CW: Tod, Blut
Ein dunkelroter Tropfen fiel auf elfenbeinfarbene Seide. Ein letzter Atemzug und das Feuer in ihren Augen erlosch für immer. Dann verließen lautlose Schritte den Raum und die Stille hielt für einige Stunden Einzug. Ein vorsichtiges Klopfen hallte durch das Schlafzimmer, doch blieb ihm der Raum eine Antwort schuldig.
Die Nachricht über das Ableben von Fayeth Ereygeros verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die Noloira, die Jahrzehnte lang die Seelelfen Averlyns in Glaubensfragen geleitet hatte, war tot. In tiefer Trauer und Entsetzen fragte sich bald jede Elfe der Stadt: Wie konnte es zu diesem Unglück kommen?
Ein Bild voller Widersprüche zeigte sich am Morgen des letzten Oktobertages im Jahr 23.992. Fayeth Ereygeros lag weich gebettet in ihren seidenen Tüchern des Himmelbettes. Ihre Augen ruhten friedlich geschlossen und ihre Züge wirkten entspannt, beinahe könnte man ein Lächeln auf den Lippen erkennen. Die Hände hatte sie leicht übereinander gelegt und ihre Finger hielten einen Schlüssel fest. Ein dezenter Duft von Rosen erfüllte den Raum. Doch diese Idylle wurden durch das tiefe Rot, welches die Laken durchzog, durchbrochen. Das Blut hatte sich seinen Weg durch die Tücher bis zum Boden gebahnt und mündete in einer kleinen Lache am Boden. Auf einem Tisch, unweit des Bettes fand sich ein polierter, silberner Dolch. Daneben lag ein verschmiertes Tuch, mit welchem die Waffe wohl gesäubert worden war.
Fieberhaft suchte das Land nach Antworten. Schon bald konnte anhand der Blutspuren ausgeschlossen werden, dass Fayeth selbst für ihren Tod verantwortlich gewesen war. Dies wiederum bedeutete, dass es einen Schuldigen gab, der Fayeth‘s Leben vor ihrer natürlichen Rückkehr in den Kreislauf des Lebens beendet hatte. Die Spur des Rosengeruchs führte schnell ins Leere, denn so wuchs die Pflanze in ganz Averlyn. Kaum einer aus Averlyn hatte keine Rosen in den eigenen Gärten. Und auch jegliche Tische in Fayeth‘s Zimmer waren mit Rosensträußen dekoriert; nicht zuletzt ebenso ihr Nachttisch. Als nächstes konzentrierte man sich auf die Suche nach dem Besitzer des Dolches, welcher auf einem Tisch im Raum gefunden worden war. Hierbei handelte es sich um eine traditionelle Waffe der Seelelfen. So schloss man daraus, dass es sich um jemanden aus den eigenen Kreisen handeln musste. Doch auch diese Spur sollte sich als eine Sackgasse entpuppen, denn keinem Wesen konnte der gefundene Dolch zugeordnet werden. Somit blieb nun lediglich eine letzte Spur offen: Der Schlüssel, den Fayeth in ihren Händen gehalten hatte. Schon bald sammelte man in der ganzen Stadt jegliche verschlossenen Truhen und Kisten ein, um das Schloss, in welches der Schlüssel passte, zu finden. Doch bis heute, 8 Jahre nach dem Ableben von Fayeth Ereygeros, konnte das Rätsel um ihren Tod nicht aufgeklärt werden und beschäftigt noch immer viele Seelelfen. Alljährlich im Herbst keimt abermals die Frage unter den Seelelfen auf, wer das schwarze Schaf in ihren eigenen Reihen wohl sein mag, der dieser Frau das Leben nahm.
Noch heute kommen Seelelfen von nah und fern an die Gedenkstätte der einstigen Noloira. Viele Gläubige haben die Hoffnung nicht aufgegeben, den rätselhaften Tod eines Tages aufzuklären. Über die Jahre erblühten zahlreiche Rosen um die Gedenkstätte herum. Gleichzeitig sammelten sich diverse Truhen, Kisten und Fässer an, denn immer wieder bringen Seelelfen verschlossene Gefäße zu Fayeth‘s Gedenkstätte, in der Hoffnung, diese mit dem sich dort befindlichen Schlüssel öffnen zu können.
((Koordinaten: 5300 / 132 / -3504))