Willkommen zu meiner ersten Charaktervorstellung von Roktyrr Arokson! Bevor ich beginne erstmal einen ganz dicken Gruß an Fionity und Yari für die Hilfe zu dieser CV. Vorallem bei Finn der viel mit mir hier Schrieb
Für die Ideen und Rat. Hoffe die gefällt einigermaßen jemanden. Offen für Feedback. Viel Spaß beim Lesen ![]()
Name: Roktyrr Grigori Pen’draig | Ehemals Arokson
Geschlecht: Männlich
Alter: 22 Jahre
Geburtstag: 9.8
Rasse: Mensch - Europäer
Wohnort: Wildniss | Ehemals Thyma Dorei
Herkunft: Rhosyr, Wales
Religion: Christentum Römisch Katholisch | Ehemals Asatru.
Christlich getauft doch zerissen im Glauben an dem Christlichen Gott und den Alten Göttern.
Beruf: /
Aussehen:
Roktyrr ist 188 groß. Roktyrr trug sein braunes Haar schulterlang, meist locker zurückgebunden, damit es ihm im Kampf nicht ins Gesicht fiel. Mit den Jahren die kamen wurde sein Haar länger und trägt seither einen sorgfältig geflochtenen Zopf. Inzwischen zeichnet sich auch ein Bart ab, der seinem Gesicht ein wenig älter aussehen lässt. Seine braun-grünen Augen tragen einen nachdenklichen, ruhigen Blick, oft begleitet von einet gewissen Traurigkeit, die er versucht hinter einem sanften Lächeln zu verbergen versucht.
Um seinen Hals hingen einst mehrere Ketten und Anhänger, die im Laufe der Jahre verloren gingen oder verschenkt wurden. Auf dem Handrücken seiner linken Hand prangt ein Brandmal in der Form eines Ouroboros, eine… Erinnerung aus seiner Zeit in Theonopolis. Sein Körper ist übersät mit Narben, am linken Unterarm zieht sich eine tiefe Wunde, zurückgeblieben von einem Elfendolch, wo Michail Diokles ihn damit Durchbohrte. Auf seiner rechten Handfläche zeichnet sich die Narbe einer Stichwunde ab. Über seine Brust verlaufen mehrere Schnittwunden. Eine Quer und die andere seitlich, während sein Rücken von den Spuren grausamer Peitschenhiebe aus seiner Gefangenschaft in Theonopolis und seiner Zeit als Sklave seines Bruders gezeichnet ist.
Im Alltag bevorzugt Roktyrr schlichte, praktische Kleidung, die Bewegungsfreiheit erlaubt und wenig Aufsehen erregt. Zu besonderen Anlässen jedoch hüllt er sich in feinere Gewänder, meist im nordischen Stil, schlicht und einfach.
Charaktereigenschaften
Roktyrr ist manchmal draufgängerisch und begibt sich somit in Schwierigkeiten oder zieht diese an. Geht oft ein hohes Risiko ein. Roktyrr hat ein Loses Mundwerk was dazu neigen kann, Dinge unverblümt auszusprechen, was ihn schnell in Schwierigkeiten bringen kann.
Roktyrr ist ein Mann der für die Freiheit lebt und hält sie für ein Geburtsrecht von allen. Für ihn einer der größten Sachen auf dieser Welt. So ist er auch eher von Rebellischer Natur. Er verachtet die Sklaverei.
Ein Lächeln begleitet stets seine Lippen, ein Zeichen seiner positiven Einstellung.
Zudem hat er einen gewissen Humor. Benutzt oft Sarkasmus oder Ironie. Hat eine Lockere Haltung und ist oftmals nicht ernst. Er ist süchtig nach Adrenalin, lächelt im Kampf oft und wenn eine Situation angespannt wird, huscht sich ein Grinsen über sein Gesicht. Er führt eher ein entspanntes und Hedonistischen Lebensstil was stark im Kontrast und Konflikt mit seinem Ehrgefühl und Moralvorstellungen liegt.
Roktyrr kann als sehr verwirrter Mensch beschrieben werden. Die Tatsache, dass er schon in jungen Jahren Zeuge wurde wie sein Vater starb und die Gräueltaten der Normannen wurde , hat seine Einstellung für die Zukunft geprägt. Roktyrr ist ein Mensch, der Konfrontationen meidet und das Leben und die Ruhe genießt wenn er nicht gerade kämpft. Seine andere Persönlichkeit, die er wahrscheinlich aufgrund des schweren Traumas entwickelt hat, das er als Kind erleiden musste, ist das genaue Gegenteil und genießt es, zu Kämpfen. Er weiß nicht wo sein Platz in der Welt ist und trifft oft unberechenbare Entscheidungen. Damals als er in York entschieden hat Arok zu begleiten anstatt bei seinem Bruder Askalnar zu bleiben weil er nicht wusste was er mit seinem Leben anfangen sollte oder als er seine Schwester in Rhosyr zurpckließ sind Beispiele für seine unentschlossene Art. Doch er steht zu den Entscheidungen, die er einmal getroffen hat.
Für Roktyrr sind Treue und Loyalität die höchsten Tugenden mit der Ehre. Er steht fest zu seinen Kameraden, freunden und familie. Er würde niemals jemanden im Stich lassen. Seine Loyalität macht ihn zu einem vertrauenswürdigen Freund und Verbündeten, auf den man sich verlassen kann. Seine Hilfsbereitschaft und sein kameradschaftliches Wesen sind ebenfalls herausragend bei Roktyrr. Trotz seiner Tendenz zur Einsamkeit ist Roktyrr in seinen Beziehungen loyal und beschützend. Roktyrr tut alles, um diejenigen, die ihm am Herzen liegen, zu schützen.
Durch seine Jahre auf der Straße lernte Roktyrr andere durch geschickte Worte und charismatisches Auftreten zu überzeugen oder ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Obwohl er selbstbewusst ist, kann Roktyrr in neuen sozialen Umgebungen schüchtern wirken und ein zurückhaltender. Er braucht etwas Zeit, um sich an neue Menschen und Gegebenheiten zu gewöhnen.
Roktyrr ist bekannt für seine moralische Zerrissenheit und seine unnachgiebige Haltung gegenüber der Idee des „richtigen“ und „falschen“. Er folgt einem eigenen Moralkodex, der nicht immer mit den Normen der Gesellschaft übereinstimmt. In vielen Fällen stellt er fest, dass es zwischen Gut und Böse keinen klaren Unterschied gibt, und oft sind die Entscheidungen, die er treffen muss, von graueren Tönen durchzogen. Trotz seines Unabhängigkeitsstrebens nimmt Roktyrr seine Verantwortung ernst. Er fühlt sich oft verpflichtet, das „richtige“ zu tun, auch wenn es ihm persönlich schwerfällt oder mit persönlichen Opfern verbunden ist. Oft ist er Zerrissen zwischen dem Werten seines Bruders Askalnars die er versucht gerecht zu werden und von dem was richtig ist: Seinem Herzen zu folgen.
Übermäßige Selbstlosigkeit ist eine weitere Eigenschaft von Roktyrr. Oft setzt er die Bedürfnisse anderer über seine eigenen und vernachlässigt manchmal seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche.
Er ist ein ehrenhafter und gutherziger mensch. Leidenschaftlich in den Dingen die er tut.
Stärken
-Roktyrr lernt vieles Schnell und hat eine Hohe Auffassungsgabe. Zudem wird es durch seine Neugierde verstärkt.
-Roktyrr hat ein Natürliche Begabung für den Kampf.
-Tapferkeit
-Geschicklichkeit
Schwächen
Verlustängste: Wenn Roktyrr mit jemand anderes einmal ein gutes Verhältnis aufgebaut hat, dann versucht er alles, dieses auch zu halten wodurch sich bei ihm schnell starke verlustängste entwickeln können. Seine Treue zu seinen Freunden und Familie macht ihn noch anfälliger dafür und kann zeitweise blind sein für deren Taten.
Misstrauen gegenüber Nicht-Menschen: Obwohl er intelligenter ist als viele, besitzt Roktyrr nach der Begegnung mit den beiden Orks und dem Elfen Oryn Oziás eine gewisse furcht und Misstrauen gegen jedes Wesen was ihn in einigen Fällen dazu verleitet, wertvolle Allianzen zu übersehen oder vorschnell Urteile zu fällen.
Selbstlosigkeit: Sein Selbstloses Verhalten bringt ihn oftmals in Gefahr und Schwierigkeiten. Sein gutes Herz verleitet ihn immer anderen zu Helfen was andere leicht ausnutzen könnten.
Übermäßige Selbstzweifel: Roktyrr ist oft von Selbstzweifeln geplagt, besonders in Bezug auf seinen Platz im Leben und die Auswirkungen seiner Entscheidungen. Diese innere Unsicherheit verschafft ihn manchmal in einen Zustand der Selbstkritik.
Rachegelüste und Impulsivität
Roktyrr kann von Rachegefühlen getrieben werden, besonders wenn er oder Menschen, die ihm nahe stehen, Unrecht erfahren haben. Diese Rachegelüste können ihn dazu verleiten, impulsive Entscheidungen zu treffen, die langfristig schädlich sind oder ihn in gefährliche Situationen bringen.
Asthma (ausgelöst wenn er seine Kälte-Limits überschreitet oder an einer Atemwegsinfektion leidet.) Als kleiner Junge litt er oft an einer Krankheit die seine Atmung Schwächte.
Roktyrr war In seinen ersten Jahren in Eldoria noch ziemlich Naiv und Gutgläubig was sich jedoch nun mit der Zeit änderte nach dem Verrat und den Intrigen von seinem Halbbruder Morcon.
Fähigkeiten
-Bogenschießen
-Umgang mit Schwert und Schild
-Navigation
-Lesen und Schreiben
Geschichte:
Kapitel 1: Heldentaten des Pen'draig
Niemand weiß genau, wann Rhys Pen’draig geboren wurde, doch es heißt, er sei ein Kind der salzigen Winde von Rhosyr gewesen. Jenes Küstendorf im Königreich Gwynedd soll sein Geburtsort sein, so erzählte man es sich. Seine Geburt blieb zunächst für die meisten unbemerkt. Er wurde in dem niedrigen und nicht besonderen Geschlecht der Pen’draigs geboren. Eine Niederadels Familie verstrickt in das Feudalsystem Gwynedd`s. Angeblich Nachfahren von Sir Gawain, dem Neffen von Uther Pen’draig. Aber sein Herz, Stolz und Mut waren wie der eines Königs. Trotz seiner besonderen Schönheit war er weise wie eine 300 Jahre alte Eiche. Seine reine Präsenz, so heißt es, konnte Leute zur Ehrfurcht bewegen. Seine Ehre war so hoch, dass ihn selbst seine größten Feinde respektieren.
Am Hofe von König Gruffudd ap Cynan wurde sein Name schon vor seiner Ankunft geflüstert. Man erzählte sich schon, bevor sie vollbracht wurden, von seinen Heldentaten.
In der Schlacht von Mynydd Carn, im Jahre 1081, sollte sein Name nicht nur geflüstert, sondern gesungen werden. Sein Ruhm wuchs über die Grenzen Gwynedd`s hinauf. Man nannte ihn den Ehrenhaften Tod, Feurigen Krieger oder Lord der Treue. Zumindest nannten ihn seine Freunde. Seine Feinde verteufelten ihn und verfluchten ihn mit Namen wie dem Todbringer, Verführer und Edel-Folterer. Man erzählt sich, diese Namen wurden ihm gegeben, da er mit seinem Edlen Ross durch die Reihen fegte und Tod brachte, aber eben auch alles andere. So mancher behauptet, er hätte an diesem Tag 30 feindliche Bannerträger erschlagen, einer nach dem anderen seinem Schwert erlegen.
Aber nach dem Sieg verschwand Rhys Pen’draig wieder aus den Liedern. Jeder Minnesänger, der seine Heldentaten vortrug, verschwand oder verstumme am nächsten Tag. Fast wie ein Fluch war sein Name. Aber manch ein Mutiger flüstert noch immer über den Helden, den Todbringer über Rhys Pen’draig.
Kapitel 2: Vergangenheit und Gegenwart
“Argh” Roktyrr stöhnte laut auf. Sein Rücken schmerzte vom ungemütlichen und halb zerstörten Bett. Das Licht, das durch die Löcher in der Wand direkt in seine Augen schien, kitzelte ihn in seinen Augen. Mit einem lauten Knacken stand er von seinem Bett auf und sah sich in seiner kleinen maroden Hütte um. Das marode Dach hatte ihn vor dem nächtlichen Regen bewahrt, aber der Rest wurde nass. Langsam ging er auf die Tür zu.
“Puff.” Roktyrr saß auf den feuchten und rutschigen Dielen. Nah toll, jetzt schmerzte nicht nur sein Rücken, sondern auch sein Hintern. Langsam richtete er sich wieder auf und ging Schritt für Schritt auf die Tür zu. Als er nach dem Türgriff griff, rutschten ihm wieder seine Beine weg, aber glücklicherweise konnte er sich noch halten. Mit einem lauten Knirschen öffnete sich die alte Holztür und Roktyrr trat hinaus. Draußen roch es nach Scheiße, so einer hatte wohl seine Notdurft in der Nacht verrichtet. Aber Roktyrr war es gewöhnt. Langsam trottete er entlang des Trentes und streckte sich erneut. Der Örtliche Fluss der sich wie Adern durch die Stadt zog. Während er weiter voran schreitet dachte er nach. Er erinnerte sich zurück an den einem Morgen wo er einst in Rhosyr aufwachte. Das Schluchzen seiner Schwester riss ihm an jenem Tag aus dem Schlaf, ein Geräusch was er nie vergessen konnte. Hunger Plagte uns und nur die Geräusche unserer Mägen konnten das Schluchzen meiner Schwester übertönen. Vater war nicht im Haus. Es gab nur einen Ort wo er hätte sich aufhalten könnte. So ging ich damals los, um ihn wieder nach Hause zu bringen. Ich verließ unser Haus und ging die dreckigen Gassen Rhosyr entlang zum Grünen Tresen, die Örtliche Taverne, wo sich Vater immer aufhielt. Ich betrat die Taverne und sah den Schandfleck am Tresen sitzen, den ich Vater nannte. Kaum bei Bewusstsein saß er in der dreckigen Taverne. Zusammen mit Dieben, Schändern und Mördern verprasste dieses Mistvieh unser Geld, was wir zum Überleben brauchten. Ich ging an diesen Hunden vorbei zu meinem Vater. Ich weiß noch, wie er oft erzählte, einst ein großer Ritter gewesen zu sein. Ein Held. Doch wenn ich ihn hier sehe, sehe ich nur den Schatten des Mannes, der er war. Ich schlang seinen Arm um meine Schulter und stützte ihn aus dem Grünen Tresen hinaus. Sein Geruch ging mir ebenfalls nie aus dem Gedächtnis. Erbrochenes Gemischt mit Alkohol und Asche. Sobald wir die Taverne verließen, sah ich noch wie einige…
“Passt doch auf du Vagabund!” Beschwerte sich ein älterer Mann, gegen den Roktyrr stoß, was ihn aus seinen Gedanken riss. Roktyrr war so in Gedanken versunken, dass er nicht bemerkte, wie weit er bereits gegangen war. Vor ihm trugen sich jetzt nämlich die mächtigen Stadttore. Zwei massive Holz Tore, die in die Stadtmauer eingelassen waren. Dahinter konnte man noch das Ende eines hochgezogenen Gitters erkennen. Durch die Tore strömten viele Menschen, Bauern, Händler und Tagelöhner. “Pah, nicht Mal entschuldigen kann man sich heutzutage.” Der alte Mann sah empört aus. Er blickte den verdutzten Roktyrr für einen Moment an bis.
Eine harte Hand Roktyrr Gesicht traf. Ein leises “Argh.” entwich Aeden, ehe der alte Mann sich umdrehte und in der Menge verschwand. Aedan blickte dem Mann hinterher, bis er ihn verlor, er beließ es darauf und schritt aus dem Tor hinaus. Entlang des Flusses, vorbei an den Ständen von Bauern, Schneidern und Jägern. Ein Stand fiel ihm besonders ins Auge. Ein Stand mit frischen Früchten, aber das Beste, ein Stand ohne sichtbaren Besitzer. Langsam ging Roktyrr auf den Stand zu und schnappte sich gekonnt einen Apfel. Ohne sich etwas anmerken zu lassen ging er einfach weiter. Schon bald sah er die Stadt nur noch als blassen Schimmer in der Ferne. Er blickte noch ein Letztes mal zurück nach Repton und nahm einen kräftigen Bissen von seinem Apfel. Geklaut schmecken sie noch immer am besten. Oft war ein Apfel die einzige Mahlzeit, die er in Tagen zu sich nahm. Er nahm noch ein bissen und ging seine Wege weiter. Roktyrr folgte dem Flusslauf, seine Schritte gedämpft von feuchtem Moos und fallendem Laub, bis er eine kleine Lichtung erreichte. Etwas abgeschieden von der Straße. Hier hörte man nur das leise Murmeln des Wassers und das ferne Zwitschern der Vögel.
Langsam ließ Roktyrr sich am Ufer nieder. Dann streifte er den zerschlissenen Mantel ab, zog sein altes Hemd über den Kopf und stand nun bloß mit seiner schmalen Gestalt da, die vom Leben auf der Flucht und Hunger gezeichnet war. Langsam trat er ins kalte Wasser, das über seine Knöchel strömte und seine Haut prickeln ließ. Er beugte sich hinab und trank gierig das erste frische Wasser seit Tagen. Dann begann er sich zu waschen, das Schlamm und Schweiß der letzten Nächte vom Körper zu reiben. Der Fluss war klar und kühl, fast wie Glas, und umspielte ihn wie eine längst vergessene Umarmung.
