Achtung, Abenteurer! Diese Geschichte ist nicht jugendfrei!
Hier beginnt die sinnlich-düstere Reise der Lysindra Velvéra – Meisterdiebin, Herzräuberin und gelegentlich Grund für erhöhten Puls.
Wer zart besaitet ist, prüde Paladine oder unter 18, möge jetzt umkehren – oder wenigstens heimlich weiterlesen und erröten.
Zusammenfassung
Kapitel I: Aus Dreck zur Diva
Man schrieb das Jahr der schwarzen Mondsichel, als in den schmutzigen Gassen von Xantia eine Tochter der Sünde geboren wurde. Das Bordell trug keinen Namen, nur das rissige Holzschild mit einer Rose, die mehr Dornen als Blätter hatte. Dort, zwischen stöhnenden Wänden und dem Geruch von Wein, Schweiß und Schuld, kam sie zur Welt: Lysindra.
Sie lernte nie lesen, doch sie las die Blicke der Männer. Sie lernte nie rechnen, doch sie wusste, wie viele Münzen ein Seufzer wert war. Und sie sprach keine Fremdsprachen, aber sie verstand jedes Flehen, jedes „bitte“ und jedes „noch einmal“. In ihren jungen Jahren sah sie, was Lüge war, was Begehren, was Einsamkeit. Sie beobachtete. Sie lauschte. Und sie lernte.
Ihr Körper wuchs wie eine Sünde, die der Himmel selbst vergessen hatte zu bestrafen. Ihre Taille war schmal wie eine Klinge, ihre Hüften geschwungen wie der Wein, den sie später aus den Händen von Fürsten trank. Ihre Brüste – voll, fest und stolz – schienen für Blicke gemacht, nicht für Mieder. Ihr Hintern: rund wie die Münzen, die man für einen Hauch ihrer Haut zu zahlen bereit war. Ihre Haut schimmerte wie Honig in der Dämmerung, und ihr Gang war ein Versprechen, das niemand ungebrochen ließ.
Erst in ihren reiferen Jahren trat sie selbst in das Spiel. Mit einer Stimme wie flüssiger Honig und einem Körper, der den Zorn der Ehefrauen und die Gier der Männer zugleich entfachte, wurde sie mehr als nur eine Frau. Sie wurde ein Versprechen. Ein Fluch. Eine Einladung zur Verdammnis.
Kapitel II: Die Diebin der Lust
Nicht mit Klingen, sondern mit Küssen raubte sie. Nicht mit Gewalt, sondern mit Blicken. Ihre Waffen waren Lippen, ihre Siege orgasmisch, ihre Beute das, was andere zu horten versuchten: Macht, Einfluss, Respekt.
In den Märkten von Krarvalo tauschte man Geschichten über sie wie Gewürze. In den Tavernen von Xantia schrieb man Lieder über ihren Tanz. In Theonopolis las man ihr Bild von Bannrollen und bannte sich selbst im selben Atemzug.
Sie trug ihre Nacktheit wie eine Rüstung. Ihre Tätowierungen – ein schwarzer Phönix, der sich von ihren Lenden bis zu den Schulterblättern erhob, und auf ihrer Brust eine schwarze Lilie, deren Blätter über ihre vollen Brüste liefen – erzählten Geschichten ohne Worte. Auf ihrem Oberschenkel züngelte ein silberner Drache, als sei er bereit, jedes Geheimnis zu verschlingen. Jede Linie war ein Triumph, jede Nadel ein Eid: Ich gehöre mir. Niemandem sonst.
Kapitel III: Die Königin ohne Krone
Man nannte sie vieles. „Hure“ in den Fluren der Prälaten. „Miststück“ in den Gemächern neidischer Hofdamen. „Ungeheuer mit Lippen wie Flammen“ in den Alpträumen der Männer, die sie nie ganz besitzen durften.
