Charaktervorstellung Ilyria Feuersang
Name: Ilyria Nárlire
In der Allgemeinsprache ruft sie sich nach der Übersetzung Feuersang.
Geschlecht:
Rasse: Elfe - Valyrianthi
Aussehen:
Ilyria misst eine Größe von annähernd sechs Fuß, im Genaueren 1,81 Metern. Ihr Körper ist schlank gebaut und trägt nur wenig Fleisch auf den Knochen. Somit wiegt sie etwa 58 Kilogramm, die dem Leben auf der Straße verschuldet sind.
Ihr Haar hingegen trägt ihren vollen Stolz: Lang, fein und in aschblondem Ton, beinahe weiß oder silbern. Ihre Augen sind von einem kühlen Blau, welches beinahe stets ein lebendiges Funkeln in sich trägt.
Alter: 28 Jahre (Stand 1100)
Geburt: Im Hochsommer 1072
Religion: Die Zwölf Drachengötter
Herkunft: Dohaeragon, von einem Leben auf der Straße
Wohnort: Vinyamar, doch zumeist umherziehend
Beruf / Beschäftigung: Spielfrau, Musikerin
Fähigkeiten:
-
Lesen & Schreiben
-
Selbstverteidigung
-
Reiten
-
Akrobatik
-
Singen
-
Umgang mit der Laute, der Flöte, der Harfe und der Fidel
Zauber
Zauber
-
Salve der Elemente
Der Zauberer konzentriert sich auf sein Element und sammelt es in einem oder mehreren Geschossen, um es gegen ein Ziel zu richten. Diese können beliebiger Erscheinung sein.
→ (Schaden) -
Stählender Gefährte
Der Anwender erschafft ein kleines bis mittelgroßes Geschöpf, das sich stetig in der Nähe des Zieles bewegt. Mit diesem ist es verbunden und stählt über magische Ströme dessen Äußeres.
→ (Rüstungswert erhöht) -
Hütende Zuflucht
Der Zauberer schafft eine Art von schützender Kapsel um sein Ziel herum, welche aus seinem Element besteht. Jedoch besitzt sie keine feste Struktur, sondern allein aus einer Hülle der elementaren Kräfte. Sie schützt vor dem nächsten kommenden Angriff, doch fordert die absolute Herrschaft über das Element auch seinen Tribut.
→ (Schutz vor nächstem Angriff, Anwender verliert LP beim Wirken) -
Vermachte Kräfte
Der Zauberer konzentriert sich auf ein Zeichen, das ihm weitergegeben wurde. Auf den Stirnen aller Elfen im Umkreis glimmt es erkennbar auf und steigert ihre Kräfte. Entweder speisen sie ihre Magiekräfte damit oder hüllen ihre Waffen in stärkendes Licht.
→ (Erhöhter Angriff bei Elfen im Umkreis)
Stärken
Gutes Gehör
Sie erlangte auf ihren Reisen, bei denen sie oft anderen Sängern lauschte oder vor bedrohlichen Gesellen auf der Hut sein musste, ein vortreffliches Gehör. Schafft sie es, sich zu konzentrieren, kann sie sich auch in gefülltem Raum auf eine oder zwei Stimmen fokussieren.
Wohlüberlegt
Sie gehört zu den Seelen, die über Fragen und Angebote gleich zwei Mal sinnen, ehe sie die Antwort geben. Vorsicht gehört zu den Pfeilern ihres Überlebens auf der Straße, wenngleich der Wagemut sie das eine oder andere Mal verlockend kitzeln kann.
Mutig
Ilyria ist von mutiger Natur und strebt stetig an, ihre Grenzen zu überwinden. Ganz besonders stechen dabei die Grenzen ihrer Ängste hervor.
Schwächen
Einschüchterbar
Bedrohliche Gegenüber oder die Präsenz gezogener Waffen haben eine starke Wirkung auf sie. Sie wird sichtlich nervös und lässt sich rasch einschüchtern.
Eigensinnigkeit
Auch wenn sie ein geselliges Wesen ist, so ist die eigene Haut ihr die wichtigste. In Situationen der Not mag sie manchmal sich selbst loyaler sein.