Er ging tiefer hinein, bis das Wasser seine Hüften erreichte. Schließlich nahm er einen tiefen Atemzug und tauchte unter. Sobald er untertauchen, blitzen ihm in der Stille der Tiefe wieder die Erinnerungen auf.
Ich sah mehrere Männer die draußen auf uns warteten. Mein Vater den ich stützte. Meine Beine versteiften sich vor Angst als einer der Männer vortrat. Grimmig. Hart. Entschlossen. “Wer seid ihr Bursche?” Fragte der Grimmige Mann mit einer Tiefen und rauchigen Stimme ehe er auf den Boden vor ihm Spuckte. Ich weiß noch wie meine Stimme Zitterte bei seinem Anblick “Ro… k… Roktyrr ap Rhys.” Murmelte ich leise. Der Grimmige nickte “Verstehe, du bist sein Bastard. Der ohne Mutter.” Er trat langsam näher und kniete sich vor mir langsam hin. “Junge ich will das du verschwindest. Wir müssen was mit deinem Vater klären.” Sprach er und machte ein Handzeichen das seine Männer Roktyrr wegzerren sollen. Roktyrr wehrte sich und brüllte den Namen seines Vaters aber gegen ältere und größere Männer hatte er keine Chance. Ich sah wie der Grimmige seinen Vater an den Haaren packte und ihn etwas ins Ohr flüsterte bevor er zu Schlug. Ich musste ansehen wie mein Vater von einem halben Dutzend Männern Tod geprügelt wurde. Er wehrte sich nicht. Er konnte es nicht. Ich weiß immernoch vom Gefühl der heißen Tränen die über meine Wange liefen als ich zusehen musste wie sie Vater zurichteten. Nachdem sie ihr Werk verrichteten ließen die mich los und ich rannte zu Vaters Seite. Ich bekam seine Letzten Atemzüge mit. Seine Letzten Worte die er mir widmete und das Versprechen was ich geben musste. Mit 12 verlor ich meinen Vater.
Sein Herz pochte laut in den Ohren. Für einen Moment wünschte er sich, einfach dort zu bleiben, hinabzusinken, bis all das verschwinden würde. Doch er kam wieder hoch, keuchend, lebendig. Die langen, nassen braunen Haare klebten ihm im Gesicht, das Wasser lief ihm von der Stirn, als er sie mit einer schnellen Bewegung zurückstrich. Sein Blick war für einen Moment leer bis sich dieser wieder lockerte. Er atmete einmal noch richtig durch bevor er wieder aus dem Wasser ging und seine Anhänger wieder zurecht legte.
Kapitel 3: Zugehörigkeit
Die Stadtmauern von Jorvík ragten vor Roktyrr auf. Eine Stadt die einst von den Römern erbaut wurde und oft die Heimat Nordischer Seeräuber wurde. Ein Geruch stieg ihm in die Nase. Der Geruch von Fisch, Holz und alten Abfälle. Doch auch ein Hauch von Salz lag in der Luft, vermischt mit der Meeresbrise und dem leichten Wind erinnerte es ihm an seine Heimat. Rhosyr. Jedoch lag der Unterschied zwischen diesen beiden Orten das Jorvik belebter war. Händler aus aller Welt waren überall zu sehen.
Roktyrr stand vor dem Stadttor, das von schweren Balken und bewaffneten Wachen gesichert war. Gerade 16 Winter war er auf dieser Welt. Er zog den zerschlissenen Mantel enger um die Schultern, trat über die Schwelle und tauchte einen Strom der Menschen.
Kaum hatte er ein paar Schritte getan, brach ein Rad von einer Kutsche ab und ein believter Händler fiel auf den Dreck. Die Plane der Kutsche rutschte etwas weg und man erkannte was dahinter lag, Ketten. EIserne Fesseln und ein paar verängstigte Augenpaare von Männern und Frauen, die zusammengekauert im Holz lagen. Sklaven.
Roktyrrs Blick verdunkelte sich. Er kniete scheinbar hilfsbereit nieder, griff nach dem Arm des Kaufmanns, zog ihn wieder auf die Beine und in derselben Bewegung Nahm er den Händler was. Der schwere Geldbeutel wechselte unbemerkt den Besitzer, glitt in seine Hand und verschwand unter dem Mantel.
“Habt Dank, Junge!“, schnaufte der Händler, ohne zu ahnen, dass er um einen kleinen Schatz erleichtert worden war.
Roktyrr verschwand sofort im Gewimmel. Er grinste, als er zwischen den Marktständen untertauchte, spielte den Beutel in der Hand, das metallische Klirren des Goldes wie Musik in seinen Ohren. Endlich etwas Glück dachte er sich.
Doch das Glück währte nicht lange.
Eine kräftige Hand legte sich plötzlich auf seine Schulter. Als Roktyrr herumwirbelte, sah er nicht etwa einen erbosten Händler mitGleichgewichtsp4oblemen, sondern Männer, die kaum zu übersehen waren. Nordmänner. Breit, bärtig, in Kettenhemden und mit Äxten an den Gürteln. Sie hatten die raue Art von Kriegern, die schon zu viel Blut gesehen hatten, um noch nervös zu sein.
Vor ihnen stand einer, der sofort auffiel: hochgewachsen, breitschultrig, ein Gesicht voller Narben und grauer Strähnen im dichten Bart. In seinen Augen funkelte kein Zorn, sondern eine gewisse Wachsamkeit.
“Ein kühner Bursche,“ brummte er mit einer Stimme, so tief wie Donner. “Gerade mal ein halber Mann, und doch schnell genug, einem Händler das Gold aus der Tasche zu ziehen.“ Die Krieger um ihn lachten leise, aber keiner rührte sich. Alle warteten auf das Wort ihres Anführers.
Der Mann trat einen Schritt näher, musterte Roktyrr, als wolle er prüfen, ob er es mit einem Hundewelpen oder einem jungen Wolf zu tun hatte. “Mein Name ist Arok,“ sagte er schließlich. “Anführer dieser Truppe. Wir sind Söldner… Krieger, die sich ihren Lohn nehmen, wo es etwas zu holen gibt.“ Ein Grinsen blitzte unter dem Bart hervor. “Und du, Junge… du erinnerst mich an mich selbst, vor vielen Jahren.“ Roktyrr spürte, wie die Spannung in der Luft wuchs. Er hielt den Beutel fester umklammert, während sein Herz raste. Die Krieger standen im Halbkreis, und die Menge machte unwillkürlich einen Bogen um sie. Roktyrr wusste, dass er keinen Ausweg hatte, nicht gegen so viele Männer. Doch anstatt zu fliehen, hob er das Kinn und sah dem großen Nordmann direkt in die Augen.
“Roktyrr,“ sagte er ruhig, auch wenn sein Herz raste. “Roktyrr ap Rhys.“
Ein kurzer Laut ging durch die Reihen der Söldner. Arok zog die Brauen hoch, als hätte er etwas Unerwartetes gehört. Er kaute das Wort auf der Zunge, wiederholte es fast ehrfürchtig:
“Roktyrr… dein Name klingt nicht nach einem gewöhnlichen Sachsen oder Walisern. Er klingt… nordisch.“
“Nicht ganz,“ entgegnete Roktyrr mit einem schmalen Lächeln. “Mein Vater war Sir Rhys Pen’draig. Ein Ritter aus Gwynedd… und ich sein Bastard.“
Die Augen des Nordmanns verengten sich. Für einen Moment schwieg er, als ob er tief in Erinnerungen tauchte. Dann begann ein Glanz in seinem Blick zu lodern, das Funkeln eines Mannes, der sich an ferne Tage erinnert. “Sir Rhys…“ murmelte Arok und legte die Hand an seinen Bart. “Bei Odin, das ist lange her… Ja, ich kämpfte an seiner Seite. Ein Mann von Ehre, stark wie Eichenholz und furchtlos im Feld. Er war einer der wenigen Christenritter, die ich respektierte.“
Roktyrrs Miene verhärtete sich. “Er… war ein Säufer und Trinker. Für ihn war ich nichts, nur eine Erinnerung, die er nicht sehen wollte.“ Seine Stimme bebte leicht, doch er zwang sich zur Ruhe. “Seit Jahren bin ich auf mich gestellt.“
Arok musterte ihn lange, und in seinen Zügen mischten sich ein Lächeln mit einem Funke von Respekt in seinen Augen. Schließlich legte er dem Jungen schwer die Hand auf die Schulter.
“Dann hast du mehr mit uns gemein, als du denkst. Jemand der Niemand hat. Von Der Welt verlassen und in stich gelassen.“
Die Männer lachten zustimmend, einige klopften Roktyrr auf den Rücken. Arok beugte sich zu ihm hinab, sein Gesicht dicht vor dem seinen und seine Graue Augen blicjten zu ihm. “Komm mit uns. Du wirst lernen, was es heißt, nicht zu überleben wie ein Dieb und einem Vagabund. Sondern zu leben wie ein Krieger.“
Er richtete sich auf, warf den Kopf zurück und brülllte “Dieser Junge gehört nun zu uns!“ Ein Raunen ging durch die Truppe. Roktyrr spürte, wie sein Herz hämmerte aus Angst und Hoffnung.
Kapitel 4: Der Ruf des Wolfes und der See
Seid Tagen reiste Roktyrr mit den Trupp von Arok zu ihren drei Langsxhiffen die tief im Fluss, zwischen Schilf und Nebel lagen. Ihre geschnitzten Drachenköpfe ragten wie Schlangen aus dem Wasser, während das Lager am Ufer von Flammen erhellt wurde. Gelächter, grobe Scherze und das Klirren von Trinkhörnern zu hören war und dies wohl die ganze Nacht so weitergehen würde.
Roktyrr jedoch fand keine Ruhe. Schlaf wollte ihn nicht finden. Der Geruch von Rauch und nassem Leder lag in der Luft, das Knacken der Flammen weckte nur die alten Erinnerungen, die er so gerne begraben wollen würde. Leise erhob er sich, schlich zwischen den Bäumen davon und suchte Stille. Der Mond stand blass zwischen den Wolken, warf silbriges Licht über den Wald. Roktyrr atmete tief durch, als plötzlich ein Laut die Ruhe zerriss… ein tiefes Knurren, nah, gefährlich. Aus den Schatten trat ein Wolf. Groß, mager, mit Schwarzen Augen. Der Wolf zeugte seine Zähne, das Fell gesträubt. Er war allein was recht ungewöhnlich für einen Wolf war. Und doch wirkte er wie ein Gesandter der Wildnis selbst.
Roktyrrs Herz schlug bis zum Hals. Doch er wich nicht zurück. Stattdessen glitt seine Hand instinktiv zum Dolch an seinem Gürtel.
Der Wolf sprang. Ein Schrei und Roktyrr warf sich zur Seite, rollte im Laub. Er riss den Dolch empor, und als das Tier erneut ansprang, hielt er ihm den Dolch entgegen spürte den heißen Atem und das Gewicht, das ihn fast zu Boden drückte. Er Spürte wie das Warme Blut des Wolfes über ihn floß.
Mit einem wilden Aufschrei stieß er die Klinge erneut in die Seite des Tieres. Ein Zucken, ein Winseln vernam er noch. Dann Stille. Das Blut tränkte seine Hände, seinen Körper, sein Herz raste und… “Bei Thor…“ erklang eine Stimme.
Roktyrr drehte sich um und sah Arok zwischen den Bäumen. Der große Nordmann stand da, die Arme verschränkt, das Gesicht von einem Ausdruck gemischter Überraschung und Stolz gezeichnet. “Du lebst ja noch.“ brummte er. “Nicht übel. Nicht übel.“
Roktyrr wischte sich den Schweiß von der Stirn, noch immer keuchend. Arok trat näher, sah auf den toten Wolf hinab und nickte.
“Dein Vater hätte es nicht besser machen können als du“ sagte er schließlich und seine Stimme war frei von Spott “Ich bin stolz auf dich, Junge.“
Dann verzog er das Gesicht zu einem Grinsen. “Aber jetzt… hör auf, hier wie ein Heulendes Kind zu Liegen und heb deinen faulen Arsch vom Boden. Hilf mir, das Biest zurück ins Lager zu tragen, bevor meine Männer denken, ich würde dich nur zum Holzsammeln gebrauchen.“
Er packte die Hinterläufe des Wolfs, warf Roktyrr einen Blick zu ein prüfender, fast brüderlicher Blick und gemeinsam tragten sie die schwere Beute aus dem Wald zurück zum Lager.
Die darauffolgenden Tage im Lager waren schnell vergangen und ehe Roktyrr es begreifen sah, stand er an Bord eines der Langschiffe, umgeben von Männern, die für ihn wie Riesen wirkten. Das Wasser unter ihm war dunkelblau und unendlich weit, der Himmel darüber so klar, dass es schien, als könne man bis an die Götter selbst blicken von denen die Männer erzählten.
Zum ersten Mal in seinem Leben spürte Roktyrr das Schaukeln der Planken unter den Füßen, den salzigen Geschmack der See auf den Lippen und den Wind, der ihm die Haare wild ins Gesicht wehte. Er hielt sich am Rand des Schiffes fest, beugte sich hinaus und seine Augen funkelten wie die Sonne, die auf den Wellen leuchtete und Lächelte dabei.
“Bei Gott…“ murmelte er lächelnd “Es ist… schön… berauschend.“
Die Männer lachten hinter ihm, doch ohne Spott. Sie kannten das Gefühl das erste Mal hinaus auf das große Meer, die endlose Freiheit, die Kraft der See selbst die einen verschlingen aber auch tragen konnte.
Arok stand am Heck, die Hände fest um das Steuerruder gelegt. Er musterte den Jungen, dessen Augen von Staunen und Freude erfüllt waren und ein zufriedenes Brummen entwich seiner Kehle. “Genieße es, Roktyrr,“ rief er über das Rauschen der Wellen hinweg. „Die See ist eine wilde Geliebte: launisch, unbarmherzig… und unfassbar fesselnd und Schön.” Roktyrr nickte, unfähig, den Blick von dem Horizont zu lösen. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte er sich… frei.
Die Planken knarrten unter dem Druck der Wellen und das rhythmische Eintauchen der Ruder klang wie das Schlagen eines gewaltigen Herzens. Das Herz des Schiffes… oder der Männer… Roktyrr stand am Bug, ließ die Finger über das nasse Holz gleiten und sog jeden Atemzug ein. Die Sonne stand hoch am Himmel, brannte golden auf die See und brach sich in tausend funkelnden Splittern auf den Kämmen der Wellen. Wasser spritze auf ihn und kühlte seine erhitzte Haut und ließ Salz auf den Lippen zurück. Er lachte leise, nicht über etwas Bestimmtes, sondern einfach, weil er lebte, weil es so viel mehr war, als er sich je erträumt hatte.
Hinter ihm sangen die Männer, ein raues, tiefes Lied, das von Heimaten jenseits des Meeres erzählte und von Blut, das in der Fremde vergossen worden war. Manche Stimmen brummten schief, andere klangen wie Donner, doch zusammen ergaben sie eine rohe, gewaltige Harmonie. Roktyrr spürte, wie die Melodie sich in ihm festsetzte, wie sie den Schlag seines eigenen Herzens bestimmte.
Er hob den Blick zum Himmel. Keine Wolke nur der Himmel. Der Wind strich durch sein Haar und für einen Moment stellte er sich vor, der Himmel selbst rufe ihn…
“Gefällt dir, was du siehst?“
Die Stimme riss ihn aus den Gedanken. Es war Arok, der am Steuer stand, den Bart vom Wind zerzaust, seine Augen scharf und wachsam wie immer. Roktyrr drehte sich um mit einem Lächeln. “Es ist… mehr, als ich mir je vorstellen konnte. Frei. Endlos. Als würde nichts auf der Welt mich je wieder halten können.“ Sprach er ruhig und Deutlich begeistert.
Arok grinste und Lachte “So redet jeder beim ersten Mal. Doch merke dir,die See nimmt so viel, wie sie gibt.”
Roktyrr nickte, doch seine Augen verloren sich wieder in den Wellen. Er wusste, dass der Nordmann recht hatte. Doch in diesem Augenblick, unter Sonne, Wind und blauem Himmel, war er einfach… Roktyrr ap nep. Sohn von Niemanden.
Kapitel 5: Meine Geliebte, die See
Die Tage vergingen, während die Schiffe Kurs gen Osten hielten. Für Roktyrr vergingen die Stunden zu einem anblick von Sonne, Wind und Wasser. Jeder Morgen begann mit dem gleichen Geräusch. Das gleichmäßige Knarren der Ruder, das Flüstern der Segel, das Rufen der Möwen über dem Meer. Die Männer von Arok… nahmen ihn auf ihre Art auf. Rau, grob aber ehrlich. Einer reichte ihm einen Humpen mit Met, ein anderer lachte, als Roktyrr nach dem ersten Schluck hustete, weil die Süße und Stärke ihn fast überwältigten. Bald schon stimmte er in ihre Lieder ein, die von längst vergangenen Überfällen erzählten, von Frauen, Gold und dem Zorn der Götter. Von Helden wie Björn Eisenseite. Ragnar Lothbrok oder Sigurd dem Schlächter des Lindwurms.
