Die Geschwister aus Pelseryn in Tasador

In Tasador thronte einst ein kleines Hochelfendorf. Eingebettet in den wilden Sumpf und umringt von der Reinheit der Natur, führten die Hochelfen ein friedliches Leben. Diese Geschichte handelt von zwei Geschwistern, welche in der Stadt Pelseryn lebten und das grausame Schicksal ihrer Stadt besiegeln würden.
Aranel, der ältere der beiden, war zu diesem Zeitpunkt 25 Elfenjahre alt (175 Menschenjahre). Wie die meisten Elfen war er schmächtig und groß gebaut. Ja, er musste wohl an die 1,90m gemessen haben. Seine spitz zulaufenden Ohren wurden umringt von wallendem blonden Haar. Er hatte ebenmäßige Haut und gar leuchtend grüne Augen. Seine Schwester Meara war nicht weniger schön. Mit ihren 23 Elfenjahren (161 Menschenjahre) war sie ebenso mit Schönheit beschenkt worden. Sie hatte wohl die gleichen strahlenden grünen Augen wie ihr Bruder. Jedoch waren ihre langen Haare eher von einem dunkelblonden Farbton, welche sie stets zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Die beiden halfen sich, wo immer es nötig war und hielten stets, dem jeweils anderen, den Rücken frei.

Doch als die Nachrichten über die Sichtung einer 4. Kultur und, den damit verbundenen Angriffen auf Städte und Dörfer auch auf Tasador eintrafen, schienen sich die Dinge allmählich zu verändern. Von den einst so sorglosen und friedvollen Tagen war nun nichts mehr zu sehen. Die Bogenschützen begannen härter zu trainieren, als jemals zuvor. Die Getreidekammern wurden gefüllt, falls man mit einer Belagerung zu rechnen hatte und die Magier widmeten sich ihrer Zauberkunst, um sich gegen die potenziellen Angreifer zu wappnen. Lange Zeit geschah jedoch nichts und es schien als würde Tasador von den Angriffen verschont bleiben. Pelseryn begann wieder aufzublühen und die Elfen trauten sich wieder hinaus in die sumpfigen Wälder. Doch etwas hatte sich verändert. Still und heimlich war ein Flüstern zu vernehmen. Jedoch nur für all diejenigen, deren Seelen sich schon von der Mutter Gaia abgewandt hatten.

Aranel und Meara saßen an einem kleinen See etwas außerhalb der Stadt. Sie genossen es, die Natur nach Monaten des Bangens wieder einmal in ihrer Pracht zu sehen. Es war schon fast Abend und die Sonne versteckte sich bereits hinter den Blättern der üppigen Bäume und es würde nicht mehr lange dauern, bis sie ganz vom Horizont verschlungen wurde. Aranel lag im kühlen Gras und seufzte. Es dauerte nicht lange, bis er seine Augen schloss und wegdämmerte. Ein leichter Wind wehte durch die Bäume und es schien dunkler zu werden. Meara bildete sich ein, etwas im Rauschen des Windes zu hören. Eine Stimme. Ganz anders, als jene der Hochelfen oder ihren Göttern. Aber dennoch kam sie ihr so vertraut vor. Sie blickte sich um, doch war sie alleine, bis auf ihren Bruder natürlich. Leise erhob sie sich und ging ein paar Schritte. Ein erneuter Windstoß brachte abermals die Stimme hervor. Doch sie konnte ein Wort verstehen. „Wer bist du?“, flüsterte sie. Die Stimme erhob sich abermals. „Was willst du mir sagen?“
„Mit wem sprichst du?“ Plötzlich stand Aranel hinter ihr und legte seine Hände auf ihre Schultern. Meara zuckte zusammen, drehte sich ruckartig um und meinte: „Diese Stimme im Wald. Etwas oder jemand hat zu mir gesprochen. Aber ich konnte es nicht verstehen.“ „Du meinst, die Götter haben zu dir gesprochen?“, fragte Aranel verwundert. Meara zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht. Es war eine fremde Stimme, aber sie kam mir doch so vertraut vor.“ „Komm, wir gehen zurück. Es ist schon spät.“ sagte Aranel. Die beiden machten sich auf den Weg zurück zur Stadt. Kurz vor dem Stadttor drehte sich Meara noch einmal um. Dort hinten, zwischen den Bäumen konnte sie eine Gestalt wahrnehmen. Sie schien weiblich zu sein und einen imposanten Kopfschmuck zu tragen. Ein Windstoß erreichte die Geschwister und dieses Mal konnte Meara die Worte „Es kommt.“ vernehmen. Meara blickte zu ihrem Bruder, doch dieser schien nichts bemerkt zu haben.

