dielen, auf denen sich zwei Menschen aufhalten.
Sie, gehüllt in einem simplen Dress, der Zopf aufgestockt mit bunten Wildblumen, die in einem prächtigen Kontrast zu ihrem dunklen Haar und der blassen Haut standen. Er fein dressiert, in erdigen Tönen, wie viele Herren in dieser Zeit. Spiegelte sich ihre Haltung, standen sie beieinander, Schulter an Schulter, ihre Körper voneinander abgewandt, spiegelten sie ihre Haltung. Die Gesichter voneinander abgewandt, ihr Kinn stolz angehoben. Die Augen in einem aufgesetzten, hoffnungsvollen Funkeln getaucht.
Überließ Niamh nichts dem Zufall, war selbst das kleinste aufgemalte Muttermal von Bedeutung in ihren Bühnenstücken. Umso mehr verwundert es ihn, was die Beiden auf der Bühne darstellen sollten. Ging er bereits im Geiste die Bibelstellen durch, die Augen über die Kleidung der Beiden schellend. Fiel ihm keine passende Stelle zu den bereits ausgesprochenen Worten ein.
Der Blick der beiden stets zur Decke gerichtet, schienen sie eigene Monologe zu rezitieren, oft die inneren Gedanken in Worte gefasst, doch wechselten sie an Stellen in einen Austausch– beinahe, als würden sie einander Briefe zukommen lassen.
„..klein wenig gleicht die Brosche der, die du hast.“, ließ ihn die enthusiastische Stimme seines Bruders neben ihm zusammenzucken lassen. War er so tief in die inneren Gesuche seines Seins vertieft gewesen, dass ihm solche Dinge entfallen waren, auch der Dialog glitt zu ihm, aber nicht in ihn hinein.
Ein schmerzhafter Stich folgte auf den Kommentar seines Bruders, gefolgt von einer Schwere, die sich in seinem Magen breit machte. Der Schmerz, der seine Krallen in ihm nutzte, um seinen Rücken empor zu erklimmen, seine Schultern näher an sich zog, die Arme um sich schlug. Das dumpfe Pochen des Herzens bis hin zu seinen Ohren wahrnehmbar, die Stimmen der Akteure ausgeblendet. Den Kopf gesenkt, presste er die Augen fest zusammen und konzentrierte sich darauf, nicht in dem Gefühl der Übelkeit zu ersticken.
Folgte nur ein schneller, klar ertappter „Mhm“- Laut über seine Lippen, war Noemias jedoch bereits weiter von dem Stück eingenommen.
Natürlich glich die Brosche der Seinen.
Inschuldstehen
Vor ihm ein geöffneter Brief, eine Ausnahme. War dieser schwerer als die anderen von Seamus vorgelegten Briefe. Auch das Siegel brannte mit einem ihm nun plötzlich penetrant wirkendem Orange, und er wandte den Blick zunächst davon ab. Drückte etwas kleines Rundes durch den Briefumschlag hervor. Der einzige Grund, warum er den Brief nicht sofort ablehnte.
Wollte er sich mit eigenen Augen enttäuschen.
„Es gab keine andere Möglichkeit, Hayden.
Du wirst es verstehen, wenn du einst in unseren Schuhen bist. Was wir ertragen mussten, was wir aufgaben und opferten.
Im Vergleich ist deine Unterschrift nur ein Sandkorn im Gesamtbild der steinernen Gebirge.
Sei so gut, nimm ihn an dich. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das lose Band deines Seins gefunden und seinen wahren Nutzen gefunden hat. Ist dies in Form eines– deines Ringes geschehen.
Hat er eure Farben. Erfreut es dich nicht? Hattest du schon seit Kindesbeinen einen Sinn für den Wert des Lebens. Und nun hast du eine sinnstiftende Berufung, wie der allmächtige Vater es für dich bestimmt hat.
Änderungen wird es keine weiteren geben. Macht genauso weiter, wie ihr es bis hierhin getan habt.“
Besagtes Siegel und Dankesagung
my dear pookie @Annena wookie blueberry muffin recipe cutie patootie little ratatouille chef cheesecake pie cherry on top whipped cream chocolate frosting with sprinkles and vanilla, blood boiling chocolate ganache cake strawberry cream morning coffee with creamer, snookie dookie wookie pookie, Dankeschön für deine Zeit und Energie, dich von den Brüdern inspiriert genug zu fühlen, uns ein Siegel zu zeichnen <3
Abschied
„Es ist Zeit für uns zu gehen.“, entwich es ihm dumpf, hatte er den Kopf halb unter dem Bett versunken, während er versucht, den geschenkten Lederbeutel hervor zu fischen. Sein Bruder sich auf besagtem Bett bequem gemacht, spielte er mit dem Gehstock, ließ ihn locker von einer Hand in die andere fallen.