Abends, wenn die Sonne blutrot am Horizont versank und das Meer im letzten Licht schien, lagerten sie am Deck, das Steuer in Aroks Händen fest, während die Männer um kleine Feuerstellen kauerten, die sie in eisernen Schalen entzündet hatten. Arok sprach wenig doch wenn er redete, lauschten alle. “Dein Vater, Sir Rhys,“ begann er eines Abends, als er Roktyrr gegenüber saß und den Met seines Horns betrachtete “War ein Fels in der Schlacht. Wir kämpften Seite an Seite bei Mynydd Carn… eine Hölle aus Blut und Stahl. Er führte seine Männer, als wären sie seine Brüder. Keine Sklaven oder untergebene. Er behandelte seine Diener gut. “
Roktyrr hörte schweigend zu. Sein Herz war schwer. Der Mann, von dem Arok sprach, klang nicht wie der Vater, den er kannte… oder besser…den er nie wirklich gehabt hatte. Für ihn war Sir Rhys ein Schatten gewesen, ein Säufer… ein Fluch. Die Worte brannten in Roktyrr, doch er antwortete nicht. Stattdessen ließ er den Blick zum Sternenhimmel wandern, wo das Firmament sich wie ein endloses Zelt über die See spannte. Er hatte nie so viele Sterne gesehen, so klar… so nah und doch so fern. Einer der Männer begann ein Lied, tiefer, ruhiger als sonst. Es erzählte nicht von Raubzügen, sondern von Heimat: von Frauen, die am Ufer warteten, von Kindern, die mit offenen Augen den Wellen lauschten. Selbst die rauesten Nordmänner verstummten, ließen die Stimmen auf sich wirken.
Roktyrr legte sich schließlich zurück, den Kopf auf die Arme, das Deck hart unter dem Rücken und doch schlief er besser als je zuvor in all den Jahren. Das Meer wiegte ihn in den Schlaf und der Himmel schützte ihn. Die Sterne waren sein Zelt.
Es vergingen einige Wochen und er hätte nie gedacht, dass das Meer ein Lehrer sein könnte. Doch Tag für Tag lehrte es ihn mehr, als irgendein Hof oder Kloster es je gekonnt hätten.
Die Männer nahmen ihn nicht gerade so sanft auf wie gedacht…Schon am zweiten Morgen drückte ihm einer die hölzerne Stange des Ruders in die Hände “Zieh, Bastard!“ brummte er. Und Roktyrr zog. Stunde um Stunde, bis seine Arme brannten wie Feuer und die Schwielen an seinen Händen aufrissen. Er biss die Zähne zusammen und zog weiter. Bald schon lernte er den Rhythmus des Ruderns.
Später brachte man ihm bei, die Segel zu setzen. Er kletterte die Taue hinauf, der Wind riss an ihm und unter ihm gähnte die endlose Tiefe. Anfangs zitterten seine Beine, doch er klammerte sich fest und lernte, den Stoff richtig zu fassen, die Seile zu knoten. Ein falscher Griff, und das Segel konnte reißen und das Schiff kentern. Bald aber vertrauten sie ihm, wenn die Taue gelöst und wieder angezogen werden mussten.
Dann kamen die Waffen. Arok selbst stand vor ihm, eine Axt in der Hand, die er wie eine Feder schwang. “Dein Dolch hat dich gerettet,“ sagte er, “aber gegen Männer brauchst du mehr.“ Er gab ihm ein Schwert, schwer und grob, und trieb ihn an, Schlag auf Schlag. Er verlor oft, fiel zu Boden, schmeckte Blut auf den Lippen aber er half ihn immer wieder hoch. “Dein Vater hatte Feuer,“ sagte er. “Zeig mir, dass du es auch hast.“ Er lernte, den Schild zu heben, die Schläge auszuhalten, auch wenn seine Arme fast brachen.
Zwischendurch brachten ihm mir einfache Dinge bei, die doch über Leben und Tod entschieden: wie man Fische dfängt und ausnimmt, wie man ein Seil mit einem Knoten fixiert, der auch im Sturm hält, wie man am Himmel liest, in welcher Richtung Land zu finden ist. Er lernte Sterne zu lesen die ihn leiteten
Die Männer lachten über ihn, wenn er stolperte, wenn seine Hände noch zu weich waren. Aber er lachte zurück wie er es immer tat.
Tage und Nächte vergingen, während die Schiffe weiter nach Süden segelten. Das Meer blieb ihnen gnädig. Der Wind stand günstig, die Wellen waren ruhig, und die Sonne schien, als hätten die Götter selbst ihre Hand über die Langschiffe gelegt. Roktyrr gewöhnte sich mehr und mehr an das Leben auf See. Sein Körper war stärker geworden, die Bewegungen sicherer, und wenn er nachts auf dem Deck lag, fühlte er sich fast mehr als Teil des Meeres denn des Landes.
Eines Morgens tauchte am Horizont eine Stadt auf. Türme, Mauern und die hohen Dächer einer Hafenstadt, deren Banner im Wind flatterten. Händlerboote schwirrten wie Bienen um den Hafen, und aus der Ferne war schon das Läuten von Glocken zu hören.
“Heiliges Römisches Reich. Voller Händler, Gold und Bier.“ murmelte einer der Männer.
Die Schiffe legten an einem abgelegenen Dock an, fern von den Augen der Stadtwachen, die mit Argwohn auf die bärtigen Krieger blickten. Bald schon machten sich Gruppen von Männern auf, um Vorräte zu kaufen. Fässer mit Wasser, Pökelfleisch, Getreide, neue Taue und Harz für die Schiffe. Doch es blieb nicht nur bei Arbeit.
“Komm, Junge,“ sagte einer der Nordmänner, ein breitschultriger Geselle mit einer Narbe über dem Auge, der nur als Hrafn bekannt war. Ein fetter Seemann. Er klopfte Roktyrr auf die Schulter. “Es ist Zeit zu Trinken.”
Er führte ihn durch die engen Gassen zum Marktplatz, wo Händler ihre Waren feilboten, fremde Stoffe, gewürztes Fleisch, Keramik und feine Gläser, die Roktyrr nie zuvor gesehen hatte. Doch Hrafn hielt nicht an. Sein Ziel war eine Taverne nahe des Hafens.
Schon von draußen drang lautes Gelächter, das Klirren von Krügen und das Kreischen einer Laute heraus. Der Geruch von gebratenem Fleisch, Bier und Schweiß hing schwer in der Luft.
Drinnen herrschte ein wildes Treiben: Seeleute, Händler, Söldner und Frauen, die ihre Blicke verkauften, füllten den Raum. Am Feuer drehte sich ein ganzer Schinken und der Wirt schrie lauter als jeder seiner Gäste.
Hrafn stieß Roktyrr zur Theke. “Zwei Krüge, das Beste, was du hast!“ brüllte er dem Wirt entgegen, und kurz darauf stand vor Roktyrr ein Becher, so groß wie sein Unterarm, schäumend und schwer.
“Trink, Bastard.“ lachte Hrafn “das ist besser als alles Wasser, was du je aus einem Fluss geschluckt hast“
Roktyrr zögerte kurz, sein Vater starb schon lange bevor er damals von den Schuldnern zu Tode geprügelt wurde. Er starb an dem Tag als er beschloss seine Elendige Existenz mit Bier zu ertränken. Er fürchtete das Selbe Schicksal für sich selbst. Nach kurzer Zeit und Zweifeln hob er dann den Krug und nahm einen tiefen Schluck. Der bittere Geschmack brannte auf der Zunge, das Bier lief kühl die Kehle hinab und ein Husten entfuhr ihm, während die Männer ringsum lachten. Doch dann grinste er, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und trank noch einmal.
“So ist’s recht“ brüllte Hrafn und schlug ihm lachend auf den Rücken, dass er fast nach vorne taumelte “Heute Nacht lernst du, was es heißt, wirklich ein Mann der See zu sein.“
Die Taverne brodelte vor Stimmen, Gelächter und Musik. Roktyrr hatte den Krug kaum halb geleert, da erhob sich ein wüstes Geschrei aus einer Ecke. Ein breitschultriger Mann, halb betrunken, halb wütend, hatte eine Frau an den Arm gepackt. Sie wand sich, ihre Augen flehten stumm, während er gröhlte und sie zu sich zog.
Für einen Moment starrte Roktyrr nur: Einige lachten, andere schauten weg. Doch in ihm regte sich etwas, ein Funke, der sich sofort zu Flammen entfachte. Ohne zu überlegen, stellte er den Krug ab und drängte sich zwischen die beiden.
“Lass sie los,“ forderte er und die Faust schon geballt.
Der Mann blinzelte, erst ungläubig, dann grinste er schief. “Und wer bist du, Bursche?“ Er ließ die Frau los, nur um mit voller Wucht Roktyrr die Faust ins Gesicht zu treiben.
Ein Krachen und Roktyrr stürzte rückwärts zu Boden. Für einen Moment verschwamm die Welt, das Stimmengewirr verwandelte sich in ein dumpfes Dröhnen. Dunkle Erinnerungen flackerten in seinem Innern auf, Bilder, die er längst vergessen wollte.
Ich fiel in den Dreck und scheiße der Straßen in Rhosyr. Ich erinnere mich wie die Schuldner meines Vaters auf mich eintraten “Wir wollen unser Silber sehen, Bastard!” Brüllte der Grimmige Mann mich und versetzte mir noch einen Tritt in meine Magengrube. Sie Pissten auf mich und gingen fort. Irgendwann erhob ich mich und ging zurück zu unserem Haus. Die einzige Bleibe die uns Blieb als Vater von seiner Familie rausgeschmissen wurde weil er uns zeugte. Meine Ältere Schwester Rhyglyna erwartete mich bereits und Seufzte als sie mich sah “Schon wieder?” Fragte sie genervt mit einem Besorgten Unterton. Ich wischte ab und sagte das nichts sei und ging wieder aus dem Haus. Ich ignorierte ihre Rufe… ich weiß nicht mehr was mich dazu verleitete, doch ging ich zielstrebig zum König Gruffudd ap Cynan der zurzeit in Rhosyr verweilte um mit meinem Onkel Caerleon zu Reden. Jemand der mich nicht mochte. Die Wachen ließen mich durch und ging zu ihnen. Ich sah den Rest meiner Familie mit dem König Speisen am Warmen Feuer während ich für meine Schwester Stehlen musste um mal einen Tag nicht von Hunger geplagt zu werden. Ich räusperte mich “Entschuldigt mein König und Mein Onkel.” Sprach och und spürte schon in diesem Augenblick den Zornigen blick meines Onkels als ich mich leicht verneinte. “Ich erbitte euch meinen Herren um eure Gnade und eure Hilfe. Mein Vater diente euch gut mekn König.” begann ich und ging auf die Knie. Das einzige mal das ich vor jemanden knien würde. “Ich erbitte… Flehe euch gnädigs um eure Hilfe. Um Beistandschaft. Meine Schwester und ich Hungerten und Vater hinterließ uns nur Schulden. Gnädiger König ich fl…” Ein Faustschlag auf den Tisch unterbrach mich damals, gefolgt von Worten des Zorns und der Gleichgültigkeit des Königs. Er wies mich damals ab und schickte Mich fort. Ein König der Treue Dienste mit Verrat belohnte. Ich wusste von diesem Tag an das es keine Gerechtigkeit mehr geben würde für uns. Das der Adel sich nur für ihre belange interessieren würde. Ein Jahr nach Vaters Tod. Die Wachen meines Onkels zerrten mich aus der Halle. Mein blick schweifte zu Morcon und Askalnar. Meinen Halbbrüdern. Ich erinnerte mich an den Aufprall und den Zorn der mich überkam als die Wachen mich in den Hof warfen. Das Gefühl was ich verspürte war einfach… Zorn.
Mit einem Aufschrei rappelte er sich auf, spürte das Blut, das ihm aus der Nase rann, und stürzte sich auf den Gegner. Er wich dem nächsten Schlag knapp aus, schlug selbst zu, traf den Mann hart in den Bauch. Die Menge jubelte, rief seinen Namen, trommelte mit den Fäusten auf die Tische.
Der Kerl taumelte, fing sich, und sie gingen erneut aufeinander los. Schläge krachten, Holz splitterte, ein Tisch kippte um. Roktyrr spürte, wie seine Arme schwer wurden, seine Rippen schmerzten doch er hielt durch. Mit einem letzten, wütenden Hieb traf er den Mann am Kiefer.
Der Gegner stürzte rückwärts, krachte gegen eine Bank und blieb liegen, röchelnd, halb bewusstlos.
Stille. Einen Herzschlag lang starrten alle auf Roktyrr, dann brandete Jubel auf. “Roktyrr! Roktyrr! Der Bastard hat’s ihm gezeigt!“ Rufe, Lachen, Krüge, die hochgestemmt wurden.
Roktyrr stand keuchend da, die Fäuste noch geballt, den Blick hart und wild. In seinen Augen loderte ein Zorn.
Hrafn stürzte zu ihm, legte ihm brüllend lachend den Arm um die Schulter. “Ha! Das nenn ich einen ersten Kampf in der Taverne! Du hast Herz, Junge… und Feuer im Blut!“
Die Frau, die er verteidigt hatte, war verschwunden, im Gedränge untergetaucht. Doch Roktyrr wusste das spielte keine Rolle mehr. Nach einiger Zeit hatte sich die Taverne wieder beruhigt, doch für Roktyrr war nichts mehr wie zuvor. Er saß draußen am Hafen, die Faustknöchel aufgeschürft, die Nase schmerzte noch immer, und seine Kehle brannte vom Bier und Blut. Die Menge im Innern johlte noch immer über die Prügelei, doch Roktyrr war hinausgegangen, um frische Luft zu schnappen.
Schwere Schritte näherten sich. Er brauchte sich nicht umzudrehen denn er wusste, wer es war.
Arok.
Der Anführer der Nordmänner blieb neben ihm stehen, die Hände auf den Rücken gelegt, der Blick hinaus auf das dunkle Meer gerichtet. Einen Moment lang sagte er nichts. Nur das Knarren der Schiffe und das Schlagen der Wellen war zu hören.
“Man sagt, du hast dir heute Abend einen Namen gemacht,“ begann er schließlich “Einen Mann geschlagen, doppelt so groß wie du, weil er eine Frau belästigte.“
Roktyrr schwieg. Er fühlte Stolz aber auch die Wut, die immer noch in ihm brannte. Die Erinnerung an seinem Onkel.
Arok wandte sich ihm zu, die Augen scharf und prüfend “Aber sag mir, Junge… hast du gekämpft, weil es richtig war? Oder weil dein Zorn dich verschlungen hat?“
Roktyrr öffnete den Mund, doch keine Antwort kam. Die Bilder des Kampfes, das Blut, das Jubeln und die Erinnerungen, die ihn zu Boden gedrückt hatten… alles wirbelte durcheinander in ihm.
Arok kniete sich vor ihn, packte sein Kinn und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. “Ich habe viele Männer gesehen, die vom Zorn geformt wurden. Manche wurden Helden. Die meisten starben jung, blind vor Wut. Du hast Feuer, Roktyrr ap Rhys. Vergiss das nie.”
Er ließ ihn los und richtete sich wieder auf. “Ich prüfe nicht, ob du kämpfen kannst…
das weiß ich jetzt. Ich prüfe, ob du ein Krieger oder nur ein wütender Hund.”
Einen Moment herrschte Stille, dann legte Arok ihm schwer die Hand auf die Schulter. “Du hast mich nicht enttäuscht.”
Mit diesen Worten drehte er sich um und ging langsam zurück Richtung Taverne, das breite Kreuz im Feuerschein des Hafens.
Roktyrr blieb zurück, die Worte hallten in ihm nach. Und zum ersten Mal spürte er: es ging nicht nur darum, zu überleben. Es ging darum, zu werden.
Kapitel 6: Der vergangene Wunsch
Erster Eintrag im Tagebuch:
Monate sind vergangen, seit ich zum ersten Mal den Fuß auf Aroks Schiff setzte. Ich weiß nicht, wie viele Sonnen ich über dem Meer aufgehen sah, wie viele Stürme wir durchstanden oder wie viele Feuer ich von fern am Land brennen sah. Doch ich weiß, dass ich nicht mehr derselbe bin wie der Junge, der damals in Jórvik einem Händler den Beutel stahl.
Ich habe gelernt, ein Schild zu halten, selbst wenn mein Arm zitterte und brannte, und im Lärm der Schlacht die Ruhe zu finden, auf den richtigen Moment zu warten. Ich habe Blut gesehen… das Blut von Feinden, aber auch von Brüdern, die neben mir fielen.
Und ich habe gelernt, was es heißt, Teil einer Schar zu sein. Diese Männer, roh, wild und oft grausam, haben mich aufgenommen, als wäre ich einer von ihnen. Am Feuer teilten sie ihr Brot mit mir, ihr Bier, ihre Geschichten. Ich hörte von fremden Ländern, von Siegen und Niederlagen, von Frauen, die sie liebten und Frauen, die sie verließen.
Doch nicht alles konnte ich teilen.
Wenn sie Dörfer plünderten, zog ich mich zurück. Ich blieb an Bord, bei den Schiffen, sah die Rauchfahnen über den Hügeln und hörte die Schreie, die der Wind zu mir trug. Mein Herz wollte es nicht. Ich konnte Männer bekämpfen, die mir mit Schwert und Axt gegenüberstanden ja. Aber unschuldige Frauen und Kinder… das Blut Unschuldiger wollte ich nicht an meinen Händen tragen.
