Triggerwarnung: Hier werden Themen wie Suizid, Ermordung und Hinrichtungen thematisiert
Mitten auf dem Marktplatz von Xantia ragt ein uralter, knorriger Baum in den Himmel, der im Volksmund als der Henkersbaum bekannt ist.
Seine Äste sind schwer und hell, jedoch trägt seine Rinde tiefste Dunkelheit unter sich und Narben, die noch immer in den Schatten der morgendlichen Röte zu sehen sein scheinen. Stimmen, die der Vollmond durch die Nacht trägt und wodurch die Rinde anfängt, hell wie das Mondlicht selbst zu leuchten.
Jeder in Eldoria kennt seinen Namen, doch nur wenige kennen die wahre Geschichte, die ihn zu dem machte, was er heute ist.
Tief in den Geschichtsbüchern Eldorias geschrieben, liegt eine der wohl traurigsten und zugleich herzzerreißendste Liebesgeschichte des Reiches.
Sie erzählt von Liora, dem einsamen Waisenkind, das durch die nebligen Wälder der elfischen Lande irrte, und von Caelith, dem Erben eines ehrwürdigen Königshauses, dessen Blut so rein wie kalt galt.
Die Legende der Liebenden
Schon als Kinder kreuzten sich ihre Wege und mit den Jahren verwandelte sich unschuldige Neugier in ein Band, das stärker war als jedes Verbot. Ihre erste Begegnung, so heißt es, geschah unter den Tränen des Vollmonds, in einer Nacht, in der der Himmel selbst wie in silberne Schleier gehüllt war.
Nur ein einziger Blick der verwahrlosten, aber funkeläugigen Liora genügte, um das eisige Herz des jungen Elfenprinzen zu erweichen. Und so begann ihre Geschichte und die Tragik hinter dem hellen Baum am Marktplatz in der Hauptstadt.
Die Herbstmonate vergingen wie flüchtige Atemzüge. Gestohlene Augenblicke im Schatten der Bäume, heimliche Küsse im Verborgenen, flüsternde Gelübde im Wind. So lebten sie ihre Liebe in einem zarten Gleichgewicht zwischen Glück und Gefahr. Doch das Schicksal zeigte bald seine Zähne.
Als Caelith den Mut fasste, seine Familie von Liora zu berichten, stieß er auf eine Mauer aus Hohn, Kälte und bitterer Ablehnung. Für seine Mutter war Liora eine Bettlerin, ein Schattenkind, das den Namen des Hauses beschmutzen würde.
Sein Vater sprach von Verrat am Erbe, und sein älterer Bruder spottete mit grausamer Zunge über Lioras Herkunft. Trotz all ihrer Abneigung kämpfte Caelith unbeirrbar weiter. Er schwor, niemals von ihr zu lassen und doch verschärfte jeder seiner Worte den Hass seiner Familie.
So blieb ihre Liebe ein Leben im Dunkeln. Nächte voller Zittern, voller süßer Qual, in denen sie sich umarmten, als sei jeder Atemzug der letzte. Ein Tanz zwischen Sehnsucht und Angst, zwischen Leidenschaft und Untergang.
Und dann, so plötzlich wie ein Blitzschlag, zerbrach alles. Eines Morgens wurde Caelith von den Wachen aus seinem Schlaf gezerrt, in Ketten gelegt und des dreifachen Mordes beschuldigt: Er soll seine Eltern und seinen Bruder mit eigenen Händen erschlagen haben.
Die Hinrichtung
Das Reich erbebte und Gerüchte überschlugen sich. Manche behaupteten, er habe es aus Liebe getan, um frei von seiner Blutlinie zu sein. Andere sahen die Hand einer Intrige, geschmiedet von jenen, die seine Liebe zerstören wollten. Doch der Prozess war ein Schaugericht und Das Urteil unausweichlich: Hinrichtung am großen Baum auf dem Marktplatz von Xantia.