Noemias und Hayden sprachen selten das aus, was sie dachten, was sie beschäftigte. War es nie vonnöten gewesen, sind sie wie in einem Käfig eingezwängt zusammen aufgewachsen. Jeder ausgesetzte Atemzug, abgewandter Blick oder auch nur ein falscher Ton in ihren wenigen Worten reichte, um zu fühlen. Nicht um zu verstehen, doch das Vertrauen ineinander hat ihnen bis auf ein einziges Mal nicht geschadet.
„Wohin geht es?“ , fragte er stattdessen gut gelaunt. Erinnerten seine Worte an einen kleinen Vogel, der freudig zwischen den Ästen eine angenehme Melodie zwitscherte.
Langsam unter dem Bett hervorgekrochen, hielt er den Beutel triumphierend in die Luft. „Dort, wo das Leben ist. Wo niemand sich auch nur einen Dreck um uns schert. Wie klingt das?“ , sprach er sich halb aus der Seele, ein feines Zittern in dem festen Griff um den Beutel erkennbar. War es keine Angst, nicht einmal Sorge. Wärme glitt durch seinen Körper, machte sich in seinen Rippen breit und sorgte dafür, dass er einen der Knöpfe seines weißen Hemdes lockerte. Es war blendende Wut und Irritation, das ruhige Verhalten nur eine Charade, bevor er nicht selbst die Warnung seiner Mutter wahr machte. Selbst herausfindet, wie gut der eigene Alkohol brennt. Gelangte er an einen Punkt, wo nur allein die Vorstellung ihn nicht mehr zufrieden stellte. Seine Zeit ist abgelaufen.
„Der erste Anlauf wäre wohl die Hauptstadt. Von dort an sehen wir weiter. Pferde haben wir zu genüge, nehmen wir die Erstbesten.“ , sprach er einfach weiter, als Noemias nichts dazu sagte. Stille bedeutet keine Ablehnung, nutzte er diese Bestätigung, fand in ihr Kraft, um durch das Zimmer zu tänzeln, Schränke und Kommoden aufzureißen, Grundlegendes einzupacken.
„Wir müssten..“ , meinte dann doch der Jüngere seufzend, als er seinen Satz mit dem Aufrichten begann, „...sofort los. Schlafen normale Bewohner um diese Zeit.“ , war es eine seelenruhige Feststellung. Betrachtete er seinen Bruder amüsiert, wie dieser vor dem Schrank innehielt, etwas betrachtet. Wusste er, was darin liegt. Der Beutel, bisher gefüllt mit Gold und Kleidung, hatte genügend Platz, um wenige persönliche Objekte mitzunehmen. Betrachtete er die kleinen Wandteppiche, wusste Noemias es ganz genau, konnte sein Bruder nicht anders.
Statt sich jedoch über ihn lustig zu machen, nutzte er die Starre des Älteren und warf dessen Notizbuch samt den Stiften hinein, ungeachtet darauf, ob diese ihre Kleidung einfärben würden.
Schritte näherten sich ihm. Der Ältere schob dann kommentarlos besagte Wandteppiche in den Beutel, seine Augen den Blick seines Bruders meidend. Noemias grinste nur.
Auf seine Gehilfe abgestützt, hob er die Brauen. „Können wir nun? Der Weg ist sicherlich kein kurzer, sollten wir genug Distanz zwischen uns und ihnen aufbauen.“
Er nickte langsam. „Wir sollten uns aufmachen..“, doch glitt stattdessen durch den Raum vor der offenen Kommode, blieb er stehen. Unmengen an Briefen begrüßten ihn, alle fein säuberlich geöffnet. Jedoch nicht von ihm, bis auf einen.
Langsam holte er ihn hervor, den Ring darin wartend.
„Hayi..“, kam es ungeduldig hinter ihm, sein Bruder bereits direkt vor der verschlossenen Tür.
„Nur noch diese eine Sache..“, versicherte er ihm, den letzten Brief Niamhs hervorgezogen. Drehte er ihn auf die unbeschriebene Seite um, suchte aus dem offenen Schrank unter ihm einen unbenutzten Kohlestift hervor. „Nur den Formalitäten wegen..“, murmelte er vor sich hin, als er wenige Zeilen belanglos hinkritzelte, den Stift in den Schrank warf, den Zettel auf sein gemachtes Bett hantierte.
„Der Mond sah so einladend aus, könnt ihr das doch sicherlich verstehen. Deine eingetragenen Schuhe passen hervorragend, wir werden sehen, wie es sich anfühlt, in ihnen zu laufen.“
„Jetzt? Ich meine schon, Sonnenstrahlen zu sehen..“ , murrte Noemias, war Geduld nie seine Stärke gewesen.
„Sofort.“ , versicherte er ihm, die Augen auf den fast leeren Briefumschlag gerichtet. Presste er sich wie ein unwillkommener Gast durch das Papier hindurch, hinterließ eine Delle, die für immer dort aufzufinden war.
War sie nicht schuld daran. Konnte sie nichts dafür, dass sie gleichzeitig Freiheit und Detriment bedeutet.
Er wusste nicht genau, was über ihn kam. Seine Finger, unruhig, noch von Wut eingenommen, glitten in den Umschlag. Die andere Hand löste die Kette um seinen Hals. Wenige Züge, ein Akt von Sekunden, den Ring auf die Kette zu fädeln. Mit einem bitteren Lächeln stellte er fest, wie perfekt der silberne Übergang von der Kette zum Ring war.
Erneut umgelegt, schmiegte es sich in sein Sternum, nun verdeckt von dem Stoff, die er vor Antritt in die kalte Nacht zuknöpft.
Nur den Formalitäten wegen, beruhigte er sich, während er seinem Bruder andeutete, die Tür zu öffnen.
Fremdweh
Die anfänglichen Zeiten waren.. anders. Nicht schwer, nur ungewohnt.
Hatte ihre Mutter nicht gelogen, als sie in ihren Briefen schrieb, wie atemberaubend die Welt sei. Enorme Berge, wo beide Brüder ihren Kopf in den Nacken legen mussten, bis hin zu tiefen, von Blumen übersäten Tälern, das Plätschern von einem Fluss, der ihren Weg markiert.
Xantia war alles und mehr, als er sich erhofft hatte.
Es war alles so groß, so.. mit Leben gefüllt. Ein Universum im Vergleich zu dem Mikrokosmos, was das Elternhaus für sie bot. Sie nächtigten Tag für Tag im Gasthaus, handelten sich die Köpfe weich auf dem Markt, um nicht mehr zahlen zu müssen als geplant, suchten die Kirche im Herzstück auf (oder eher gesagt nur er, trieb es Noemias weiß Gott, in welche Richtungen, versuchte Hayden nicht darüber nachzudenken).
Oft war sie leer, bis auf wenige Kirchliche, die in ihren Roben leise tuschelnd im Hintergrund ihre Messe vorbereiteten. Saß er auf einer der hinteren Holzbänke, sein Haupt gesenkt, die rauen Finger ineinander verwoben.
Erinnern an das, was lautlos über die Lippen kam, konnte er sich meist nicht mehr, nachdem er aus der Kirche getreten war. Sprach er sich alles vom Leibe, was sich in ihm in seinen 22 Lebensjahren aufgestaut hatte, wo es keinen Platz finden konnte in einem Haus, wo alle Augen auf ihnen lagen, wo die Wände Ohren haben.
Sein Schritt ist nach jedem Kirchenbesuch ein wenig mehr mit Elan gefüllt, doch der Schein trügt. Trauerte er um das Leben, was Noemias und ihm entwendet wurde, was sie hätten sein können. Ihr Talent, dessen schwache Flamme unter dem Grund der göttlichen Berufung kläglich durch die unzähligen Hände Fremder gänzlich erstickt.
Heimat
Der Blick huschte durch die gefüllten Reihen der Taverne, während er diskret versuchte, den Krug aus den Händen seines Bruders zu entwenden. Dieser hielt mit letzter Kraft seinen Kopf auf, hatte das blasse Gesicht zu tief in das Glas geblickt. Man konnte von Glück sprechen, fielen seine langen Strähnen ihm ins Gesicht, die glasigen Augen und geröteten Wangen wurden von der äußeren Welt geschützt. Nicht dass jemand der gut gelaunten, sichtlich angetrunkenen Gäste des Wirtes auch nur darauf achtete.