Manche lachten darüber, nannten mich weich. Doch Arok schwieg. Er sagte nur “Jeder Mann muss wissen, welche Last er tragen will. Deine ist nicht die meine aber vielleicht schwerer.“
Ich habe gelernt, das Meer zu lesen: den Wind zu spüren, die Wellen zu deuten, den Sternen zu folgen, wenn alle Küsten verschwinden. Ich weiß jetzt, wie man Vorräte hütet, wie man ein Schiff flickt, wenn die Planken brechen, und wie man überlebt, wenn die See dir nichts schenkt.
Und am meisten habe ich gelernt, wer ich selbst bin oder ehrlicherweise gesagt: wer ich nicht sein will. Ich bin kein Räuber, der wehrlose Dörfer niederbren…
Ein Klaps auf die Schulter riss Roktyrr aus seinen Gedanken und vom Schreiben. Arok blickte auf ihn herab. Das Feuer knisterte, Funken stiegen in die kalte Nacht. Die Männer lachten, tranken und erzählten wie immer nach einem erfolgreichen Zug. Doch Roktyrr saß etwas abseits, das Schwert auf den Knien, den Blick in die Flammen gerichtet. Er hatte wieder nicht geplündert, hatte wieder nur am Schiff gewartet und geschrieben bis der Lärm und das Feuer verklangen.
Arok setzte sich neben ihn, schwer wie ein Fels, und schwieg einen Augenblick. Nur das Knistern der Holzscheite und das Rufen der Männer im Hintergrund begleiteten sie.
“Du bist deinem Vater ähnlicher, als du es glauben willst.“ sagte er schließlich, leise, aber bestimmt.
Roktyrr wandte den Kopf, überrascht zu ihm “Wie meinst du das?“
Arok starrte in die Glut. “Rhys Pen’draig war kein Mann, der Unschuldige schlachtete. Er kämpfte gegen Krieger, gegen Männer, die Waffen trugen und bereit waren, zu sterben. Er hielt an einem Ehrenkodex fest, selbst wenn andere ihn dafür verspotteten. Du bist wie er… ob du es willst oder nicht.“
Die Worte trafen Roktyrr tief. Er wollte es nicht zeigen, doch in seinem Innern regte sich etwas… ein Bild, ein Wunsch, der schon lange schlummerte. Ein Ritter. Nicht als Bastard, nicht als Ausgestoßener, sondern anerkannt, geehrt, stark genug, sich seinen Platz zu verdienen. Damals als Kind wollte er ein Ritter sein wie in den Geschichten seines Vaters die er erzählte. Die von ihm selbst und die der Ritter von Camelot. Er vergaß diesen Wunsch Lange…
“Eines Tages…“ murmelte Roktyrr, “…kehre ich nach Wales zurück. Und dann… dann werde ich beweisen, dass auch ich ein Ritter sein kann.“ Er sah hinauf zu den Sternen und der Gedanke brannte wie ein Versprechen in ihm.
Da erklang ein Lachen neben ihm. Jorund, ein breitschultriger Nordmann mit wettergegerbtem Gesicht, ließ sich in den Kreis fallen und klopfte Roktyrr schwer auf die Schulter.
“Ein Ritter, ja?“ witzelte er und grinste breit. “Nun, wenigstens fällst du nicht mehr bei jedem Schlag um wie ein Sack Getreide. Aber ein Ritter? Dafür musst du noch lernen, ein richtiger Krieger zu werden. Sonst reiten sie dich in Wales gleich wieder hinaus… wenn du nicht vorher von einem ordentlichen Kämpfer erschlagen wirst.“
Die Männer ringsum lachten laut, doch es war kein Spott, sondern das rauee Lachen von Brüdern. Roktyrr grinste, wenn auch mit brennenden Wangen, und schlug Jorund spielerisch mit dem Ellenbogen in die Seite.
Doch in seinem Herzen nahm er die Worte ernst. Ritter. Ja. Er würde ein Ritter werden. Nicht heute, nicht morgen… aber eines Tages hoffte er. Und bis dahin würde er lernen, kämpfen und sich als würdig beweisen.
Kapitel 7: Der Ruf aus der Goldenen Stadt
Ein Jahr war vergangen. Die See hatte Roktyrr weiter getragen, weiter als er je geglaubt hätte. Von den Küsten Schottlands, über die weiten Wasser des Mittelmeers, bis hierher, in das brennende Herz Siziliens. Arok und seine Männer hatten sich der Warägergarde angeschlossen, einer Schar von Nordmännern und anderen Kriegern, die im Sold des Kaisers von Byzanz standen. Sie kämpften nicht mehr nur für Beute, sondern für Gold, für Ruhm und für den Klang ihres Namens, der von allen gefürchtet wurde.
Vor ihnen erhob sich die Stadt, deren Mauern wie steinerne Zähne gegen den Himmel ragten. Überall Rauch, Schreie, das Dröhnen von Belagerungsmaschinen. Byzantinische Banner flatterten im Wind, Trommeln wirbelten, Hörner gellten. Die Sonne brannte heiß, die Luft roch nach Salz, Staub und Blut.
Roktyrr stand auf einem Hügel bei den Kriegern der Warägergarde. Doch er hielt kein Schwert in der Hand. Auf seinem Rücken hing ein Bündel Pfeile, in seinen Händen ein Bogen. Bogenschütze. Es war Arok gewesen, der erkannt hatte, dass seine Schnelligkeit und seine Augen im Kampf mehr wert waren als roher Hieb mit der Axt.
“Halt dich hoch, Junge!“ hatte Arok ihm gesagt, als er ihm den Bogen überreichte. “Deine Pfeile werden mehr Männer zu Hel schicken, als du je mit einer Klinge erreichen kannst.”
Nun stand Roktyrr da, die Finger am Sehnenholz, den Blick auf die Mauer gerichtet. Er spürte, wie die Hitze auf seiner Haut brannte, wie Schweiß seine Stirn hinablief. Neben ihm spannte ein Mann nach dem anderen die Sehnen ihrer Bögen, das Pfeifgeräusch der Pfeile mischte sich in den Donner der Schlacht.
“Zielt!“ rief Arok und Roktyrr hob den Bogen, atmete tief und ließ den ersten Pfeil fliegen. Er sauste durch die Luft, fand das Fleisch eines Mannes auf der Mauer. Der Krieger taumelte, schrie und fiel. Das erinnerte ihn an seinen ersten Mann den er das Leben stahl. Diesen Normanischen Soldaten. Er weiß noch das damals ein angesehener Kaufmann ihn um die Hand seiner Schwester bat. Er stimmte zu mit dem Glauben das seine Schwester ein gutes und vkrallem besseres Leben führen könne als er ihr bieten konnte. Rhyglyna rief Worte des Zornes nach mir als sie erfuhr das ich sie praktisch wie Vieh verkaufte. Am Tag ihrer Hochzeit erfuhr ich wie ein Normanne sie verschleppte und seine “Rechte” nutzte. Einige Tage nachdem dies Geschah fand ich ihn. Diesen Normannen. Ich schlich mich von hinten heran und erstach ihn während er versuchte sich zu erleichtern. Ich stach erneut auf ihn. Solange bis er nicht mehr vor Schmerzen Schrie. Solange bis mein Dolch in ihm Entgültig versank. Ich floh am selben Tag. Ohne nach meiner Schwester zu sehen. Ohne um ihr wohl zu sehen. Ich floh mit 14 aus meiner Heimat wegen Mord. Ob sie noch lebt und mir vergeben hat?
Plötzlich schlug ein Stein aus einer Schleuder nur wenige Schritte entfernt in die Erde und riss ihn seinen Gedanken. Erde und Splitter regneten auf ihn herab. Ein Mann neben ihm wurde von einem Bolzen getroffen, brach zusammen. Roktyrr spürte, wie die Panik in ihm hochkroch und doch er schoss er weiter. Er griff den nächsten Pfeil, spannte, zielte undließ los. Ein Gegner, der gerade einen Stein vom Wehrgang hob, fiel rückwärts in die Tiefe hinab.
Unten im Gedränge erkannte er Arok. Der Hüne schwang die Axt wie ein Sturm, seine Männer um ihn brüllten den Kriegsschrei einen Kriegsschrei über Walhall. Roktyrr spürte, wie die Kraft dieser Krieger ihn trug, auch wenn er nicht mitten in den Reihen stand. Er war ein Teil davon… ein anderes Glied derselben Kette die sie miteinander verband.
Nach einiger Zeit verstummte das Donnern der Belagerungsmaschinen. Rauch hing noch immer schwer über den Feldern und der Gestank von Blut und verbranntem Holz brannte in der Luft. Die Stadtmauern waren gefallen, die Beute verteilt, die Toten geborgen.
Roktyrr saß erschöpft an einem Feuer, den Bogen neben sich, den Kopf schwer. Seine Finger waren wund vom Spannen der Sehne, die Haut voller Blasen. Doch er lebte und er hatte gekämpft. Sein Herz schlug ruhig, aber stolz.
Arok trat zu ihm, den Schritt schwer, aber voller Kraft, wie immer. Er setzte sich ohne ein Wort, reichte ihm ein Horn mit Wein. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, nur das Knacken des Feuers zwischen ihnen.
Dann sprach Arok, seine Stimme leiser als sonst, aber fest “Du hast dich heute bewiesen, Roktyrr. Als Krieger. Hätte dein Vater dich so gesehen, hätte er stolz auf dich sein müssen. Auch wenn er es dir nie gezeigt hätte.“
Roktyrr blickte auf, überrascht. Arok sah ihn ernst an, die grauen Augen scharf, doch darin loderte ein Glanz, der beinahe wie Zuneigung wirkte.
“Für mich…“ fuhr der Nordmann fort “bist du längst mehr als ein Bastard, mehr als ein Dieb, mehr als ein Junge, den wir in Jórvík aus dem Dreck gezogen haben. Für mich bist du ein wie ein… ein… Sohn.“
Die Worte trafen Roktyrr tief. Er wollte antworten, doch seine Kehle schnürte sich zu. So lange hatte er nach Anerkennung, nach Zugehörigkeit gesucht und jetzt saß dieser alte Krieger vor ihm und sprach die Worte, die er von seinem eigenen Vater nie gehört hatte.
Schließlich nickte Roktyrr nur. Ein leises, raues “Danke… Vater“ entkam seinen Lippen, kaum hörbar aber Arok verstand es.
Der Nordmann grinste breit, klopfte ihm schwer auf die Schulter, dass er beinahe nach vorne kippte. “Ha! So ist es recht, Roktyrr Arokson, nun… rüste dich. Morgen ziehen wir weiter. Die Warägergarde wird zurück nach Konstantinopel berufen. Dort erwartet uns mehr Gold, mehr Ruhm und für dich vielleicht die Chance, deinen Weg zu finden. Ritter, Krieger, Bastard oder Sohn in der Goldenen Stadt offenbart sich dein Schicksal was vorherbestimmt wurde.“
Roktyrr hob den Blick zum Sternenhimmel über Sizilien. Konstantinopel, die Königin der Städte, von der die Männer seit Monaten sprachen. Vielleicht war es dort, wo er endlich seinen Platz findem würde.
Einige Zeit verging als die Sonne blutrot über dem Hafen stand, als die Langschiffe der Warägergarde die Segel setzten. Sizilien lag hinter ihnen, verbrannte Felder und geborstene Mauern nur noch ein Schatten am Horizont. Im Hafen knarrten die Taue, Möwen kreischten, und die Männer stimmten ein Lied an. Wieder roh, tief, getragen von Stimmen, die den Wind übertönten.
Roktyrr stand am Bug, die Hände am nassen Holz, und spürte, wie das Schiff langsam aus dem Hafen glitt. Das Mittelmeer breitete sich vor ihm aus… so endlos, blau und golden im Abendlicht, als hätten die Götter selbst es mit flüssigem Feuer übergossen. Als würde Surtr Midgard nun verbrennen wie vorherbesimmt
Die Reise begann ruhig. Tage lang fuhren sie an den Küsten vorbei, sahen ferne Inseln wie dunkle Juwelen im Meer liegen, hörten von den Märkten, den Palästen und Kirchen, die in den Städten dieser Länder warteten. Händlerboote kreuzten ihren Weg, bunte Segel flatterten, und fremde Sprachen klangen über die Wellen.
Die Männer arbeiteten in Schichten: rudern, Segel setzen, Taue flicken, das Deck reinigen. Roktyrr lernte mehr und mehr über das Schiff, wusste nun welche Seile man nie aus den Augen lassen durfte. Nachts lag er an Deck, die Sterne über sich, und lauschte den Geschichten der Älteren. Geschichten von Konstantinopel, der Königin der Städte, die Goldene Stadt wo Paläste aus Marmor standen und Kuppeln aus Gold im Sonnenlicht strahlten.
Einmal, mitten auf See, erlebten sie einen kurzen Sturm. Schwarze Wolken zogen auf, der Wind peitschte die Segel, das Schiff tanzte auf den Wellen wie ein Blatt. Roktyrrs Herz raste, als er die Taue packte, während das Wasser über das Deck schlug. Doch Arok lachte nur, brüllte Befehle gegen das Heulen des Windes und stand am Steuer, als wollte er die See selbst herausfordern. Und am Ende, als die Sonne wieder durch die Wolken brach, fühlte Roktyrr etwas, das er kaum beschreiben konnte: Stolz, weil er nicht gezittert hatte.
Wochen vergingen. Das Mittelmeer war nicht gnädig, aber auch nicht grausam. Sie rochen den Duft fremder Inseln, wenn der Wind günstig stand, und einmal sogar das ferne Grollen eines Vulkans, dessen Asche wie ein Schleier am Himmel hing.
Dann, eines Morgens, als der Nebel sich über die Wellen legte, rief ein Mann am Ausguck: “Land! Land voraus!“
Und da lag sie. Fern, aber unübersehbar: die gewaltigen Mauern und Türme Konstantinopels. Die Sonne stieg hinter ihnen auf, vergoldete Kuppeln der Kirchen, und das Wasser spiegelte die Pracht der größten Stadt der bekannten Welt.
Roktyrr hielt den Atem an. So hatte er sich nie eine Stadt erträumt. Und in seinem Herzen wusste er hier würde sich sein Weg entscheiden.
Die Schiffe glitten in den Bosporus hinein, das Wasser schimmerte Golden unter der aufgehenden Sonne. Vor ihnen ragten die Mauern Konstantinopels gewaltig auf, größer und mächtiger als alles, was Roktyrr je gesehen hatte. Sie schienen das Meer selbst zu teilen, wie der Rachen eines riesigen Drachen.
“Bei Thor…“ murmelte einer der Männer ehrfürchtig. Selbst die rauesten Nordmänner verstummten einen Moment.
Als sie in den Hafen einfuhren, wurde das Schweigen von einem Donnern aus Stimmen, Hämmern und Rufen ersetzt. Der Hafen von Konstantinopel war wie eine eigene Welt: Hunderte Schiffe aus allen Ecken der bekannten Welt lagen dicht gedrängt, Segel aus fremden Ländern flatterten im Wind genuesische Handelsschiffe, byzantinische Dromonen, Händler brüllten in dutzenden Sprachen, die Luft roch nach Gewürzen, Teer, Fisch und fremdem Rauch.
Die Waräger lenkten ihre Schiffe an ein langes Steinbollwerk, wo byzantinische Offiziere in goldbestickten Tuniken bereits warteten. Befehle hallten über den Hafen und sofort begannen die Männer, die Ladung zu räumen: Waffen, Schilde, Rüstungen, Säcke mit Beute und Vorräten.
Roktyrr packte mit an. Das Holz des Schiffs knarrte, als sie die schweren Truhen an Land hievten. Schweiß lief ihm den Rücken hinab, doch er achtete kaum darauf. Seine Augen waren überall: auf den hohen Türmen, deren Dächer in der Sonne glänzten, auf den Straßen voller Menschen aus allen Ländern der bekannten Welt. Griechen, Armenier, Slawen, Syrer, selbst Männer mit schwarzer Haut, die er noch nie zuvor gesehen hatte.
Über allem ragten die Kuppeln der Kirchen, gewaltig und golden. Besonders eine, die Hagia Sophia erhob sich wie ein Berg aus Stein, ihre Kuppel funkelte wie die Sonne selbst.
“So sieht also die Welt aus…“ flüsterte Roktyrr.
Neben ihm lachte Jorund laut. “Das, mein Junge, ist Konstantinopel! Hier findest du mehr Gold, mehr Wein und mehr Frauen, als du in zehn Leben leisten könntest.“
Doch Arok, der am Ende des Stegs stand, die Hände in die Hüften gestützt, blickte ernster. “Und mehr Tod, als ein ganzes Heer Männer durchschauen kann“ brummte er. Dann wandte er sich an seine Männer. “Räumt alles aus, und haltet die Augen offen. Dies ist keine Dorfkneipe in Northumbria. Macht keinen Ärger!!“
Roktyrr nickte stumm. Doch in seinem Innern brannte ein Feuer. All die Jahre hatte er sich nach einem Ort gesehnt, wo er sich beweisen konnte. Und nun stand er in der größten Stadt der Welt.
Nachdem die Schiffe geleert waren und die Vorräte sicher verstaut waren, erhielten die Männer ein paar Stunden, um sich in der Stadt zu bewegen. Arok mahnte sie zur Vorsicht, die Waräger waren gefürchtet, aber auch begehrt für Schlägereien, Raufhändel oder Schlimmeres. Doch Roktyrr konnte nicht länger stillstehen.
Er schlüpfte durch das Hafenviertel hinaus in die Straßen. Schon nach den ersten Schritten fühlte er sich wie in einer anderen Welt.
Überall sah mann Leben. Händler riefen in Sprachen, die er kaum verstand, priesen Seide aus Persien, Wein aus Kreta, Gewürze aus Indien. Farben, Gerüche und Stimmen mischten sich zu einem tumumt, der ihn schwindeln ließ. Frauen in bunten Gewändern mit verschleierten Gesichtern huschten vorbei, Mönche in dunklen Kutten beteten leise, während Soldaten in glänzenden Schuppenpanzern patrouillierten.
Die Häuser waren aus Stein, höher und reicher, als er sie je gesehen hatte. Fresken schmückten die Mauern, Mosaike glitzerten im Sonnenlicht. In den Gassen roch es nach Weihrauch, nach gebratenem Fleisch und auch nach dem Schmutz, der sich überall zwischen den Pflastersteinen sammelte.
Roktyrr blieb stehen, als er zum ersten Mal die Hagia Sophia sah. Ihre gewaltige Kuppel ragte wie eine zweite Sonne über die Stadt, und das Gold darauf blendete ihn fast. Menschen aus allen Ländern strömten hinein und hinaus. Für einen Moment vergaß er, dass er ein Fremder war unf er fühlte sich wie ein kleiner Junge, der die Tore einer anderen Welt durchschritt.
Er lief weiter, die Augen überall, sog alles auf. Straßenkünstler spielten Musik, Kinder jagten sich lachend zwischen den Beinen der Menge und über allem erhoben sich die Rufe der Händler wie das Brausen eines Meeres.
Doch er sah auch die Schatten. Arme Bettler, die vor den Mauern der Kirchen knieten. Sklaven, die von ihren Herren mit Stricken durch die Gassen geführt wurden. Und er spürte die Blicke anderer. Neugierig, argwöhnisch, manchmal feindselig. Die Waräger waren bekannt; ein junger Fremder mit nordischem Haar und walisischem Gesicht fiel auf wie ein Wolf unter Schafen.
Als er schließlich in eine ruhigere Straße trat, blieb er stehen. Er atmete tief durch. All das, was er sah, war überwältigend. Er war ein Bastard, ein Dieb, ein Sohn ohne Vater gewesen. Jetzt stand er in der größten Stadt der Welt. Sohn eines Kriegers.
Roktyrr wanderte weiter durch die endlosen Straßen. Das Treiben um ihn herum wirkte plötzlich gedämpft, als hätte die Stadt für einen Augenblick ihren Lärm zurückgenommen, nur für ihn. Seine Finger glitten an die Kette unter seinem Hemd, bis er den kleinen Anhänger berühren konnte. Den Wolfszahn.
Er hielt ihn fest. Spürte die glatte, abgenutzte Form, die ihn an jenen Kampf im Wald erinnerte, damals, als er zum ersten Mal einem Wolf gegenüberstand. Damals hatte er nur überlebt. Heute war der Zahn mehr als nur eine Trophäe. Es war sein Zeichen.
Er dachte an Arok. An die Geschichten, die der alte Krieger am Feuer erzählt hatte, von Odin, von Thor, von Freyja und Loki, von Schlachten, in denen die Götter selbst anwesend schienen. Geschichten, die mit jedem Wort mehr Leben in sein Herz brachten, als es die kalten Predigten der Priester in Wales je getan hatten.
“Die Götter prüfen uns.“ hatte Arok einmal gesagt “Nmicht mit leeren Versen, sondern mit Prüfungen. Wer besteht, gehört zu ihnen.“
Roktyrr schloss die Hand fester um den Wolfszahn. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er, dass er nicht verloren war. Dass etwas über ihm stand, nicht als strenge Kirche, die ihn als Heiden verachtete, nicht der Adel die ihn als Bastard beschimpften…
Onkel… sondern als jemand der vllt einem Ort zum Leben fand.
Und doch… seine Gedanken schweiften zurück nach Wales. Zu den grünen Hügeln, zu den Burgen, deren Banner er noch immer vor sich sah, zu Sir Rhys, seinem Vater. Ein Ritter, ein Mann, den er liebte und hasste zugleich.
“Eines Tages…“ dachte er, während er durch die Straßen schritt “Eerde ich zurückkehren. Mich würdig erwiesen haben aals Ritter. Als Mann, der sein Schicksal selbst gewählt hat.“
Die Sonne spiegelte sich auf den goldenen Kuppeln und der Lärm der Menge schwoll wieder an. Doch Roktyrr spürte in diesem Moment nur die Kette auf seiner Brust, den Wolfszahn, das Herz, das in ihm brannte.
Er hatte einen Glauben gefunden. Einen Weg. Und vielleicht ein Ziel.
Roktyrr wanderte noch immer gedankenverloren durch die Straßen, die Finger am Wolfszahn, als plötzlich eine tiefe Stimme hinter ihm rief:
“Da bist du ja, Junge! Wir haben dich schon gesucht!“
Es war Hrafn, der grobe Nordmann mit der Narbe über dem Auge. Er stapfte durch die Menge wie ein Bär, stieß Händler und Bettler beiseite, bis er Roktyrr erreicht hatte. “Komm! Die Männer sind schon in einer Taverne. Es wird gesoffen, gesungen und du sollst dabei sein!“
Roktyrr nickte langsam. “Ch komme.“
Er ging zurück zum Hafen, wo sein Rucksack lag. Darin seine wenigen Habseligkeiten, sein abgetragenes Gewand, ein kleines Messer, ein Stück altes Lein, das er seit Jahren mit sich trug. Dazu seine Rüstung, das Kettenhemd, das ihm ein Krieger überlassen hatte und sein Bogen mit dem Köcher voller Pfeile. Alles packte er zusammen, schnallte es auf den Rücken.
Während die Männer lärmend und lachend Richtung Taverne stapften, folgte Roktyrr schweigend. Jeder Schritt schwer, nicht von Müdigkeit, sondern weil seine Gedanken noch bei dem waren, was er gespürt hatte. Den Göttern, seiner Heimat, seinem Versprechen an sich selbst.
Das Gelächter der Krieger hallte durch die Gassen, Stimmen voller Kraft und Übermut. Doch Roktyrr hörte es wie aus der Ferne. In seinem Innern war er bei sich selbst, ein Junge, der zu einem Mann geworden war, ein Bastard, der zum Krieger gereift war.
Und während er den Riemen seines Rucksacks zurechtrückte, den Bogen über der Schulter spürte und den kalten Wolfszahn auf seiner Brust, wusste er: Dieser Weg war erst der Anfang. Die Taverne lag im Hafenviertel, nicht weit von den Docks, wo die Schiffe lagen. Schon von der Gasse aus war das Johlen und Singen zu hören. Der Geruch von Bratenfett, Rauch und Wein hing in der Luft und als Roktyrr eintrat, schlug ihm ein Sturm aus Stimmen entgegen.
Die Waräger hatten die Stube längst erobert. Bänke waren voll besetzt, Krüge stapelten sich, Frauen saßen lachend auf den Knien der Männer und ein Lautenspieler versuchte vergeblich, die gröhlenden Stimmen zu übertönen.
“Roktyrr!“ brüllte einer, als er eintrat, und ein Chor von Stimmen wiederholte seinen Namen. Hrafn packte ihn bei den Schultern und drückte ihm ein Necher in die Hand. “Trink, Bastard! Auf unseren Sieg und jene dien noch kommen würden!“
Roktyrr setzte an, der süße, starke Wein brannte in der Kehle und die Männer brüllten vor Zufriedenheit.
Er ließ sich an einer Bank nieder, legte seinen Rucksack und den Bogen neben sich, die Rüstung auf den Boden. Um ihn herum tobte das Fest: Würfel klackten über Tische, zwei Männer rangen lachend auf dem Boden, während die Menge sie anfeuerte und ein alter Nordmann sang ein Lied von fernen Fjorden, das die Stimmen der anderen übertönte.
Roktyrr trank, aß ein Stück gebratenes Lamm, lachte sogar, als einer der Männer versuchte, mit viel zu viel Wein im Bauch noch zu tanzen. Doch immer wieder glitten seine Finger an den Wolfszahn unter seinem Hemd. Während die anderen prahlten und sangen, dachte er daran, was Arok vor langer Zeit gesagt hatte… Dass er seinem Vater ähnelte, dass er mehr sein konnte als ein Bastard.
Einmal traf sein Blick Arok, der am Kopf der Tafel saß. Der alte Krieger trank, lachte, aber seine Augen ruhten auf Roktyrr. Stets wachsam, prüfend, fast wie die eines Vaters, der wissen wollte, ob sein Sohn in dieser Welt bestehen konnte.
Jorund setzte sich neben ihn, schob ihm eine Schüssel mit Brot zu und grinste breit. “Siehst du, Junge? Hier gehört dir was. Nicht wie in Wales oder Jorvik wo du nur ein Schatten warst. Hier bist du einer von uns.“
Roktyrr nickte still, hob den Becher und trank.
Die Nacht wurde lang. Die Stimmen lauter, das Lachen gröber, und der Wein floss, als wäre er endlos. Roktyrr war mittendrin und doch war ein Teil von ihm abseits in Gedanken an Wales, an seine Zukunft, an den Schwur, den er tief in sich trug. Seine Schwester. Seinen Vater aus Geschichten. An den Mann der für ihn wie einer wurde.
Nach einiger Zeit waren die Geräusche aus der Taverne längst verklungen. Die Taverne, die noch vor Stunden vom Grölen der Waräger und dem Klirren der Krüge bebte, lag nun still. Nur das Knacken der letzten Glut im Kamin und das Schnarchen betrunkener Krieger erfüllten den Raum. Überall lagen Männer auf Bänken, unter den Tischen, zusammengesunken an den Wänden.
Roktyrr saß allein am Ende der Tafel, den Becher in der Hand, in dem nur noch ein Rest Wein glänzte. Sein Kopf war schwer, aber nicht vom Trinken sonderm vom Denken.
Er ließ den Blick schweifen. Die Krieger, die er Brüder nannte, schliefen tief, das Lachen und Grölen der Nacht war zu Träumen geworden. Arok, Jorund und Hrafn… alle atmeten schwer, wie Männer, die nichts zu fürchten hatten.
Roktyrr jedoch fühlte keine Ruhe.
Seine Finger glitten wie so oft an die Kette um seinen Hals, bis sie den Wolfszahn berührten. Er sah ihn an, ließ ihn im fahlen Licht der Feuerreste glitzern. Erinnerungen drängten sich auf: Wales, die grünen Hügel, das kalte Haus seines Vaters, die Straßen von Jórvik, der erste Schritt an Bord von Aroks Schiff. Und nun: Konstantinopel. Die größte Stadt der Welt.
Doch in ihm loderte ein anderer Gedanke.
Das ist nicht mein Ende. Ich bin kein Waräger für immer. Ich habe einen Schwur geleistet… nach Wales zurückzukehren, meinen Namen reinzuwaschen und ein Ritter zu werden.
Langsam erhob er sich, leise, damit keiner erwachte. Er griff nach seinem Rucksack, schnallte die Rüstung über, legte den Bogen und den Köcher über die Schulter.
Noch einmal blickte er zurück. Die Taverne voller Männer, die ihn aufgenommen hatten, die ihm Bruder, Lehrer, fast Familie geworden waren. Besonders Arok, der ihn wie ein Sohn behandelt hatte.
Sein Herz schmerzte bei dem Gedanken, einfach zu gehen. Doch er wusste: sein Weg lag nicht hier. Nicht in Konstantinopel.
Ohne ein Wort, mitten in der Nacht, trat er durch die knarrende Tür hinaus in die Straßen. Der Mond hing über der Stadt, die Gassen waren still, nur fern hörte er das Rufen der Wachen auf den Mauern.
Roktyrr zog die Kapuze seines Mantels hoch, griff den Wolfszahn unter seinem Hemd und ging. Wohin, wusste er noch nicht. Aber fort. Sein eigener Weg hatte begonnen.
Kapitel 8: Die Lange Reise nach Westen
Die Gassen lagen still, nur wenige Laternen flackerten im Wind. Roktyrr hielt den Mantel eng um die Schultern, den Bogen unter dem Stoff verborgen, den Rucksack festgezurrt. Jeder Schritt hallte leise auf dem Pflaster. Sein Herz pochte schneller als sein Schritt, nicht aus Angst, entdeckt zu werden, sondern aus der Wucht der Entscheidung die er eif traf.
Er schlich durch enge Seitenstraßen, vorbei an bettelnden Gestalten, die im Schatten schliefen und Händlern, die ihre Waren für den Morgen vorbereiteten. Über den Dächern erhob sich die Kuppel der Hagia Sophia, golden im Licht des Mondes, wie ein letztes Mahnmal der Stadt, die er zurückließ.
Am Stadttor standen Wachen. Byzantinische Soldaten mit Speeren und Schuppenrüstungen. Sie sprachen träge miteinander, lachten leise und die Nacht war ruhig und niemand erwartete, dass ein Fremder die Stadt verlassen wollte.
Roktyrr wartete, bis eine Kutsche ankam und die Männer ihre Aufmerksamkeit abwandten. Dann schob er sich unauffällig in deren Schatten, den Kopf gesenkt. Einen Herzschlag lang glaubte er, das Klirren seiner Kette würde sie verraten und doch er kam durch.
Hinter dem Tor öffnete sich das Land. Weite Felder, Olivenhaine und ferne Hügel im Mondlicht. Kein Hafenlärm, keine Rufe, nur Grillen und das Wispern des Windes.
Roktyrr atmete tief durch. Zum ersten Mal seit Monaten war er wieder allein.
Er schlug den Weg entlang der Küste ein, den Blick nach Westen gerichtet. England lag fern, jenseits von Ländern, Bergen und Meeren doch in seinem Herzen war es nah. Wales. Seine Heimat. Dort würde er zurückkehren, dort würde er sich beweisen.
Doch fürs Erste brauchte er ein Ziel, ein einfaches. Ein Dorf, eine Siedlung, irgendwo in Reichweite, wo er Nahrung und Wasser finden konnte. Er wanderte, die Schritte gleichmäßig, den Wolfszahn in der Hand, den Blick auf die Sterne, die ihm den Weg wiesen.
Die Nacht war lang, aber sein Entschluss gab ihm Kraft. Roktyrr war kein Bastard mehr, der in den Schatten lebte. Er war ein Wanderer zwischen Welten, ein Krieger auf der Suche nach seiner Bestimmung.
Und England wartete.
Die Sonne war längst aufgegangen, als er die Felder erreichte. Die Nacht hatte er wandernd hinter sich gelassen, die Sterne waren ihm treu gewesen, und nun lag vor ihm etwas Neues: ein Dorf, klein, aber voller Leben.
Es war kein befestigter Ort, kein Bollwerk aus Stein wie die Städte, die er von der Ferne gesehen hatte. Nein… hier standen… einfache Häuser aus Lehm und Holz, Dächer aus Stroh, kleine Zäune, die Gärten und Ziegen umschlossen. Rauch stieg aus Schornsteinen, der Geruch von frisch gebackenem Brot und feuchter Erde hing in der Luft.
Er blieb stehen, stützte sich auf seinen Bogen und spürte ein eigenartiges Ziehen in der Brust. Es war nichts Besonderes… nur ein Dorf… Aber für ihn war es etwas Großes… ein neuer Ort… voller neuer Menschen, ein Stück Welt, das er noch nie gesehen hatte.
Kinder rannten lachend zwischen den Hütten umher, ein Hund bellte, Frauen schöpften Wasser aus einem Brunnen, während alte Männer mit gebeugten Rücken die Felder bearbeiteten. Er hörte eine Sprache, die er nicht verstand, aber ihre Melodie war weich, fließend, ganz anders als das raue Nordisch oder das schneidende Walisisch seiner Heimat.
Manche warfen ihm Blicke zu. Fremd war er ihnen ohne Zweifel: jung, groß, mit dunklem Haar und Mantel, mit Bogen und Schwert. Er konnte sehen, wie Mütter ihre Kinder näher an sich zogen, wie Männer ihre Werkzeuge festhielten, als wären sie Waffen.
Er hob die Hand, eine einfache Geste, wie er es von Arok gelernt hatte. Offen, ohne Drohung. Ein alter Bauer, sein Bart weiß und sein Rücken krumm, trat näher, die Stirn in Falten gelegt. Er musterte ihn, sprach einige Worte, die er nicht verstand. Er schüttelte den Kopf, legte die Hand auf seine Brust und versuchte wenige Worte auf Griechisch “Ταξιδιώτης. Ειρήνη. Νερό.“
Es dauerte einen Augenblick, dann nickte der Alte. Mit einer Geste bedeutete er ihm, ihm zu folgen. Die anderen schauten weiter misstrauisch, doch niemand hielt ihn auf.
Der Bauer führte ihn zum Brunnen. Das Wasser war kühl, klar. Er kniete nieder, trank mit beiden Händen und er schwor, er hatte nie etwas so Reines geschmeckt. Sein Körper war müde, ausgelaugt, aber jeder Schluck gab ihm Kraft zurück.
Die Menschen beobachteten ihn noch immer. Er hörte ihr Wispern, sah die Fragezeichen in ihren Augen. Für sie war er ein Fremder, vielleicht ein Söldner, vielleicht ein Räuber. Doch in ihm brannte nur die Freude, Neues zu sehen.
Er sah die Frauen, die ihre Wäsche wuschen, die Kinder, die neugierig von hinter den Zäunen hervorlugten und er fragte sich, wie viele solcher Dörfer es noch gab über Berge, über Meere, in Ländern, deren Namen er noch nicht einmal kannte.
Für einen Moment stellte er sich vor, einfach hierzubleiben. Ein einfaches Leben zu führen, fern von Blut und Krieg. Ein Traum, süß und friedlich. Doch er wusste, dass sein Weg ein anderer war. Sein Ziel lag weit im Westen. England, Wales. Seine Heimat.
Er blieb noch eine Weile, saß am Brunnen, atmete den Duft von frischem Brot und hörte das Leben um sich herum. Er saß noch immer am Brunnen, seine Hände nass, das Wasser kalt auf seiner Haut. Der alte Bauer war längst gegangen, hatte ihn zurückgelassen wie man einen streunenden Hund duldet, solange er nicht die Hühner stiehlt. Doch die Blicke blieben. Augen, die aus Fenstern spähten, Stimmen, die in fremden Worten flüsterten.
Dann kam ein Kind.
Ein Mädchen, vielleicht acht oder neun Sommer alt, schob sich vorsichtig hinter einem Zaun hervor. Sie trug ein einfaches Kleid, das an den Rändern zerschlissen war, und in den Händen hielt sie einen kleinen Korb mit Äpfeln. Sie blieb ein paar Schritte entfernt stehen, die Augen groß, halb neugierig, halb ängstlich. Sie erinnerte ihn an seine ältere Schwester Rhyglyna… Als sie Kinder waren. Was wohl aus ihr geworden war fragte er sich.
Er lächelte vorsichtig “Keine Angst.“ Natürlich verstand sie die Worte nicht, doch seine Stimme war sanft.
Einen Augenblick zögerte sie und dann kam sie näher. Mit einem plötzlichen Ruck hob sie den Korb, hielt ihn ihm hin. Darin lagen drei kleine, rote Äpfel.
Er starrte sie an, überrascht. “Für mich?“ fragte er leise und deutete auf sich. Sie nickte.
Er nahm einen der Äpfel, drehte ihn in der Hand. Seine Schale glänzte im Sonnenlicht, und der Duft war süß. “Danke“ murmelte er und biss hinein. Der Saft lief ihm über die Lippen und er lachte, ein ehrliches, warmes Lachen, das ihm selbst fremd vorkam.
Das Mädchen lachte zurück. Für einen Moment war da kein Misstrauen, kein Fremder, kein Krieger. Nur ein Junge und ein Mädchen, die einen Apfel teilten.
Ihre Mutter rief nach ihr, scharf, voller Warnung. Das Mädchen zuckte zusammen, rannte davon, den Korb an die Brust gedrückt. Doch noch einmal drehte sie sich um, winkte ihm und dann verschwand sie hinter einer Tür.
Er blieb zurück, den Apfel in der Hand, und spürte ein seltsames Ziehen im Herzen. Ein kleines Geschenk, so einfach und doch so groß.
Vielleicht, dachte er, war das der Grund, warum er kämpfte. Nicht für Gold, nicht für Ruhm sondern für jene, die keine Schwerter hatten, die nur Äpfel in ihren Händen trugen.
Er nahm den Rucksack, schulterte Bogen und Rüstung und sah ein letztes Mal auf das Dorf. Dann setzte er seinen Weg fort, mit dem Geschmack von süßen Äpfeln auf der Zunge
Die Tage vergingen und sein Weg führte ihn fort von den Dörfern, fort von den Feldern und den Stimmen der Menschen, hinaus an die Küste.
Am Morgen, wenn die Sonne golden über dem Wasser aufstieg, ging er entlang der Klippen. Unter ihm schlugen die Wellen gegen den Fels, Gischt stieg empor wie der Atem eines gewaltigen Tieres. Möwen kreisten kreischend über ihm, stürzten ins Meer und stiegen wieder empor, Tropfen spritzten auf ihn.
Der Wind wehte hart von der See, trug Salz auf seine Lippen und riss an seinem Mantel. Er ließ es geschehen, denn er erinnerte ihn an die Fahrten mit Arok… an die Segel im Sturm, an das Singen der Männer, an das Knarren der Schiffe. Jetzt war er allein, doch das Meer sprach immer noch mit ihm.
Manchmal blieb er stehen, legte die Hand an den Wolfszahn an seiner Brust und blickte hinaus auf die endlose Weite. Dort draußen lag England. Nicht sichtbar, nicht greifbar, doch immer gegenwärtig. Jeder Schritt brachte ihn näher.
Die Tage verschwammen zu einem Strom aus Gehen, Schlafen, Wachen. Er schlief in Mulden zwischen Felsen, unter Kiefern, manchmal in verlassenen Fischerhütten, die der Wind und die Zeit fast zerfressen hatten. Er aß, was er fand. Beeren, ein paar Fische, die er mit dem Dolch fing den er an einem Langen Stock verband und so einen Halbwegs Soliden Speer sich herstellte. Brot, das ihm geblieben war hatte auch noch bei sich.
Doch trotz der Mühsal spürte er Freude. Freude am Leben, am Entdecken. Jeder Morgen brachte ihm ein neues Bild: den Himmel, der wie Feuer über dem Meer brannten, das Schäumen der Brandung, das in seinem Ohr wie ein Lied klang, den Geruch von Salz und Tang, der ihn glauben ließ, er sei wieder auf Aroks Schiff.
Monate waren vergangen, seit er Konstantinopel in der Nacht verlassen hatte. Er hatte das Meer hinter sich gelassen, die Küstenpfade, die salzige Luft, das Kreischen der Möwen. Schritt für Schritt war er weitergezogen, durch das Herz des Reiches, über Hügel, durch Wälder, über Flüsse, bis er schließlich die Alpen und sah Berge, so hoch, dass sie den Himmel zu berühren schienen.
Der Weg darüber war hart. Eisiger Wind schnitt ihm ins Gesicht, Schnee bedeckte die Pässe und die Nächte waren kalt wie der Tod. Doch er ging weiter, getrieben von einem Ziel, das er sich selbst gesetzt hatte: England. Wales. Heimat.
Jetzt, Monate später, stand er am Rand eines Dorfes, irgendwo diesseits der Alpen, in den Landen des Heiligen Römischen Reiches. Seine Rüstung war kaum mehr als ein Schatten seiner selbst. Jetzt war sie zerschlissen, schroderisch, nur noch einige Teile trug er am Leib ein Lederstück über der Schulter. Der Rest war offene, lockere Kleidung: Hemd, Mantel, Stiefel, alles verschlissen von Regen, Staub und Zeit.
Sein Gepäck hing schwer auf dem Rücken, festgebunden mit Stricken. An seiner Seite das Schwert stumpf, aber treu. Am Gürtel der Dolch, der ihn seit dem Kampf mit dem Wolf begleitete. Über der Schulter Bogen und Köcher, die er wie ein zweites Herz mit sich trug.
Die letzten Monate hatten ihn geformt. Er hatte sich durchgeschlagen, gestohlen, wenn es nötig war. Ein Laib Brot hier, ein Schluck Wein dort. Manchmal hatte er mit ein paar Münzen bezahlt, die er noch aus Konstantinopel gerettet hatte und doch öfters hatte er genommen, was er brauchte. Und wenn Ärger drohte, war er schneller gewesen. Nicht stärker aondern schneller. Er war in Gassen verschwunden, über Dächer geflohen, durch Wälder entkommen. Und er hatte es mit einem Lächeln getan.
Denn in ihm war ein neues Feuer. Er suchte den Ärger nicht aber wenn er kam was meistens der fall war, dann floh er ihm lachend, wie einer, der wusste, dass er dem Schicksal einen Streich gespielt hatte.
Meistens wanderte er hastig durch die Gegenden. Er hielt sich selten lange an einem Ort auf. Bauern sahen in ihm einen Fremden, Wachen einen Vagabunden, Wirte einen, der Ärger bringen konnte. Doch das war ihm recht. Er brauchte keine Blicke, keine Worte. Er brauchte nur seinen Weg.
Jetzt stand er am Rande des Dorfes. Rauch stieg aus Schornsteinen, Kinder liefen zwischen Hütten, Hunde bellten. Er zog die Kapuze tiefer ins Gesicht, den Wolfszahn zwischen den Fingern, und trat weiter, Schritt für Schritt.
England war noch fern. Aber er war auf dem Weg. Und er lebte.
Das Dorf empfing ihn nicht mit offenen Armen, aber auch nicht mit Speeren. Fremde wie er kamen und gingen wohl oft genug, Händler, Pilger, manchmal Söldner. Er roch den Rauch der Schmieden, hörte das Hämmern der Handwerker und das Blöken von Ziegen. Alles war klein, unscheinbar doch für ihn war es nach den Monaten des Wanderns eine Oase.
Er zog die Kapuze vom Kopf, trat in die erste Taverne, die er sah. Niedrig, verraucht, das Dach schief, der Boden voller Stroh. Drinnen war es warm, nach Bier, Schweiß und Rauch stinkend… wenn er genauer nachdachte stammte dieser Geruch eher von ihm. Er setzte sich, legte den Bogen neben den Tisch und bestellte mit den paar Münzen, die ihm geblieben waren, einen Krug.
Der erste Schluck brannte, bitter und herb. Er lachte, lehnte sich zurück und bestellte gleich den zweiten. Die Gesichter um ihn herum starrten kurz, flüsterten über den Fremden in zerschlissener Rüstung und dunklen Augen. Doch er kümmerte sich nicht drum.
Bald schon kam einer. Ein Bauer, groß wie ein Bär, die Hände voller Schwielen und sein Blick trunken vom Bier. “Hey, Fremder!“ knurrte er “was willst du hier? Betteln? Stehlen?“
Roktyrr grinste nur, hob seinen Krug und prostete ihm zu. “Nur trinken, Freund. Mehr nicht.“
Doch der Bauer nahm es nicht als Spaß. Mit einem Ruck schlug er den Krug um, Bier spritzte über den Tisch. Roktyrr sah ihn an und lachte.
“Daneben!“ sprach er voller Spott mit einem Lächeln und wischte sich die Tropfen vom Mantel.
Das brachte den Mann erst recht in Rage. Seine Faust kam schnell, ein Schlag wie von einem Teoll der Roktyrr vom Stuhl riss. Er landete hart auf dem Boden, die Welt schwankte, sein Kopf dröhnte. Für einen Augenblick blitzten Erinnerungen auf doch diesmal schüttelte er diese Schnnel wieder weg.
Dann lachte er wieder. “Treffer.“
Er sprang auf und der Bauer kam wieder auf ihn zu, und sie prallten aufeinander wie zwei Stiere. Schläge krachten, Stühle kippten, Stimmen schrien. Er spürte, wie die Faust seines Gegners seinen Bauch traf, ihm die Luft raubte und doch er konterte, rammte ihm sein Knie in die Seite.
Es war kein sauberer Kampf. Es war dreckig, roh, voller Schweiß und Blut. Er taumelte, stolperte, fiel und stand doch so ein bis zweimal wieder auf. Schließlich traf er den Bären am Kiefer, ein Schlag, so schwer er konnte. Der Mann schwankte, fiel über einen Tisch und blieb liegen, keuchend, stöhnend. Tỳr sei Dank dachte er sich.
Roktyrr stand da, schwitzend, blutend, die Lippen aufgerissen und lachte. Laut, frei, wie ein Verrückter.
Die Männer ringsum jubelten, manche schimpften aber er verbeugte sich spöttisch, griff nach seinem Mantel, nach seinem Bogen. “Danke für den Spaß,“ rief er und lachte noch immer, während er zur Tür hinausging.
Draußen war die Nacht kühl, der Himmel voller Sterne. Er ging nicht direkt. Nein er stahl. Ein paar Brote aus einem offenen Schuppen, getrocknetes Fleisch, eine kleine Ledertasche mit Äpfeln. Niemand bemerkte es im ersten Augenblick und selbst wenn, er wäre längst verschwunden.
Mit vollem Rucksack und einem Grinsen im Gesicht verließ er das Dorf, während hinter ihm Hunde bellten und betrunkene Stimmen noch nachklangen. Er fühlte die Schwellungen in seinem Gesicht, die Schmerzen in den Rippen aber sie störten ihn nicht. Sie erinnerten ihn daran, dass er lebte.
Sein Weg führte nach Westen. Durch das Reich, Richtung Frankenland. Er wusste, dass dort irgendwo in der Normandie, Schiffe nach England ablegen würden. Dorthin musste er zurück nach Wales, zurück zu den Hügeln seiner Heimat.
Er zog den Wolfszahn aus dem Hemd, hielt ihn im Mondlicht und lachte leise. Der Wind rauschte, die Nacht war jung und sein Weg lag noch weit vor ihm. Doch er war frei. Frei und lebendig.
Und mit jedem Schritt fühlte er: England rückte näher.
Er hatte das Dorf weit hinter sich gelassen, den Weg genommen, der in den Wald führte. Die Stimmen der Menschen verklangen und nur noch das Rascheln der Blätter und das Knacken seiner Schritte auf dem Waldboden begleiteten ihn. Bald fand er eine kleine Lichtung, wo das Gras niedergetreten war, vielleicht von Hirschen oder Vieh. Hier ließ er sich nieder.
Mit Mühe sammelte er trockene Äste, Rinde, ein wenig Harz von den Kiefern. Seine Hände arbeiteten mechanisch, wie sie es längst gelernt hatten. Bald schon knisterte das Feuer, erst klein, dann wuchs es, bis es warm leuchtete und die Schatten zurückdrängte.
Er saß davor, zog den Rucksack an sich, legte Schwert und Bogen neben sich ins Gras, griff in seine Beute udn das Brot, das er gestohlen hatte, das Fleisch, das nach Salz und Rauch roch. Er aß gierig, wie ein Wilder, riss Stücke mit den Zähnen ab, kaute schnell, trank aus dem ledernen Schlauch.
Die Flammen warfen tanzende Schatten über sein Gesicht, funkelten in seinen Augen. Das Knistern war wie Musik, das Feuer wie ein treuer Begleiter. Er hielt die Hände in die Glut, spürte die Wärme, die ihn wiegte nach der harten Nacht im Dorf.
Dann hörte er sie.
Ein Ruf, tief und durchdringend, hallte durch die Bäume. Ein Wolf. Dann ein zweiter, weiter entfernt. Das Echo zog sich durch den Wald, und seine Nackenhaare stellten sich auf. Er spürte nicht nur Furcht… er… erinnerte sich.
Der Wolfszahn hing schwer an seiner Brust. Er nahm ihn in die Hand, hielt ihn fest. Er flüsterte eise. “Ich höre dich.“
Das Heulen verstummte langsam, verlor sich in der Ferne. Nur das Knistern des Feuers blieb und sein Atem.Er lehnte sich zurück, legte den Kopf gegen den Rucksack, ließ die Flammen vor sich tanzen und den Wolfszahn auf seiner Brust ruhen.
Kapitel 9: Die vertraute Heimat
Nach endlosen Tagen auf staubigen Wegen, nach Wäldern, Dörfern und Flüssen, stand er endlich auf einer Anhöhe und vor ihm lag das Meer . Die Küste der Normandie.
Barfleur breitete sich unter ihm aus, eine lebendige Hafenstadt, deren Herz der Hafen selbst war. Masten ragten wie Wälder aus dem Wasser, Segel flatterten im Wind und das Rufen der Seeleute hallte weit über die Bucht. Der Geruch von Salz, Teer und Fisch war allgegenwärtig, durchdrungen von dem Brüllen der Händler, die Waren ausluden: Weinfässer, Stoffballen, Eisen, sogar Pferde.
Er blieb stehen, das Herz klopfte ihm bis in den Hals. Da war sie also… die Schwelle zurück nach England. Die Normandie hatte ihre eigenen Herren, ihre eigenen Burgen, doch hier, in diesem Hafen, lagen die Schiffe, die das Meer überquerten. Dorthin, wo seine Heimat wartete.
Er zog die Kapuze tiefer ins Gesicht, schob den Bogen auf die Schulter und ging langsam hinab in die Straßen der Stadt. Barfleur war laut, voller Leben. Kinder rannten lachend zwischen den Gassen, Hunde bellten, Händler schrien ihre Preise, und überall klirrte Eisen, als Hufeisen beschlagen, Ketten geschmiedet und Nägel geschlagen wurden.
Am Hafen selbst herrschte ein Chaos, das ihm vertraut vorkam wie Konstantinopel, nur kleiner, härter, rauer. Seeleute schrien Befehle, Taue wurden geworfen, Fässer rollten über die Planken. Der Wind trug den Ruf der Möwen und das ewige Schlagen der Wellen herüber.
Er trat zu einem Mann, der gerade seine Ware auf ein Schiff verlud. Ein wettergegerbter Kerl mit breiten Schultern und rauer Stimme. Er sprach kein gutes Normannisch, aber genug, um zu sagen“Überfahrt. England.“
Der Mann musterte ihn, erst misstrauisch qegen der zerschlissene Rüstung, die offenen Kleider, das Schwert an der Seite, den Bogen auf dem Rücken. Dann nickte er langsam. “Silber?“ fragte er.
Roktyrr zog den Beutel hervor, den er all die Monate über geschont hatte. Münzen, gestohlen, erspart, zusammengerafft. Der Mann wog sie in der Hand, grinste und deutete mit dem Kopf auf ein Schiff, dessen Segel zusammengerollt am Mast hingen. “Morgen. Mit der Flut. Wir setzen über nach Southampton.“
Southampton. England. Von dort war es nicht mehr weit nach Wales.
Er nickte, presste den Wolfszahn an seine Brust und ließ den Blick über den Hafen schweifen. Der Wind spielte in seinen Haaren, Möwen kreischten, und die See rauschte unaufhörlich.
Endlich war er hier. An der Schwelle.
Nach Monaten des Wanderns, des Stehlens, des Kampfes und der Flucht stand er kurz davor, heimzukehren.
England wartete.
Und er war bereit.
Das Schiff legte bei Morgengrauen ab. Nebel hing noch über der See, das Knarren der Planken und das Schlagen der Ruder waren das erste Lied des Tages. Der Wind griff bald in die Segel, trieb das Schiff hinaus in die Weite des Meeres.
Er stand am Bug, den Mantel eng um sich geschlungen, die Finger am Wolfszahn auf seiner Brust. Unter ihm rauschten die Wellen, Möwen kreischten, bis sie bald zurückblieben und nur noch die endlose See blieb.
Das Wasser dehnte sich, blau und grau, endlos. Er atmete tief, das Salz brannte ihm in der Naseund die Erinnerung kam zurück… Arok, die Männer, die Schiffe der Nordmänner. Lieder im Sturm, Lachen am Feuer.
Doch diesmal war er allein. Ein Fremder auf einem Schiff voller Händler und Seeleute, die ihm kaum Beachtung schenkten. Und doch spürte er dass er niemandenbrauchte. Er war stark genug geworden, seinen Weg allein zu gehen.
Die Reise war kurz, aber in seinem Herzen war sie lang. Er dachte an Wales, an Sir Rhys, an die Burgen und Hügel, die ihn gerufen hatten. Er dachte an seine Schwüre: dass er zurückkehren würde als Mann, der sich beweisen konnte.
Die See war gnädig. Kein Sturm, kein Donnern. Nur das Rauschen des Windes, das Schlagen der Wellen, das Lied der Reise.
Dann, nach Stunden, rief jemand vom Mast die Worte auf die er warteteze “Land! England!“
Er hob den Blick und da war es. Die Küste. Grün, vertraut und doch fremd, nach all den Jahren. Hügel stiegen aus dem Meer, Wälder, Felder und zwischen ihnen die Dächer von Southampton.
Sein Herz schlug schneller. Die Männer lachten, stießen sich an, begannen ihre Ladung vorzubereiten doch er hörte sie kaum. Alles in ihm war ein einziger Gedanke. Ich bin zurück.
Das Schiff legte an. Planken krachten aufs Dock, Seile wurden geworfen, Stimmen hallten über den Hafen. Händler schrien, Karren rumpelten, Pferde wieherten. Southampton war lebendig, ein Knotenpunkt voller Sprachen, Waren und Menschen.
Er trat von Bord, seine Stiefel berührten englischen Boden. Zum ersten Mal seit Jahren.
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, warm, echt, voller Freude. Er griff nach dem Wolfszahn an seiner Brust, hielt ihn fest, und murmelte leise:
“Ich bin zu Hause.“
Er blieb nicht lange in Southampton. Der Hafen war ihm zu laut, zu voll, zu sehr ein Ort der Händler und Münzen. Sein Weg lag weiter im Norden. Sein Herz rief nach Wales, nach den Hügeln und Burgen, nach seiner Heimat.
Also verließ er die Stadt, noch am selben Tag. Er schulterte sein Gepäck, legte den Bogen über die Schulter und ging hinaus, auf schmalen Wegen, hinein in die Wälder Englands.
Die Tage wurden zu Wochen. Der Herbst senkte sich über das Land, und er zog dahin wie ein Schatten. Er schlief unter Bäumen, am Feuer, manchmal in verlassenen Hütten, manchmal im Heu von Scheunen, deren Besitzer er nie sah. Er jagte Kaninchen, fischte in Flüssen, stahl ab und zu ein Brot oder ein Stück Käse, wenn sich eine Gelegenheit bot.
Doch er war glücklich.
Die Wälder Englands waren nicht wie die Küsten der Normandie oder die Berge der Alpen. Sie waren stiller, dichter. Nebel lag morgens über den Bäumen, und wenn die Sonne durch die Äste brach, glänzte die Welt wie die Goldene Stadt selbst . Er hörte das Knacken der Äste unter seinen Stiefeln, das Wispern des Windes, das Rufen der Krähen. Und jedes Mal, wenn er den Wolfszahn an seiner Brust berührte, fühlte er sich näher bei sich selbst.
Manchmal dachte er an Arok und seine Männer. Er fragte sich, ob sie noch in Konstantinopel waren, ob sie kämpften, tranken, lachten. Ein Teil von ihm vermisste sie. Doch ein größerer Teil wusste dass sein Weg jetzt hier lag
Tag für Tag zog er weiter. Er sah Dörfer, manche freundlich, manche misstrauisch. Er hielt sich selten lange auf. Ein Krieger mit zerschlissener Rüstung zog Blicke auf sich.
Schließlich, nach langen Wochen, erreichte er Repton. Es war Jahre her als er einst am Trent sich wusch. Er blieb stehen, das Herz schwer und zugleich leicht. Er war nicht in Wales, noch nicht. Aber er war nahe. Näher, als er es seit Jahren gewesen war.
Er atmete tief durch, sah die Dächer im Abendlicht, hörte die Glocken, die von der Kirche klangen.
Ein Schritt nach dem anderen, dachte er. Wales werde ich wiedersehen…
Die Wege wurden vertrauter, je weiter er zog. Die Wälder Englands lichteten sich, die Hügel wurden höher, der Wind schärfer. Wochen vergingen, in denen er kaum mehr als seinen Atem, das Rauschen der Flüsse und den Ruf der Krähen hörte. Doch mit jedem Schritt wuchs in ihm ein Feuer, das ihn trieb.
Er überquerte Flüsse und wanderte durch Täler, wanderte über Höhen, bis er Gwynedd sah. Hinter dem See lag seine Heimat. Rhosyr.
Die Überfahrt von der Küste war kurz, doch sein Herz schlug, als wäre es eine Weltreise. Die Wellen trugen ihn, das Salz schmeckte anders, süßer, vertrauter. Möwen kreischten, und der Wind sang ihm ein Lied, das er seit seiner Kindheit kannte.
Und dann da war es.
Gwynedd. Grün, weit, voller Hügel und Wiesen, von Steinmauern durchzogen, die sich wie Adern durch die Landschaft zogen. Er ging die Wege entlang, die schmalen Pfade, die Bauern schon seit Generationen traten. Schafe grasten auf den Feldern, und das Blöken mischte sich mit dem Schlagen der Wellen an den Klippen.
Sein Herz pochte in der Brust, als er den letzten Hügel erklomm. Der Wind blies ihm ins Gesicht, trug den Geruch von Gras und Salz. Und dort, im Abendlicht, sah er es:
Rhosyr.
Die Siedlung lag vor ihm, mit ihren Hallen und Häusern, den Feldern, die sich drumherum ausbreiteten. Kein großer Ort, keine mächtige Stadt und doch es war seine Heimat. Hier hatte sein Blut seine Wurzeln, hier hatte Sir Rhys, sein Vater, gelebt.
Er blieb stehen. Die Welt schien still zu werden, selbst der Wind hielt inne. Seine Finger griffen nach dem Wolfszahn an seiner Brust.
So viele Jahre war er fort gewesen. So viele Kämpfe, so viele Straßen, so viele Nächte in fremden Ländern. Und doch… alles führte hierher zurück.
Ein Lächeln stahl sich über sein Gesicht, echt, warm, beinahe kindlich. Seine Augen brannten, aber er ließ es geschehen.
“Ich bin zurück,“ flüsterte er. “Rhosyr. Heimat.“
Doch die Freude hielt nicht lange. Kaum hatte er die ersten Schritte in Rhosyr getan, veränderte sich seine Stimmung. Die vertrauten Straßen, die Hallen, die Stimmen… sie weckten Bilder, die er jahrelang tief in sich vergraben hatte.
Er erinnerte sich an den Tag, als er Rhyglyna verkaufte. Ein Mädchen, mit denselben Augen wie er. Sie hatten nichts, er hatte nichts. Und der Kaufmann bot Silber, Essen, ein Dach über ihrem Kopf. Er glaubte… nein, er redete es sich ein, dass sie so bessere Chancen zum Überleben hatte. Er sah sie nie wieder.
Der Gedanke nagte wie eine Wunde, die nie heilt. Er fühlte den Wolfszahn in seiner Hand, doch er brachte ihm diesmal keinen Trost.
Seine Schritte führten ihn weiter, durch die Gassen, bis er vor einem Haus stand, das er sofort erkannte. Die Taverne. Der Grüne Thresen. Hier war sein Vater gestorben. Sir Rhys Pen’Draig. Ritter, Herr und doch ein Mann, den er nur aus Geschichten und Schatten kannte.
Er blieb vor der Tür stehen. Das Holz war verwittert, der Name halb verwischt, doch er wusste, hier hatte sein Vater sein Ende gefunden. Dunkle Gedanken fluteten sein Herz. War dies das Erbe, das ihm geblieben war? Ein gebrochener Name, ein verlorener Vater, eine Schwester, die er verkauft hatte?
Er wandte sich ab, das Herz schwer. Er konnte nicht hier verweilen. Nicht heute.
Sein Ziel war ein anderes. Er suchte seinen Onkel, Caerleon. Der Bruder seines Vaters. Er hatte, so erzählte man ihm einst, seine Halbbrüder aufgenommen. Morcon und Askalnar, Söhne derselben Linie und doch nicht dasselbe Schicksal. Ob sie sich an ihn erinnern würden? Ob sie ihn überhaupt sehen wollten?
Er ging durch die Straßen, die Menschen beachteten ihn kaum. Ein Fremder war er für sie, ein zerlumpter Krieger, der wie ein Schatten heimkehrte. Doch in ihm brannte der Gedanke, der ihn trie.
Er musste seine Familie finden. Caerleon. Morcon. Askalnar.
Der Weg führte ihn durch das Herz von Rhosyr, vorbei an den schmalen Straßen, den Marktplätzen, an Häusern aus Holz und Stein, bis er schließlich vor dem Herrenhaus seines Onkels stand. Es war größer als die Hallen, die das Dorf umgabenb, nicht prächtig wie eine Burg, doch stark genug, mit Mauern aus festem Stein, einem Tor aus dunklem Holz und einem Dach, das höher ragte als die anderen.
Hier herrschte Caerleon Pen’Draig, Bruder seines Vaters.
Und hier, so hatte er gehört, lebten seine Halbbrüder, Morcon und Askalnar.
Er blieb am Tor stehen. Sein Herz schlug hart gegen die Rippen, seine Hand suchte den Wolfszahn an seiner Brust. Er hatte viele Schlachten gesehen, Männer sterben sehen, das Meer überquert, die Alpen bezwungen doch nie war er so unsicher gewesen wie jetzt.
Was, wenn sie ihn wieder verstießen? Was, wenn sie ihn wieder verleugneten, so wie schon so viele?
Er atmete tief durch und klopfte an das Tor.
Die Tür öffnete sich, und eine Frau trat hinaus. Sie war nicht jung, doch ihre Züge waren Warm. Ihr Haar war von Grau durchzogen, ihre Augen klar wie Wasser. Er erkannte sie sofort, auch wenn Jahre vergangen waren. Seine Tante, die Frau seines Onkels.
Sie sah ihn an und es war, als hätte sie ein Geist gesehen. Ihre Augen weiteten sich, ihre Hand legte sich an ihren Mund.
“Roktyrr…“ flüsterte sie. “Um Himmels Willen… Roktyrr ap Rhys…“
Er wollte etwas sagen, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Stattdessen nickte er nur, unbeholfen, wie ein Junge, der ertappt worden war.
Sie trat näher, legte eine Hand an seine Wange, als wolle sie prüfen, ob er wirklich Fleisch und Blut war. Dann zog sie ihn an sich, so fest, dass er beinahe die Luft verlor.
“Du lebst…“ murmelte sie. “Wir dachten, du seist verloren. Dass du irgendwo in der Fremde gefallen wärst.“
Er erwiderte die Umarmung stockend, beinahe fremd und murmelte “ch bin zurück.“
Sie lächelte, mit Tränen in den Augen und nahm seine Hand. “Komm. Dein Onkel muss dich sehen. Deine Brüder.“
Und so führte sie ihn hinein, durch die Halle, wo Diener ihn anstarrten, als sei ein Geist erschienen.
Das Innere war groß, weit, erfüllt vom Geruch nach Rauch, Fleisch und Bier. Felle lagen auf den Bänken, Waffen hingen an den Wänden, Schilde prangten über dem großen Kamin. Dort, am Kopfende des Raumes, saß er: Caerleon.
Sein Onkel.
Er war ein Mann mittleren Alters, doch seine Schultern waren breit, sein Gesicht von tiefen Linien durchzogen. Sein Haar war grau, sein Bart gepflegt, und seine Augen waen kalt. Er trug einen Mantel aus Wolle, ein Schwert lag neben ihm auf dem Tisch.
Er hob den Blick, als sie eintraten. Einen Moment sah er Roktyrr nur an, schweigend, die Stirn leicht gerunzelt. Dann legte er das Fleisch, das er hielt, langsam beiseite.
“Wer ist das?“ fragte er mit tiefer, harter Stimme.
“Caerleon…“ sagte seine Tante leise. “Du erkennst ihn nicht…?”
Stille.
Alle Augen richteten sich auf ihn. Diener, Wachen, Männer an den Tischen. Selbst das Knistern des Feuers schien zu verharren.
Caerleon stand auf. Er ging langsam die Stufen hinab, trat näher, seine Augen fest auf sein Gesicht geheftet. Schließlich blieb er stehen, kaum eine Armlänge entfernt.
Roktyrr trat vor und blickte zu seinem Onkel, recht nervös “Onkel, ich bin es, Roktyrr ap Rhys.”
“So, für dich Sir Caerleon.“ sagte er in einem Strengen ton “Du Bastard.“ fügte er noch hinzu
Das Wort traf Roktyrr wie ein Schlag. Sein Kiefer spannte sich, doch er schwieg.
“Ich dachte, du wärst tot.“ fuhr Caerleon fort, die Stimme hart. “Gestorben irgendwo im Dreck, wie es Bastarden gebührt.“
Seine Tante legte ihm eine Hand auf den Arm. “Er ist dein Blut, Caerleon. Der Sohn deines Bruders. Schau ihn an, er trägt Rhys Gesicht.“
Caerleon starrte und musterte ihn. Dann spuckte er auf den Boden.
“Er trägt auch das Blut seiner Mutter.“ knurrte er. “Einer nordischen Hure. Ein Schandfleck auf unserer Ehre.“
Das Wort brannte in Roktyrr, doch ehe er sprechen konnte, trat jemand aus den Schatten der Halle hervor.
Morcon.
Sein Halbbruder.
Älter als er, kräftig, mit dunklem rotem Haar und einem Ausdruck das dem ihres Onkels mehr ähnelte. Stolz, streng, voller Härte. Er trug ein Schwert an der Seite, sein Blick war kalt wie der seines Onkels.
“Onkel hat recht.“ sagte er, ohne zu zögern. “Du bist nicht einer von uns, Roktyrr. Du bist ein Bastard. Dein Platz ist nicht hier.“
Die Worte schnitten tief. Roktyrr wollte etwas erwidern, doch dann hörte er Schritte die schwer und bestimmt waren.
Ein weiterer Mann trat vor. Groß, breitschultrig, mit braunem Haar, das schon an den Schläfen grau wurde. Seine Haltung war aufrecht, seine Augen warm, sein Gesicht offen. Einem Mann der das Gleiche Geischt trug wie Roktyrr.
Askalnar. Der Älteste.
Er sah Roktyrr an und lächelte.
“Bei der Gnade Gottes.“ sagte er, trat näher und legte ihm die Hand auf die Schulter. “Es ist wirklich Roktyrr. Ich hätte dich fast nicht erkannt. So viele Jahre… und doch… du bist es.“
Roktyrr konnte nicht sprechen. Stattdessen erwiderte er den Blick, und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er Wärme, die nicht vom Feuer kam.
“Willkommen daheim, Bruder,“ sagte Askalnar, und zog ihn in eine feste Umarmung.
Morcon schnaubte verächtlich. “Bruder? Er ist keiner von uns. Er ist der Fehler unseres Vaters. Ein Bastard, geboren aus Schande.“
“Und doch unser Blut,“ erwiderte Askalnar ruhig. “Das kannst du nicht leugnen, Morcon. Auch wenn es dir nicht gefällt.“
Caerleon schnaubte, die Stirn in Falten. “Askalnar, dein Herz ist zu weich. Ehre bedeutet mehr als Blut. Und dieser Junge bringt Schande über uns, einfach durch seine Geburt.“
Roktyrr ballte die Fäuste, doch Askalnar legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. “Er hat überlebt.“ sagte er. “Schaut ihn an, er ist kein Kind mehr. Er hat die Welt gesehen.“
Stille.
Seine Tante trat vor, ihre Stimme fest “Er ist heimgekehrt. Ob ihr es wollt oder nicht, er ist Rhys Sohn. Und damit einer von uns.“
Caerleon drehte sich um, ging zurück zu seinem Platz am Tisch. “Ich gewähre ihm eine bleibe.“ sagte er schließlich, die Stimme hart. “Aber nicht als Sohn dieser Halle. Nicht als Erbe, nicht als Bruder. Nicht als Pen’draig. Er ist nur ein Gast. Mehr nicht.“
Morcon nickte zustimmend, die Arme verschränkt.
Askalnar schüttelte den Kopf, legte Roktyrr erneut die Hand auf die Schulter. “Lass dich nicht beirren.“ sagte er leise. “Für mich bist du mein Bruder. Und ich freue mich, dass du lebst.“
Roktyrr atmete tief durch, das Herz schwer und zugleich voller Hoffnung.
Er war zurück in Wales. Zurück in Rhosyr.
Nicht willkommen… nicht von allen.
Aber nicht allein.
Kapitel 10: Flammen
Die Tage in Rhosyr bekamen einen ruhigen ton, sobald er sich in der Halle zurechtgefunden hatte, nicht als Sohn des Hauses, wie Caerleon es unmissverständlich klargemacht hatte, aber auch nicht mehr als Fremder. Er war “der junge Roktyrr“. Geduldet, beäugt, zunehmend bekannt. Wenn er am Morgen in den Hof trat, sah er stets denselben ersten Blick von Askalnar, seinen älteren Bruder, wie er reglos am Rand des Übungsplatzes stand, die Hände auf den Rücken gelegt, und mit diesem stillen, allsehenden Ausdruck, der mehr Ordnung in Männerherzen stiften konnte als ein Dutzend gebrüllter Befehle.
Askalnar war ein Fels. Stoisch und brüderlich. In ihm lag etwas, das man nicht lernen konnte… die Ruhe eines geborenen Anführers. Wer ihn ansah, bergriff schnell dass er der Wahre Erbe der Pen’draigs ist. Weil man in seiner Nähe unwillkürlich begann sich zu bessern. Rücken gerader, Atem tiefer, Blick klarer. Taten Ehrenvoller.
Sie sprachen viel. Nicht nur im Hallenlicht, auch auf den Wegen zwischen den Feldern, am Bach unter den Weiden, auf dem kleinen Hügel, von dem aus man das Meer sah. Askalnar ließ Roky erzählen von Jorvík, von Arok, von der See, von Konstantinopel, von der Warägergarde und ihrem Eisenlied. Roktyrr erzählte ungern von seinen Erlebnissen doch Askalnar hörte auf eine Weise zu, die selbst verschlossene Türen einen Spalt weit öffnete. Kein Mitleid, nur stilles Interesse. Wenn er stockte, fragte Askalnar nicht. Er wartete. Und aus Roktyrr sprach, was er lange in sich vergraben hatte
Wenn er am Abend vor dem Feuer saß, setzte er sich zu ihm. Er reichte ihm Brot, Käse, manchmal ein Stück Braten und redete über Dinge, die Roktyrr nie erwartet hätte. Über Ernten und Wetter, über den Frieden zwischen Nachbarn, über die Art, mit einem einzigen Satz einen Streit zu lösen. “Ein Herr der Halle.“ sagte er “ist zuerst ein Diener des Volkes. Du musst erstmal Lernen zu Knien, wenn du dich jemals erhebn möchtest Roktyrr.”
Askalnar hatte eine Frau, Eira, mit Augen die ihn an die See erinnerten. Sie grüßte Roktyrr mit höflicher Wärme, die keine Rolle spielte und doch alles veränderte. Ihre Hände rochen nach Brot und nach Salbei. Zwei Kinder liefen um ihre Schürze. Tristan ein 12 jähriger junge, der mit dem Holzschwert auf Roktyrrs Stiefel eindrosch, als wäre er ein Drache, und Rhiannon, die den Wolfszahn an seiner Brust beäugte, als könnte er zu singen beginnen, wenn sie nur nah genug lauschte.
“Er ist dein Onkel,“ erklärte Eira, als das Mädchen seine Hand suchte. “Bist du ein Wolf?“ fragte Rhiannon. “Nur wenn du zu spät ins Bett gehst…“ erwiderte Roktyrr mit einem Lächeln im Gesicht und sah, wie Askalnars Blick kurz zuckte… dieser Hauch von Humor, der in seiner Ruhe wohnte.
Morcon mied ihn. Wenn er Roktyrr sah, erstarrte etwas in seinen Zügen… diese kälte. Seine Frau, Maelona trug das Kind hoch und schwer in ihrem Rundenb Bauch. Sie nickte ihm gelegentlich zu, dieser knappe Gruß zwischen Duldung und Vorsicht, wie Frauen ihn Fremden schenken, die am Rand des Herdes stehen.
Caerleon beobachtete. Er sprach ihn selten an. Wenn nur kurz und knapp, dieser Mann mochte ihn wirklich nicht. “Du schläfst bei den Dienern, Bastard. Du isst mit der Wache. Du hältst dich von den Verhandlungen fern.“ sprach er. Und doch ließ er ihn lernen, ließ ihn üben, ließ ihn gehen unter Askalnars Auge. Roktyrr begriff das Caerleon hatte entschieden, nicht zu lieben, aber auch nicht zu vertreiben. Es war seine Art, Gnade zu zeigen, ohne das Wort in den Mund zu nehmen.
Zwischen Askalnar und ihm wuchs in diesen Tagen etwas, das sich wie ein Band anfühlte, grob gewoben und dennoch weich auf der Haut. Sie redeten über Roktyrrs Wunsch, Ritter zu werden, und Askalnar machte keine Witze daraus. “Ritter sein Zeigt sich vorallem durch Taten…“ sagte er. “Nicht durch das wer man ist.“
“Und wenn man es mir verweigert? Wegen…“ Roktyrr brach ab. Askalnar verstand, wovon er sprach, ohne dass er das hässliche Wort aussprach.
“Dann Akzeptier was du bist, bis das Wort an dir abprallt.“ Er schloss die Finger um Roktyrrs Handknöchel, kurz und fest. “Folge deinem Verstand undf diene deinem Herzen.”
Sie schossen gemeinsam auf Zielscheiben, die er in den Bäumen aufgehängt hatte. Runde Scheiben aus geflochtenem Reisig, mit Asche eingerieben, damit die Pfeile sichtbar schnitzten. Er stand schräg hinter Roktyrr, strich ihm mit dem Finger das Ohr frei, wenn die Sehne zu nah zuckte und murmelte”Atmen, dann Zielen, dann ziehen. In dieser Reihenfolge. Wer zuerst zieht, schießt aus der Angst heraus, nicht aufs Ziel.“
Eines Nachmittags, als die Sonne tief stand und die Schatten der Bäume lang wie Speere lagen, legten sie die Bögen ab und gingen schweigend zum Bach. Askalnar kniete, wusch sich die Hände und seine Stimme war fast so leise wie das Wasser “Ich habe ihn geliebt, unseren Vater. Und ich habe ihn gehasst. Beides.“
“Ich habe ihn kaum gekannt, um ihn zu lieben.“ sagte Roktyrr. Die Worte schmeckten wie Scheiße.
“Dann liebe das, was er gut gemacht hat. Dich am leben gehalten, mit wenig ehre das ihm blieb. Und hasse den Rest so viel, wie nötig ist, um nicht so zu werden wie er Am Ende war. Das genügt.“
Er sprach von König sein, ohne König zu sagen. Roktyrr verstand langsam. Ein König hob das Schwert seltener, als er es senkte, ein König bat seltener, als er dankte, ein König ging seltener zuerst, als er stehen blieb, damit die Seinen ihn einholen konnten.
Abends, wenn die Halle summte und Kinderlachen, das Klirren von Bechern übertönte. Stellte Askalnar ihm seine Welt vor. Eira setzte sich zu ihnen, erzählte leise von den Geschichten vergangener Tage.Roktyrr merkte, wie klein die Dinge sein konnten, die die Welt zusammenhielten. Eine Geschichte, ein Satz, ein Blick. Große Männer erzählen, dachte er, um sehr kleinere Dinge.
Einmal fand sie Morcon so die Hände über dem Tisch, Brot zwischen ihnen, und Askalnars Kinder, die an Roktyrrs Ärmeln hingen. Sein Blick war stahlig, die Kiefer mahlten. “Vergiss nicht, wer du bist, Roktyrr,“ sagte er ohne Gruß.
“Das er unser Bruder und Pen’draig ist.“ erwiderte Askalnar mild. Morcon schnaubte, ging. Roktyrr sah die Müdigkeit in seinem Nacken, eine Müdigkeit, die nicht von Arbeit kam. Askalnar sagte nichts. Er warf ihm nur diesen kurzen Seitenblick zu, nichtzu mitleidig, nicht warnend, sondern… brüderlich. Als würde er sagen, manche Dinge brauchen ihre Zeit.
Später zeigte er ihm die Grenzen des Landes. Sie stiegen den Hügel hinauf, von dem aus das Meer zu sehen war, und Askalnar nannte Namen. Bachläufe, die den Winter nicht mochten. Weiden, die den Sturm aushielten; Männer, die das auch taten. In seinen Worten trug das Land Gesichter. Roktyrr wusste, dies war seine Krone. Nicht Gold und nicht Ruhm, sondern kennen und bewahren. Führen und beschützen.
“Du bist mein Bruder.“ sagte Askalnar, als die Sonne ihnen schräg in die Augen stand. “Nicht mein Bastardbruder, nicht mein Gast. Mein Bruder. Das gilt hier…” Er tippte sich gegen die Brust. “…auch wenn es dort…“ ein kurzer, kaum merklicher Blick Richtung Halle “nicht zur Sprache kommt.“
Roktyrr nickte nur, weil ihm die Worte knapp wurden. Als er die Hand hob, um zu danken, tat Askalnar etwas Unerwartetes. Er legte seine Stirn kurz gegen seine, ein alter Gruß, der mehr Bindung stiftete als jeder Eid, den Roktyrr je gehört hatte.
So vergingen die Wochen die zu Monaten wurden. Üben, gehen, reden, schweigen. Er merkte, wie etwas in ihm leiser wurde, der harsche Ton, mit dem die Fremde in ihm sprach. Er blieb der Wanderer, ja. Er blieb der, der Nachts noch zum Himmel sah und auf die Götter lauschte, die er auf See gefunden hatte. Aber er stand nun auch im Hof einer Halle, in der seine Stimme einen Platz bekam, so klein er war.
Askalnar sprach manchmal von dem, was kommen möge. Nicht in großen Entwürfen, sondern mit der Sachlichkeit eines Mannes, der Wetter kennt.
Roktyrr fragte ihn eines Abends, das Feuer sank zu Kohlen, die Halle atmete langsam, ob er einen Traum habe. Nicht den Traum eines Herrschers, sondern den eines Mannes.
Askalnar sah hinüber zu Eira, die den Kleinen die Stirn strich zu Rhiannon, die mit dem Holzpferd auf dem Teppich ritten ging; zu dem Speer, den er neben dem Kamin abgestellt hatte. „Ja…“ sagte er. „Dass sie lachen können, wenn ich nicht mehr bin. Das genügt. Eine gute Welt für sie.“
Wenn Roktyrr heute an diese Worte dachte, brannten sie ihm wie eine Rune in die Handfläche.
Die Nacht, in der alles anders wurde, begann wie eine, die nichts will. Sie aßen in der Halle, die Kinder müde, Eira mit diesem Blick, der Müttern eigen ist, wenn sie sowohl Liebe als auch Listen zählen. Morcon sprach wenig, Maelona streichelte ihren Bauch. Caerleon schob Pfeffer über den Tisch, ohne aufzusehen, als Askalnar vom Süden berichtete. ein Händlerstreit, zwei störrische Grenzbauern, ein Priester, der zu viel redete.
Später legten sie sich. Roktyrr in seiner Kammer bei den Bediensteten ein Bett, das mehr knarrte als es trug, ein Fenster, das den Mond in schmalen Scheiben über die Wand schickte. Er band den Wolfszahn los, legte ihn auf das Holzbrett, auf dem sonst sein Bogen lag. Sein Leib war schwer vom Üben, sein Geist ruhig von Worten. In der Ferne hörte er die letzten Schritte der Wachen. Die Halle kam zur Ruhe wie ein großer Brustkorb, der nach einem langen Tag ausatmet.
Er schloss die Augen.
Zuerst dachte er, es sei ein Traum… ein fernes Rufen, ein Laut, der nicht in eine müde Nacht gehörte. Dann roch er es. Scharf, süßlich, unmissverständlich. Rauch. Kein Herdfeuer. Brennendes Harz, brennendes Stroh, brennendes Holz.
Das Rufen wurde zu Schreien. Nicht die hohen, flinken Rufe von Kindern im Morgengrauen, nicht die rauen Rufe von Männern bei der Arbeit. Kriegsgeschrei. Zorn, der in Stimmen fuhr wie Sturm in Segel. Ein Topf klirrte irgendwo, ein Brett krachte, ein Pferd schnaubte wild. Schritte hasteten, viele, zu schnell, zu hart. Ein Pfeifton nein, ein Pfeil riss durch die Luft. Irgendwo splitterte Holz.
Er setzte sich auf, der Wolfszahn lag kühl in seiner Hand.
Dann, jäh und gnadenlos, schob sich rotes Licht über die Decke, unruhig, zuckend, als hätte jemand die Nacht aufgeschnitten und Glut hineingedrückt.
Die Schreie wurden lauter je näher er der Halle kam. Flammen leckten bereits an den Balken des Seitentrakts. Ein Diener rannte blindlings an ihm vorbei mit dem Gesicht voller Asche und dem Mantel brennend. Roktyrr griff nach seinem Schwert und stürmte hinaus in den Hof.
Der Anblick schnitt ihm die Luft ab. Männer in Kettenhemden drangen durch das Tor. Normannen. Ihre Schilde waren hoch ihre Schwerter blitzten im Feuerschein. Hinter ihnen brannten die Ställe die Pferde schrien und bäumten sich auf. Pfeile zischten durch die Nacht.
Caerleon stand mitten im Hof mit gezücktem Schwert. Seine Stimme donnerte über das Chaos hinweg. „Haltet die Linie! Für Rhosyr!“ Er sprang einem Angreifer entgegen und schlug ihn nieder. Doch es waren zu viele. Ein Normanne stieß ihm die Lanze durch den Bauch. Caerleon taumelte keuchend zurück das Schwert noch in der Hand. Ein zweiter Hieb traf ihn über die Schulter. Er brach zusammen das Gesicht gen Erde und das Blut floss zwischen die Pflastersteine.
Morcon schrie vor Zorn und rannte gegen die Normannen als wolle er die Nacht selbst niederreißen. Neben der Halle stand Maelona doch ihr Schrei zerschnitt die Luft als ein Brandpfeil das Dach über ihr entzündete. Zwei Männer rissen sie zu Boden. Roktyrr sah ihr Gesicht nur einen Atemzug lang dann verschwand es unter den Helmen.
Askalnar stürmte aus der Halle mit dem Speer in der Hand. Eira rief nach ihm die Kinder an ihrer Seite. Roktyrr rannte zu ihnen doch er war zu spät. Ein Normanne schwang das Schwert und Tristan fiel in den Staub. Eiras Schrei erstickte in ihrem Hals als ein weiterer Schlag sie traf. Rhiannon versuchte noch davonzulaufen doch ein Pfeil durchbohrte ihren Rücken.
Alles versank im Feuer im Blut im Lärm. Roktyrr spürte nichts als das Gewicht des Schwertes in seiner Hand. Er stürzte sich in die Menge schlug blind hieb auf Schilde und Gesichter traf Metall und Fleisch. Neben ihm kämpfte Askalnar wie ein Sturm doch auch er wusste dass es verloren war.
„Roktyrr! Hierher!“ Askalnars Stimme war ein Befehl. Sie drängten sich durch eine Bresche zwischen zwei brennenden Häusern. Pfeile prasselten hinter ihnen her. Schreie verfolgten sie. Die Nacht selbst schien zu brennen.
Sie rannten über Felder und durch Dornengestrüpp. Hinter ihnen heulten Hörner. Normannen hetzten ihnen nach wie Jagdhunde. Blut lief Roktyrr über die Stirn doch er rannte weiter. Askalnar führte den Weg. Sie stürzten einen Hang hinab und fanden den Eingang einer Höhle verborgen zwischen Felsen.
Sie stolperten hinein. Fackeln blitzten hinter ihnen auf. Verfolger kamen näher. Askalnar packte Roktyrr am Arm zog ihn tiefer. „Schnell!“ Ihre Stimmen hallten im schwarzen Bauch der Erde.
Die Höhle wurde enger und dunkler. Der Boden war feucht und kalt. Sie hörten das Klirren der Feinde hinter sich. Doch dann tat sich ein Spalt auf und sie quetschten sich hindurch.
Ein gleißendes Licht brach ihnen entgegen.
Sie stolperten hinaus und standen still.
Vor ihnen breitete sich kein walisisches Tal aus. Keine Felder keine Küste. Stattdessen lag eine Landschaft vor ihnen die kein Auge der Heimat je gesehen hatte. Berge aus Asche und Feuer. Verbrannte Erde lag überall.
Askalnar hielt den Speer noch in der Hand. Roktyrr atmete schwer das Blut noch warm auf seiner Haut. Sie sahen sich an.
Sie waren nicht mehr in Wales.
Die Ganzen Erlebnissen und Abenteuern von Roktyrr in Eldoria werde ich nach und nach Posten. Geschrieben und zusammengefasst sind sie bereits aber gerade besitze ich nicht die Lust die zu Posten. Bin Froh nach fast einem Jahr meine CV gepostet zu haben xD Hoffe die hat euch allen gefallen ![]()