In seiner letzten Nacht, so erzählt man, schrieb Caelith mit zitternder Hand einen Brief. Nur wenige Worte standen darauf, doch sie brannten wie Feuer in Lioras Herz: „Triff mich am Baum. In dieser Nacht. Für immer.“
Und so sollte es dann auch sein…
In jener letzten Nacht vor der Hinrichtung erlaubte der Rat aus altem Brauch, den Verurteilten noch einmal an den Ort seiner Vollstreckung zu führen. Streng bewacht von schweigenden Wachen brachte man Caelith zum Henkersbaum, wo er in Ketten auf die Morgendämmerung wartete.
Und so trafen sich die beiden jungen verliebten Elfen, begleitet und geschützt von der idyllischen, kalten herbstlichen Nacht.
Der junge Elf war bleich, doch seine Augen funkelten in der Dunkelheit wie zwei längste erlischten Sterne. Mit bebender Stimme beteuerte er seine Unschuld, und ehe er noch mehr sagen konnte, legte Liora ihm die Hand auf die Lippen und flüsterte nur zwei Worte: „Ich weiß.“
Er lächelte, beinahe friedlich, und sprach von dem, was noch kommen würde. „Fürchte dich nicht“, sagte er. „Der Tod nimmt mich, doch er nimmt uns nicht. Wir Elfen haben Jahrhunderte. Irgendwann wirst du mir folgen und in der Traumwelt werden wir frei sein, fern von all dem hier.“ Seine Stimme hallte wie ein ferner Gesang, wie die Strophen eines uralten Liedes, in dem es hieß:„Damit wir beide frei sein können.“
Doch Liora hielt seine Hand fest umschlossen, ihre Augen glühten im Zwielicht. „Dein Tod wird kommen“, flüsterte sie. „Er ist unvermeidlich. Aber er wird nicht umsonst sein.“ Zwischen den Worten lag etwas Kryptisches, etwas, das über bloße Liebe hinausging als ob sie bereits wusste, dass seine Hinrichtung ein Keim sein würde, der eines Tages die Macht Xantias ins Wanken bringen könnte.
Er verstand nicht alles, doch er sah in ihren Blicken, dass sie mehr wusste, als sie sagte. In dieser Nacht schworen sie sich im Schweigen, dass kein Strick, kein Urteil und kein Reich sie jemals ganz trennen könnte.
Rebellion
Fast gebrochen und voller Zorn, vergingen Tage, dann Wochen. Liora wanderte wie ein Schatten durch die Straßen von Xantia, doch in ihrem Herzen wuchs ein loderndes Feuer. Immer öfter hörte man, wie sie mit fester Stimme verkündete, dass der Rat gelogen hatte, Caelith unschuldig war und dass sie selbst das Blut an den Händen trug, welches für diese Hinrichtung, dieses Fehlurteil, dieses Verbrechen sorgte.
Die Gerüchte verbreiteten sich schnell. In Tavernen flüsterte man von ihrem Mut, auf den Märkten tuschelte man von der Schuld des Rates. Manche sagten, sie wolle auf dem Marktplatz der Stadt öffentlich sprechen, um die Wahrheit in die Welt hinauszuschreien.
Doch dazu kam es nie. Eines Morgens fand man Liora am Henkersbaum. Die Schlinge lag fest um ihren Hals, die Augen starr gen Himmel. Offiziell hieß es, sie habe sich selbst das Leben genommen, unfähig, ohne Caelith weiterzuleben.
Dass Xantia überhaupt das Urteil über Caelith sprach, war für viele zunächst verwunderlich. Doch das Königshaus, aus dem er stammte, war eng mit Xantia verbunden.
Alte Bündnisse, Blutsverwandtschaften und gemeinsame Interessen hatten die Stadt seit jeher in seine Geschicke verstrickt. Manche munkelten gar, Caelith sei nicht nur ein einfacher Prinz gewesen, sondern in Wahrheit der Sohn eines der großen Magisterhäuser von Xantia.
Es war diese Nähe, die erklärte, warum nicht das Königreich selbst Anklage erhob, sondern Xantia die Fahndung übernahm und schließlich das Urteil fällte und warum der Rat dabei mit solcher Härte vorging.
Die Symbolik des Henkersbaums heute
Der Henkersbaum ist längst mehr als nur ein Stück Geschichte. Noch immer gilt er als Ort der Rechtsprechung, auch wenn heute nur noch selten Urteile und Vollstreckungen stattfinden.