Aber er achtete darauf. Es störte ihn nicht. Sorge war der richtige Ausdruck, was sich wie ein schwerer Stein in seiner Magengrube anfühlt. Schuld, welche seine Lungen füllte, und mit einem gezwungen-gepressten Ausatmen den Krug aus den gleichsam mit Brandblasen geschmückten Händen an die andere Seite des Tisches schob. Würde heute Abend jemand anderem mit einem freien, unberührten Trunk beschert werden.
Mit dem frischen Wind des sich fortschreitenden Abends schneite eine Dame durch die massive Holztür des Wirtes, ihr Kapitänshut im selben Zug knapp herabgezogen, um Herrschaften an den Tischen stumm zu grüßen. Raues Flattern ihres edlen Mantels, der im Zuge des warmen Wetters offen über ihrer Kleidung lag, ein Markenzeichen und ihr Stolz, welchen sie nicht abzulegen vermochte. Ein langer, feuerroter Zopf bildet den Schluss, der Ungestüm hinter ihr her peitschte, machte der sinkenden Sonne am Horizont Konkurrenz.
Valeria schlenderte durch die ihr bereits altbekannte Taverne. Waren es stets ein und dieselben Gesichter, immergleiche rote Wangen und schwankende Krüge mit denselben Getränken wie auch an all den anderen Tagen, als sie herkam um mögliche Klienten zu finden, ihnen etwas anzudrehen.
Sie wollte sich bereits umdrehen und die Weite suchen, als ihre Augen auf ein neues Paar Gäste fielen.
Aus demselben Holz geschnitten, saßen sie wie zwei hochgewachsene, blasse Gespenster in einer Nische in der Nähe des Ausschankes. Umgeben von Fenstern, Sonnenstrahlen, die auf sie niederprallten, tauchte die erkennbare Silhouette des Dunkelhaarigen in eine ominöse Ernste.
Besagter Gast saß zurückgelehnt auf der Bank, in der Rechten ein ledergebundenes Heft, und Valerias geübte Augen sahen einen minimalen Ansatz eines simplen Kohlestiftes herauslugen. Seine linke Handfläche war eingenommen, das Kinn des blonden Herren neben ihm zu fangen, bevor es mit gewaltiger Wucht auf dem Tisch aufprallt. Nicht sein erstes Mal, stellte sie schnaubend in Gedanken fest, als er das Kinn samt dem Rest auf seine Schulter hantierte. Kein Lächeln, kein Laut wich aus ihrer Nische. Stachen sie wie ein übler Dorn hervor, machten sie keinen Hehl aus der Tatsache, dass sie Fremde waren, nicht zu der üblichen Menge der Großstadt gehörten.
Ein unbewachter, bis zum Rand gefüllter Krug auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches. Eine Chance.
Ihre Schritte ihren Gedanken vorauseilend, stand sie schon vor ihnen, der Krug bis zur Hälfte geleert, obwohl sie das Gebräu, das man hier vorgesetzt bekam, nicht ausstehen konnte.
„Ihr seht..“, begann sie dann, ohne jegliche Planung, wie sie den Satz beenden sollte.
Wie genau sahen sie aus? Fremd? Unhöflich? Kalt und unberührbar, sodass jeder sie hier meidet? Oder nur den vermutlich Älteren ohne Krug? Vielleicht sollte er einfach ein Lächeln aufsetzen, dann würden die Leute sich um sie scheren.
Stellt sie also zunächst den Krug lautstark auf den Tisch ab, gilt für sie der unvollendete Satz nun als beendet.
„Ihr schreibt? Lasst mich mal..“ , und griff schon nach dem Lederbuch. Es folgte nur ein kaum hörbares „..reinschauen..“ , und runzelte die Stirn, brauchten ihre Augen einige Momente, um sich an den immer dunkler werdenden Raum zu gewöhnen.
Der Dunkelhaarige schwieg in der Zeit. Nur als sie zu Blättern begann, den Kohlestift sich unterhalb des Hutes zwischen das Ohr geklemmt, öffnete er den Mund. „Nicht schreiben. Aufschreiben.“, merkt er in einem fremden Ton an, die Augen leer und ohne jeglichen Kampfgeist auf sie gerichtet.
„Ihr kommt nicht von hier?“ , fragte Valeria weiter, ihre Augen kurz zu ihm geschellt, als er in einem Akzent sprach, dann doch über die besagten Aufschriften gerichtet. Von Kräutern bis hin zu Rezepten und Ansätzen von Theaterstücken und Rezepten war alles dabei.
Schenkte er ihr nur zunächst zusammengezogene Brauen und einen Moment von Stille. Ihre Aussage durchdenkend, schüttelt er sachte den Kopf. „Nein? Hier geboren und aufgewachsen.“, begann er dann leiser, um nicht den Blondling aufzuwecken, dessen Brustkorb sich in regelmäßigen Atemzügen hob- und senkte.