Am Abend hallten diese zwei Worte noch immer in Mearas Kopf. Wollte diese Stimme sie vor etwas warnen? Nein, so fühlte es sich nicht an. Mehr wie eine Information, wobei auch das, das falsche Wort war. Tage vergingen und Meara hörte immer wieder Stimmen. Manchmal glaubte sie sogar, Gestalten zu sehen, die jedoch sofort wieder verschwanden, sobald sie sich ihrer bewusst wurde. In den Nächten schlief sie immer schlechter. Albträume quälten sie im Schlaf und zehrten an ihren Kräften. Was war nur los mit ihr? Aranel sorgte sich um seine kleine Schwester. Er schleppte sie zu den Heilern Pelseryns, obwohl sich seine Schwester vehement dagegen wehrte. Jedoch konnte ihr keiner helfen.
Einige Tage darauf waren nachts in der Ferne Lichter zu erkennen. Ein Späher erstattete Bericht und die Elfen gingen auf ihre Posten, um die Stadt zu verteidigen. Allmählich war tiefes Stampfen und Dröhnen zu hören. Die Wächter eilten zu den Glocken, um Alarm zu schlagen und nur kurz darauf stürmten große grüne Wesen mit Geschrei und erhobenen Fäusten in die Stadt. Sie zerschlugen alles, was ihnen in die Wege kam. Es mussten Orks, wie man sie nannte, sein. Von dem tosenden Lärm erwachte Aranel aus seinem Bett. Er schreckte auf und sah zu Mearas Bett…doch es war leer. Aranel sprang auf, rannte die Treppe hinunter und stürmte aus dem Haus. Vor ihm lag ein Bild der Verwüstung. Rauch und Qualm stiegen in seinen Rachen und er begann zu husten und rieb sich die tränenden Augen. „Meara!“, rief er. Unweit von ihm konnte er eine zierliche Gestalt mit dunkelblondem Zopf ausmachen. Er stolperte auf sie zu. „Mea…“ als sich die Person zu ihm umdrehte, stockte ihm der Atem. Kein Zweifel, es war seine Schwester…aber irgendwie auch nicht. „Was willst du?“, fragte sie kühl und trocken. „Was…was ist passiert?“ wollte Aranel wissen. „Ich weiß nicht, wer du bist und ich weiß nicht, wer du glaubst, dass ich bin. Jedenfalls bin ich nicht Meara.“ Sie machte eine kurze Pause. „Mein Name ist Ikeshia.“ Hinter ihr tauchte eine düstere, doch ebenso wunderschöne Frau auf. Sie sagte: „Ikeshia gehört nun zu uns. Das Immaterium hat sie gerufen und sie ist seinem Ruf gefolgt und hat uns zu diesem Land geführt.“ Die beiden kehrten Aranel den Rücken zu und Sekunden später hatte er sie aus den Augen verloren.
Der Kampf intensivierte sich. Während die Hochelfen eher auf den Fernangriff mit ihren verzauberten Bögen setzten, gingen die dunklen Wesen mit einer grausamen Brutalität gegen all jene, die sie in die Finger bekamen, vor. Doch die Hochelfen waren in der Überzahl. Sie konnten die Angreifer vertreiben und sogar einige gefangen nehmen.