Aber Lysindra lachte. Sie lächelte in Samt, sie kämmte ihre Haare mit Silber, sie trank Wein aus goldenen Pokalen und leckte ihn vom Bauchnabel derer, die ihr dienen wollten. Sie baute sich ein Leben, das einer Königin ebenbürtig war, nicht durch Erbe oder Titel, sondern durch pure, unnachgiebige Lust.
Doch sie vergaß niemals, woher sie kam. Jede Münze, die sie in Brokat verwandelte, ließ sie doppelt in die Gassen fließen. Sie bezahlte die Schulden der Bordellmägde, sie schenkte Bettlern Seide, und in den Armenvierteln flüsterten die Mütter: „Lysindra hat uns nicht vergessen.“
Ihr Tempel war ihr Körper, ihre Liturgie die Ekstase. Wer sie berührte, betete. Wer mit ihr lag, verlor etwas: Verstand, Stolz oder Herz. Oft alle drei.
Kapitel IV: Vermächtnis aus Samt
Sie war in jedes Bett gestiegen, das Macht versprach. Sie hatte Frauen gestreichelt, bis sie schrien, und Männer gebrochen, bis sie bettelten. Ganze Belagerungen brach sie – nicht mit Armeen, sondern mit einem Kuss, einem Versprechen, einem Blick durchs Zelt.
Wo Mauern fielen, hatte sie zuvor die Herzen geschwächt. Man nannte sie „Diebin der Nacht“, weil sie erschien, wenn alles schlief, und mit sich nahm, was niemand glaubte verlieren zu können: Loyalität, Ehre, manchmal ganze Städte.
Sie zog durch die dunklen Stunden wie ein Fluch aus Seide, berauschend, gefährlich, unwiderstehlich. In Seewachthafen zersprengte sie ein Heer mit nichts als der Erregung eines Generals. In Xantia verriet ein Tribun seinen Eid, nur um ihre Hand auf seiner Brust zu spüren. In Theonopolis verschwanden Namen, die sie flüsterte.
Doch ihr Weg war gepflastert mit Neid. Männer, die sie nicht halten konnten, Frauen, die sie nicht sein konnten – sie verfluchten sie, verachteten sie, beteten sie im selben Atemzug an. Ihre Liebhaber wurden Feinde, ihre Feinde zu heimlichen Sklaven der Sehnsucht.
Man nannte sie Hexe, Gift, Versuchung, Verdammnis. „Diese Hure mit den Augen einer Königin!“, schrie eine Fürstin, deren Mann sein Haus verließ, um Lysindra zu folgen. „Sie ist das Ende aller Tugend!“, klagten Priester, während sie nachts unter ihrer Kutte stöhnten.
Doch Lysindra stand über allem – nicht weil sie Macht hatte wie ein König, oder Reichtum wie ein Fürst, sondern weil sie niemandem gehörte. Sie war der Fluch auf fremden Lippen und der Trost in einsamen Nächten. Eine Göttin in Samt, geboren aus Dreck, die sich selbst genügte – und die Welt dazu zwang, das zu begehren, was sie nie besitzen konnte. Sie war keine Königin, keine Kriegerin, keine Heilige. Sie war – sie selbst.
Und das genügte.
Kapitel IV: Der Mythos Lysindra
Sie starb nie. Nicht wirklich. Denn wie stirbt das, was in den feuchten Träumen lebt? Wie verlöscht ein Mythos, der mit jedem gestohlenen Blick neu geboren wird?
Lysindra Velvéra wurde zur Idee. Zur Gottheit der Begierde, zur Herrin der Nacht. In verbotenen Tempeln flüstern Novizen ihren Namen. In Seidenbetten hallt ihr Lachen. Und jedes Mal, wenn ein Mädchen mit nichts als Hunger in den Augen durch die Gassen streift, wenn sie lächelt, als wüsste sie etwas, was andere noch lernen müssen, dann sagt man:
„Lysindra lebt.“
Und manchmal, wenn der Mond über Caldaris steht, schwören die Trunken und Sehnsüchtigen, sie gesehen zu haben. Eine Gestalt in Samt, mit Lippen wie Sünde und Augen wie Dämmerung.
