Ein Zwerg schleicht sich an das schwarze Brett zu Xantia. Aufgrund seiner Vermummung und seiner Größe, könnte man ihn für einen Menschen halten. Er hängt hastig einen Zettel an das Brett und drei Hammerschläge später ist er verschwunden.
Höret, Eldoria
Am gestrigen Tage erschütterte ein unerwartetes Beben die alten Gewölbe Krárvalos. In der Großen Eingangshalle, wo seit Generationen Karawanen einzogen und Botschafter empfangen wurden, barst das Fundament der Hauptbrücke.
Mit einem letzten grollenden Knall stürzten ihre gewaltigen Bögen in die Tiefe und mit ihnen der einzige gesicherte Weg in die Außenwelt.
Seither ist Krárvalo vollständig abgeschottet. Kein Fremder kann die Stadt betreten, kein Zwerg sie verlassen, außer durch die krárvalischen Brieftauben, die nun zu stummen Boten des Schicksals geworden sind.
Doch während die Welt draußen verstummte, wurde Krárvalo im Inneren noch stiller und dann umso lauter: Die Königin, bisher einzige Instanz zur Einberufung des Rates, ist verschwunden. Ob sie floh, verschleppt wurde oder beim Beben verschollen ging, wissen nur die Ahnen. Fakt ist:
Die bisherige Ordnung ist gelähmt.
Keine Ratssitzungen.
Keine Entscheidungen.
Ein Machtvakuum.
Die Stadt jedoch steht fest. Unsere Vorratskammern sind gefüllt, die Gilden funktionieren, unsere Handwerker und Bauern versorgen die Gemeinschaft zuverlässig. Krárvalo ist unabhängig sowohl wirtschaftlich als auch strukturell
und geistig.
Und dennoch:
Ohne offene Tore, ohne Monarchin und ohne Rat drängen sich Fragen an die Oberfläche.
Fragen, die zu lange begraben lagen.
Wer spricht für das Volk?
Wer entscheidet in der Not?
Wer bewahrt uns, wenn kein Einzelner mehr über allen steht?
In dieser Stunde der Unsicherheit regt sich etwas Neues. Die Gilden, lange Zeit stolz und eigenständig, haben begonnen, miteinander zu sprechen,
nicht über Gewinn, sondern über Verantwortung.
Aus diesen Gesprächen entsteht eine Bewegung.
Ihr Ziel?
Eine neue Ordnung, geboren nicht aus Tradition, sondern aus Notwendigkeit. Eine, in der das Volk wieder Stimme hat. Eine, in der die Bürger wieder zu Wort kommen. Eine, in der die Macht geteilt wird, nicht aufgelöst, sondern auf viele Schultern gelegt.
Noch ist jedoch nichts entschieden. Noch liegt die alte Krone irgendwo im Dunkeln. Doch während Steine fallen und Stimmen schweigen, formt sich im Herzen des Berges vielleicht ein neuer Anfang.
Mögen die Hallen Krárvalos weiter hallen, nicht von Befehlen, sondern vom Willen seines Volkes.
Es befindet sich kein Siegel unter dem Aushang, aber eine Unterschrift, die den Namen Cylona vermuten lässt. Die Unterschrift ist tief in das Pergament geritzt, als wäre sie widerwillig und hektisch gezeichnet worden.