Seit der Angriff vorüber war, hatte Aranel seine Schwester nicht mehr gesehen, geschweige denn etwas von ihr gehört. Von Trauer betrübt, lebte er die Tage darauf, eher abwesend von all den anderen Elfen. Bald wurde in der Stadt auch schon ein Rat abgehalten, um zu entscheiden, was mit den Gefangenen passieren sollte.
Einen Tag darauf erhielt Aranel einen Brief.
"Seid gegrüßt Aranel, ich hielt es für richtig Euch diese Nachricht zukommen zu lassen. Bei dem Angriff auf Pelseryn konnten wir einige der Angreifer gefangen nehmen. Eure Schwester war eine davon. Morgen wird verkündet werden, wie wir mit den Angreifern verfahren werden. Ihr könnt mit dieser Nachricht nun tun was Ihr mögt. Jedoch, solltet Ihr Euch entscheiden etwas zu tun, so tut es heute. Morgen wird es zu spät sein. Nylian, Ratsmitglied.
In dieser Nacht schlich sich Aranel nach draußen und machte sich auf zum Gefängnis. Er wollte und konnte seine Schwester nicht im Stich lassen. Auch, wenn sie sich sichtlich verändert hatte. Geschickt bewegte er sich leise durch die Bäume, bewaffnet mit seinen Betäubungspfeilen. Leise und unbemerkt feuerte er einen nach dem anderen ab. Er traf mit einer atemberaubenden Präzision. Kurz darauf schlich er sich an den Wachen vorbei, löste unbemerkt den Schlüsselbund einer Wache und betrat das Gefängnis. Er schlich den langen Gang entlang. Hin und wieder vernahm er leises Raunen oder so manches Schnarchen. Durch ein kleines Fenster konnte man in das Innere der Zellen sehen. Als er Meara in einer der Zellen erhaschen konnte, klopfte er leise an ihre Zelle. „Meara“, flüsterte er. „Hier ist Aranel, dein Bruder. Erinnerst du dich?“ Keine Reaktion. Ein leises Klappern und Knarren war zu hören, als Aranel den Schlüssel im Schloss umdrehte und die Tür aufschwang.
„Ich weiß nicht, ob du dich an mich erinnerst. Ich kenne dich schon mein Leben lang und habe immer auf dich aufgepasst. Ich weiß nicht, was passiert ist, warum dich das Immaterium geholt hat, aber tief in dir, kann ich Gaia noch immer spüren. Vielleicht findest du eines Tages den Weg zurück ins Licht. Und wenn dieser Tag kommt, werde ich da sein. Aber jetzt rate ich dir diesen Ort zu verlassen. Es ist hier nicht sicher für dich. Ich weiß nicht, was sie mit euch machen werden. Aber ich kann und will dich nicht verlieren.“ sagte Aranel. Nach endlosen Minuten des Schweigens erhob sich Meara und schritt erhobenen Hauptes an Aranel vorbei. Sie blieb noch einmal stehen und sagte: „Das hast du bereits.“ Danach verließ sie Pelseryn.

Wenige Monate später wurde die Stadt erneut Opfer eines Angriffs. Dieser war noch grausamer und brutaler als der erste. Diesmal kamen die Orks allerdings nicht alleine. Gefolgt von großen, zierlichen Gestalten stürmten sie die Stadt. Ja sie mochten einerseits Ähnlichkeiten mit den Hochelfen haben, doch waren sie auch gänzlich anders. Dunkler und düsterer. Ihre Augen schienen nicht zu strahlen sondern eher zu glühen und ihre Kleidung, war in dunklen Farben gehalten.
Nach einem erbitterten Kampf und vielen Opfern auf beiden Seiten, endete dieser Kampf ohne einen wirklichen Sieger mit der kompletten Zerstörung der Stadt. Feuer fraß sich rasant durch die hölzernen Häuser und Hütten und schon bald stand auch der Wald in näherer Umgebung in Flammen.

Ein letztes Mal sollte Meara zu ihrer früheren Heimat zurückkehren. Sie lief durch die abgebrannten Wälder, über von Asche bedeckte Wiesen. Als sie dort ankam, wo einst Pelseryn gelegen hatte, lies keine Spur mehr auf die einstige Elfenstadt hindeuten. Als Meara an ihrem alten Haus ankam, stockte sie. Sie sah etwas auf dem Boden liegen. Sie nahm es in die Hand. Es war eine Halskette. Leicht verkohlt, aber dennoch konnte sie den kleinen Vogel noch erkennen. Eine Träne kullerte ihre Wange hinunter. Sie ließ die Kette zu Boden gleiten, drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück in ihre neue Heimat. Dies war der Moment, in dem der letzte Rest von Gaia aus ihrem Leben für immer verschwand.

Dieser Ort wird beschrieben:
-3678, 64, 2044

Quellen:
https://www.deviantart.com/majentta/art/Stagnum-820571996

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Haste die Koordinaten von dem Ort den du beschrieben hast noch? :smiley:

Erledigt :wink: