✠ Karotten-Segensbrot ✠

✠ Die Weihe des Segensbrotes in Hohenfels

Es ist der fünfte Tag nach dem Fest der Züchtigung, die Sonne hängt bleich am Himmel über Hohenfels. Der Platz vor der Kathedrale ist gefüllt mit Gläubigen. Frauen in grauen Hauben, Männer mit gesenktem Haupt, Kinder mit Asche im Gesicht – alle sind gekommen, um dem Brot zu huldigen, das einzig auf gesegneter Erde gewachsen ist: das Gerechte Brot.

Auf dem steinernen Altar liegt ein rundes Brot, gebacken aus Mehl, Eiern, Wasser und süßen Karotten – jenen Wurzeln, die nach dem Willen Gottes am besten auf der reinen Erde von Hohenfels gedeihen.

Ravenna von Hohenfels tritt in schwarzer Kutte mit blutrotem Kreuz auf den Stufen des Altars hervor. Neben ihr stehen Amalie und Hildegard, die das Heilige Buch trägt. Die Menge verstummt.

Ravenna hebt beide Hände zum Himmel. Ihre Stimme ist schneidend klar.

„Oh HERR, der DU brennst in der Sonne und herrschst mit eiserner Faust — nimm dieses Brot an, durch unsere Mühen gewachsen, durch unseren Glauben gebacken! Es ist kein Brot der Heiden, keine Frucht der Elfenwälder, kein Werk orkischer Gier oder zwergischer List!

Es ist das Brot der Reinen, der Gläubigen, der Schwertertragenden!

So verbrenne, o Herr, alles Unreine in unserem Leib, so wie dieses Brot im Feuer geläutert wurde. Stärke unsere Herzen gegen die Versuchung! Tränke unsere Seelen mit Durst nach Deiner Gerechtigkeit!

„Dies ist Dein Brot, Herr – und unser Wille ist Deine Klinge!“

Dann schlägt Ravenna das Brot mit dem Beil dreifach an. Beim dritten Hieb zerreißt es auf der Kruste und der Duft nach süßer Karotte, geweihtem Ei und gebackener Hoffnung strömt durch die Luft.

Die Gläubigen knien nieder, beten, weinen. Kinder erhalten die erste gesegnete Krume – und Frauen flüstern, dass der Geschmack süßer sei als Honig.

So wird in Hohenfels nicht nur gegessen – man stärkt den Leib für den Krieg gegen das Unreine.

Ein heiliges Brot, geboren aus Not, Gnade und unerschütterlichem Glauben – zur Ehre des Allmächtigen gebacken und zum Trost der Seelen gereicht.

Zutaten:
3 Maß Weizenmehl – die Frucht der Arbeit und des Schweißes, wie es geschrieben steht: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen.“

2 Eier – Zeichen des Lebens und der göttlichen Schöpfung.

1 Karotte, fein gerieben – gepriesen sei der Herr, der selbst im kargsten Boden Süße wachsen lässt.

1 Kelch Wasser – lebendiges Wasser, wie es der Herr dem Dürstenden reicht.

:candle: Die Geschichte des Brotes –
„Wie Gott aus Wurzel und Glaube Brot werden ließ“

Im zweiten Winter nach der Gründung von Hohenfels, als Schnee die Felder wie das Leichentuch einer sündigen Welt bedeckte und der Wind die Mauern heulend anflehte, da murrte das Volk in den kalten Hallen. Die Vorratskammern waren leer, das Vieh krank, und die Hoffnung schien wie eine flackernde Kerze im Sturm.

Da trat Ravenna von Hohenfels, die Streiterin des Herrn, in das Refektorium. Ihr Blick war hart wie der Fels, auf dem die Stadt stand, doch ihr Herz brannte in diesen Tagen stärker als jedes Herdfeuer. Sie kniete nieder, schlug das Kreuzzeichen auf ihre Brust und sprach laut:

„Herr der Heerscharen, der Du uns durch Wüste und Wasser geführt hast, sende uns Deine Speise wie einst das Manna! Nicht weil wir würdig sind, sondern weil Du barmherzig bist!“

In dieser Nacht erschien ihr im Traum ein Engel, dessen Stimme wie das Klingen von Weihrauchkesseln hallte. Und er sprach:

„Sieh hinab, Tochter des Glaubens. Nicht im Reichtum, sondern in der Demut offenbart sich Gottes Gnade. Was du hast – nimm es, segne es, und backe daraus Brot.“

Am Morgen ließ Ravenna alle Frauen der Stadt zusammenrufen. Sie brachten, was noch übrig war: Mehl, ein paar Eier, ein Krug Wasser – und Karotten, die wie durch ein Wunder unter der Schneedecke gediehen. Hildegard, ihre Beraterin, rieb die Wurzel fein und sprach:

„Wie Christus unsichtbar in der Hostie gegenwärtig ist, so wohnt Süße in dieser bitteren Zeit verborgen.“

Sie kneteten das Brot in Stille, begleitet von Psalmen, Tränen und Hoffnung. Als es im Feuer gebacken wurde, erfüllte der süßliche Duft der Karotten das Gotteshaus. Die Gläubigen fielen auf die Knie – denn sie spürten: Dies war kein gewöhnliches Brot. Es war ein Zeichen. Eine Gnade. Ein Segen.

Ravenna segnete das erste Laib mit Weihwasser und reichte es einem Waisenknaben, der seit Tagen kein Wort mehr gesprochen hatte. Er biss hinein, und Tränen liefen über sein Gesicht. Dann flüsterte er:

„Es schmeckt… wie Vergebung.“

Seitdem wird das Karotten-Segensbrot jedes Jahr zur Zeit des ersten Schnees gebacken, mit stiller Ehrfurcht, in Erinnerung an jenen Tag, da der Herr sich nicht im Überfluss, sondern in der Demut zeigte.

✠ Im liturgischen Gebrauch:

Wird während des Fastens und an Gedenktagen der Entbehrung verteilt.

Vor dem Backen wird gemeinsam der Psalm 23 gebetet.

Das erste Stück gebührt immer den Kindern, den Witwen und den Wächtern an der Mauer – denn in ihrer Schwäche offenbart sich die Stärke des Herrn.

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