Für viele Bewohner Xantias ist er damit ein sichtbares Zeichen, dass Gesetz und Ordnung über allem stehen und bietet außerdem ein abschreckendes Beispiel.
Doch zugleich haftet ihm eine zweite, ganz andere Bedeutung an: Der Baum ist auch ein Symbol für Revolution. Denn die Geschichte von Liora und Caelith erzählt nicht nur von Schuld und Tod, sondern auch von einer Liebe, die sich über alle Grenzen hinwegsetzte und den Mut hatte, der Obrigkeit zu trotzen.
Ihre Tragödie wurde zum Sinnbild für Auflehnung, für den Preis der Freiheit und für den Willen, trotz allem füreinander einzustehen.
So trägt der Baum eine doppelte Krone: Er ist der Ort, an dem noch heute Recht gesprochen und Strafe vollzogen wird und gleichzeitig ein stilles Denkmal für jene, die bereit waren, für ihre Überzeugungen alles zu opfern.
Doch am bizarrsten ist, dass die Ereignisse rund um den Henkersbaum bis heute als Kinderlied überliefert werden. In Schulen wird es gesungen, bei Festen erklingt es im Chor, und die Kleinsten summen die Melodie, während sie im Schatten des Baumes spielen.
Was für die Gesellschaft wie ein harmloser Reim klingt, ist in Wahrheit eine Ballade über Mord, Verrat und Tod, also ein Inhalt, der alles andere als kindgerecht ist und dessen dunkle Tragik den Liedern eine unheimliche Schwere verleiht.
So lebt die Erinnerung in den fröhlichen Stimmen der Kinder weiter, und doch schwingt in jeder Zeile der makabre Nachhall der wahren Geschichte.
Das Lied vom Henkersbaum
Kommst du, kommst du,
hin zum Baum?
Dort, wo sie einen Mann hängen ließen,
dem man dreifachen Mord nachsagte.
Seltsame Dinge geschahen dort –
und doch wäre es nicht seltsamer,
wenn wir uns um Mitternacht
am Henkersbaum träfen.
Kommst du, kommst du,
hin zum Baum?
Wo ein Toter seine Geliebte rief,
sie solle fliehen,
fort in die Freiheit.
Seltsame Dinge geschahen dort –
und doch wäre es nicht seltsamer,
wenn wir uns um Mitternacht
am Henkersbaum träfen.
Kommst du, kommst du,
hin zum Baum?
Wo ich dir sagte: Renn!
damit wir beide frei sein können.
Seltsame Dinge geschahen dort –
und doch wäre es nicht seltsamer,
wenn wir uns um Mitternacht
am Henkersbaum träfen.
Kommst du, kommst du,
hin zum Baum?
Trage das Band der Hoffnung
als Kette um den Hals,
und sei an meiner Seite.
Seltsame Dinge geschahen dort –
und doch wäre es nicht seltsamer,
wenn wir uns um Mitternacht
am Henkersbaum träfen.
Kommst du, kommst du,
hin zum Baum?
Wo ich dir sagte: Renn!
damit wir beide frei sein können.
Seltsame Dinge geschahen dort –
und doch wäre es nicht seltsamer,
wenn wir uns um Mitternacht
am Henkersbaum träfen.
Kommst du, kommst du,
hin zum Baum?
Dort, wo sie einen Mann hängen ließen,
dem man dreifachen Mord nachsagte.
Seltsame Dinge geschahen dort –
und doch wäre es nicht seltsamer,
wenn wir uns um Mitternacht
am Henkersbaum träfen.
Kommst du, kommst du,
hin zum Baum?
Wo ein Toter seine Geliebte rief,
sie solle fliehen,
fort in die Freiheit.
Seltsame Dinge geschahen dort –
und doch wäre es nicht seltsamer,
wenn wir uns um Mitternacht
am Henkersbaum träfen.
Quelle
Das Lied und generell die Idee zum Henkersbaum ist auf der Grundlage von „Die Tribute von Panem“ entstanden. Die Bilder habe ich mit ChatGPT erstellt.


