Aus dem Tagebucheintrag der Ravenna von Hohenfels
„Deus Vult“ – Gott will es.
Darum - so spricht Gott der Herr: Seht, mein Zorn und Grimm ergießt sich über diesen Ort, über Menschen und Vieh, über die Bäume des Feldes und die Früchte des Ackers; er brennt und wird nicht erlöschen. Jeremia 7, 20
Heute ist der Tag, an dem das eiserne Herz meines Glaubens zu schlagen begann:
Die Kirche der Läuterung erhebt sich wie ein Mahnmal des Gerichts über Hohenfels. Dies ist nicht die Kirche der vielen – sondern die der Erwählten, der Unbestechlichen, des Hohen Rates.
Ein Bauwerk von furchteinflößender Reinheit, errichtet nicht für jene, die Trost suchen, sondern für jene, die gebrochen, gerichtet und gereinigt werden müssen. Kein Glasfenster lenkt den Blick gen Himmel – denn der Himmel wendet sich ab von denen, die sich ihm nicht beugen. Nur zwei schmale Öffnungen hoch über dem Eingang, durch die das Licht des Morgens fällt wie zwei göttliche Speere – starr, wachend, erbarmungslos.
Diese Mauern kennen keine Musik. Nur das Stöhnen der Reuigen, das Knirschen der Ketten, das Klopfen der Herzen, die sich unter dem Blick des Allmächtigen nackt fühlen. Dort, wo einst Reliquien den Aberglauben nährten, stehen bei uns eiserne Käfige, in denen der Leib vergeht und die Seele sich – vielleicht – retten kann.
Niemand tritt ein, der nicht berufen oder beschuldigt ist. Der Pöbel bleibt draußen – betend, zitternd, beobachtend.
„Schaffet den Bösen hinweg aus eurer Mitte!“
— 5. Mose 13,6
Die hohen Türen – schwer, mit Eisen beschlagen – öffnen sich nur, wenn das Tribunal ruft. Dann betreten wir den Ort der Läuterung. Der weiße Marmor meines Thrones, das Rot des Samtbezugs – so rot wie das Blut auf dem Tatzenkreuz meines Banners, das über der Kirche weht – erinnert die Schuldigen daran, dass sie nicht vor Menschen sitzen, sondern vor dem Auge des Herrn. Es gibt keinen Ort zum Verstecken. Kein Feigenblatt aus Worten. Nur das Urteil.
Hinter dem Altar liegt der Kerker, kalt wie die Nacht der Verdammnis. Und darunter, in tiefer Stille: die Kammer der Läuterung. Dort spricht das Fleisch, wenn der Geist sich verweigert.
Der Stuhl mit den Dornen.
Die eiserne Jungfrau.
Die Flammenzange.
Ich selbst leite die Befragungen, mit ruhiger Stimme, während der Schrei der Seele zu Gott dringt. Viele gestehen. Manche verfluchen. Alle brennen.
„Tötet sie, bis das Blut bis an die Zügel der Pferde reicht!“
— nach Offenbarung 14,20
Vor der Kirche liegt der Richtplatz, gepflastert mit schwarzem Basalt und gesegnet mit Asche. Wer der Ketzerei überführt wird, tritt aus den Toren, aufrecht oder gezogen, und empfängt dort sein Urteil. Kein langes Verfahren, kein sündhaftes Zaudern. Das Böse muss ausgerottet werden, ehe sein Same keimt. Darum brennen Scheiterhaufen schnell, und Schwerter sinken tief. Das Volk schaut zu, mit offenem Mund – nicht aus Grauen, sondern aus Glaube. Sie verstehen, dass dies nicht Grausamkeit ist, sondern Gnade in eiserner Gestalt.
„Denn es ist besser, dass ein Glied verloren geht, als dass der ganze Leib in die Hölle geworfen wird.“
— Matthäus 5,30
Ich bin kein Mensch mehr, so heißt es, sondern ein Werkzeug. Und das ist wahr. Ich bin das Schwert der Kirche. Ich bin das Auge des Herrn. Ich bin die letzte Schwelle vor dem ewigen Feuer. Und ich wandle nicht in Dunkelheit – ich bin das Dunkel, das jene verschlingt, die das Licht verhöhnen.