Letztes Zitat aus der Chronik des Dion von Xantia:
"Nennt sie, wie ihr wollt: Schlampe. Sündenmutter. Fleischeshexe. Ich aber nenne sie, wie sie sich selbst nennt:
Die Freiheit."
„Die Näherin aus Glut und Duft“
Ein altes Märchen über Lysindra, das niemand offen erzählt, aber jeder kennt.
Es war einmal ein Junge, der träumte zu viel.
Er war kein Krieger, kein Held, kein König. Nur ein einfacher Waisenjunge, geboren in einem Dorf, wo selbst die Gänse zu müde zum Schnattern waren.
Man nannte ihn Tam, weil das kurz und belanglos war – so wie sein Leben.
Tam hatte eine Sehnsucht, die keiner verstand.
Er roch gern an verbrannten Dingen. Er küsste den Wind, wenn er bitter schmeckte. Er fragte einmal die Frau des Schmieds, ob ihre Brüste warm wie das Schmiedefeuer seien.
Sie schlug ihn mit einer Pfanne, und Tam lachte.
Eines Nachts, als der Himmel schwarz war wie das Innere eines Kohlesacks,
erschien sie.
Nicht mit Posaunen. Nicht mit Licht.
Sondern mit einem Lächeln, das sich anfühlte wie ein Schnitt mit weichem Leder.
Sie saß auf der Fensterbank, trug ein Kleid aus Rauch, und ihre Stimme war wie heißer Honig:
„Na, kleiner Tam. Hast du genug geträumt?“
Er nickte. Dumm. Stumm.
Und da stieg sie zu ihm ins Bett.
Sie lehrte ihn Nähen.
Nicht mit Nadel und Faden –
sondern mit Fingern, Zunge und Atem.
Sie zeigte ihm, wie man Wunden näht, ohne dass sie schließen.
Wie man Blicke stickt, die bleiben.
Wie man aus einem Seufzer einen Knoten macht, den man nie wieder löst.
Tam veränderte sich.
Er wurde schön. Unheimlich schön. So schön, dass Männer nervös und Frauen wütend wurden, wenn er nur „Guten Tag“ sagte.
Er sprach selten, aber wenn, dann so, dass sogar alte Witwen rot wurden.
Und nachts…
ja, nachts verließ er das Dorf.
Immer.
Kam morgens wieder, mit einem Grinsen und manchmal – Bissspuren am Hals.
Die Leute flüsterten.
„Er gehört ihr.“
„Er näht für sie.“
„Er hat ihr seinen Namen gegeben, und jetzt ist er nur noch Stoff.“
Eines Morgens kam er nicht zurück.
Im Bett: nur Asche.
Und auf dem Fensterbrett: ein einziger schwarzer Faden.
Man sagt, Tam näht noch heute für sie – Kleider aus Verlangen, Umhänge aus Schuld, Schleier aus Sehnsucht. Für jede verlorene Seele ein neues Gewand,
das man erst bemerkt, wenn es zu spät ist.
Man sagt, Lysindra trägt ihn selbst – als Handschuh, als Strumpf, als Lächeln.
Man sagt, wenn du nachts allein bist und etwas Glutiges spürst auf deiner Haut,
etwas Unsichtbares, das dich streichelt, küsst, umhüllt –
dann trägt sie dich an.
Vielleicht nur für eine Stunde.
Vielleicht für immer.
Und darum, Kind,
wenn du nachts etwas riechst, das nach verbranntem Jasmin duftet –
renn nicht.
Aber küss auch nicht.
Atme flach, und tu, als wärst du tot.
Denn wenn Lysindra dich will…
dann wirst du kein Held,
kein König,
kein Tam.
Dann wirst du ein Teil von ihr.