Wortkarg machte sie sich eine mentale Notiz und setzte ihr bestes Geschäftslächeln auf. Das Buch war eine kleine Grube an Wissen, so viel stand fest. Doch ob es Gold, gar Diamant oder doch nur Kohle ist, wird sich in der Zukunft zeigen.
„Muss eure Familie nicht von hier stammen.. Die Mutterzunge hat sich wohl von euren Vorgängern auf euch abgefärbt. Menschen sind kuriose kleine Wesen..“, folgten weitere Belanglosigkeiten über ihre Lippen, während er sie weiter blank anstarrte, beinahe durch sie hindurchblickte.
Wedelte sie schließlich mit seinem Heft. „Ein nützliche Sammlung. Doch wenn ihr das, was hier steht, wirklich umsetzen würdet, wärt ihr nicht hier.“ , stellte sie fest, ihre Augen fest auf seine Miene gelegt, wollte sie nicht auch die kleinste Reaktion darauf verpassen.
Doch er schwieg nur. Den Unterkiefer mit einem Mal angespannt, die Augen gesenkt, sodass sie seine langen Wimpern von oben begutachten konnte, wandte er den Kopf von ihr ab.
Das war so nicht geplant, wich ihr durch die Sinne, Alarmglocken, die lautstark zu läuten begannen. Normalerweise schienen ihre Hiebe zu funktionieren, bissen Leute an und ermöglichten es ihr so, zig verschiedene Dinge auszumachen.
Aber er zog nur den Schwanz ein und versteckte sich gleich einem Fuchs in seinem Bau.
Wenige Male ließ sie das Heft gegen den Tisch aufprallen. Sanft, um es nicht zu schädigen, doch laut genug, um den Älteren zusammenzucken zu lassen. Seine Augen strafend ihr entgegen blickten.
„Wollt ihr es?“, brach sie die entstandene Stille, ihr Ton vorschlagend, als könnte sie es ihm ermöglichen.
„Was genau?“, hackte er wiederum nach, sein Ton von schützenden Dornen umgeben, doch schien etwas in seinen Augen zu schmelzen, was er sich selbst noch nicht eingestehen wollte.
„Nicht länger die Finger wund schreiben, zu Taten greifen.“, erklärte sie ihm kleinlich. Erschien es ihr als recht offensichtlich, was sie von ihm wollte. „Kenne ich da zufällig einen Ort, der genau das sucht, was ihr seid.“
Öffnete der Dunkelhaarige den Mund, scheinbar, um nachzufragen, was genau sie damit zu meinen schien, doch anscheinend entschied er sich in derselben Sekunde dagegen. Nur dunkle, durchdringende Augen, die ihre streiften und dann zu dem jungen Herren neben ihm glitten. Scheint er nicht nur Entscheidungen für sich, sondern auch für ihn zu treffen, und setzt noch einen drauf. „Es ist sicher dort, keine unerwünschte Seele wird dort geduldet. Nicht dass sie einfach dort erscheinen könnten, sind wir von einem riesigen Wall an Insel umgeben.„, machte sie es ihm schmackhaft, doch war das überflüssig. Das Eis in seinen Augen war geschmolzen.
„In Ordnung, wohin geht es?“, war alles, was er fragte.
Überrascht, dass es einfacher war als zunächst angenommen, starrt sie ihn blank an, bevor sie beinahe zu leuchten beginnt. Eine neu gefundene Energie sich in ihr breit machend, drehte und wandte sie sich. „Weckt ihn zunächst auf, holt eure Taschen, sieht man euch an, dass ihr hier genächtigt habt. Folgt mir, wenn ihr fertig seid.“
Folgten sie ihr ein wenig später deutlich langsamer als geplant in die prickelnd kalte Nacht hinaus, Valeria die überaus gut gelaunte Spitze bildend. „Haben wir eine lange Reise vor uns, lässt sich alles weitere auf meinem Schiff besprechen.“, und warf einen Blick über ihre Schulter hinweg zu den Brüdern. Zwei gleiche Paare, vier Augen schauten sie aufmerksam an, einer müder als der andere, doch meinte sie, eine gewisse Vorfreude aus ihnen herauslesen zu können.
„Ah!“ , rief sie aus, zuckten beide gleichzeitig zusammen. „Ist es mir entfallen; Wie heißt ihr eigentlich?“