Lockere Zunge
Sie genießt den Klang ihrer wundervollen Stimme und liebt die Gesellschaft anderer Wesen. Im Redefluss geschieht es so von Zeit zu Zeit, dass ihr ein paar Wörtchen zu viel herausrutschen, welche nicht überlegt waren.
Charaktereigenschaften:
Ilyria ist eine sehr aufgeweckte und lebensfröhliche Elfe. Sie sucht stets nach guter und heiterer Gesellschaft, welcher sie durch Gesänge und Geschichten gerne nachhilft. Die Chance, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, gehört selbstverständlich auch dazu – wie es bei einer Frau ihrer Berufung eben dazugehört.
Unabhängigkeit und Freiheit zählen für sie auch zu den höchsten Gütern. Sie neigt eher dazu, ihr eigenes Ding zu machen, statt blind den Forderungen anderer oder Höhergestellter zu gehorchen.
Nach ihrem Leben in der Stadt Dohaeragon und dessen wenigen Umlanden dürstet es sie in der großen, freien Welt nach Reise und Abenteuer. Viele solche Geschichten hat sie in ihrem Leben schon gehört und sehnt sich nun danach, sie nachzuerleben. Dabei kitzelt sie der Wagemut das eine oder andere Mal sehr verlockend, so dass sie sich in Probleme bringen kann.
Ansonsten lassen sich ihre Naturliebe und ihre Genügsamkeit, die sie durch das Waisenleben auf der Straße erlangte, hervorheben. Letztere wird begleitet von Eigensinnigkeit und der übergeordneten Sorge um ihre eigene Haut. Sie ist als Einzelgängerin groß geworden, und ihr einziges wahres Familienmitglied hat sie in der Asche Dohaeragons verloren.
Vorgeschichte
Vorgeschichte
Frühe Kindheit
Ilyria wurde als Bankert einer Schankmagd, als uneheliches Kind geboren. Ihr Leben begann im Hochsommer des Jahres 3.473 des valyrianthischen Kalenders (1072 n.Chr.), als die Stadt Dohaeragon von der Sonne Helianthors so sehr gegeißelt wurde wie selten zuvor.
Ilyrias Mutter gebar sie im Zelt eines einfachen Wanderarztes, der sein Zelt beabsichtigt zwischen den Hütten des ärmsten Gesindels aufgeschlagen hatte. Seine groben Handgriffe und Praktiken taten in den Stunden der Geburt zwar dem Säugling nichts Ungutes, doch der Mutter umso mehr.
Die junge Mutter, deren Namen Ilyria niemals erfuhr, saß mit dem Neugeborenen nur wenig später wieder auf der Straße, mit gebrochenen Knochen in der brüllenden Sonne. Es war ein Wunder, dass sie sie nicht loswurde und aussetzte, sondern zwei Kreuzungen weiter in ihr vaterloses Häuschen trug, das sie ihr Eigen nannte.
Die Tage mit dem Kind, dem sie noch keinen Namen gab, vergingen einsam. Erst nach einer Weile tauchten die anderen Schankmägde auf, die mit ihr in der Schenke arbeiteten, um sich ihrer zu vergewissern. Sie brachten Essensreste – Grütze, trockenes Brot, vermischter Brei – und Wasser aus den naheliegenden Brunnen mit, solange sie sich erholen sollte. Doch der Bruchs wuchs ungut. Sie wurde lahm, verkrüppelt, und war nicht mehr in der Lage, ihrer Arbeit nachzugehen.
Nachdem auf den heißen Sommer ein harscher Winter folgte – gottlob krankheitslos –, schwand die Unterstützung ihrer einstigen Freundinnen dahin. Wenn sie doch das Gewissen zu sehr plagte, so stand sporadisch doch mal eine Schüssel mit Brei vor der Türe. Mutter und Kind – nach wie vor namenlos – hungerten und magerten.
Die Mutter begann zu nähen. Sie hing ihre Stücke am Äußeren des Hauses zur Schau aus und nannte mit der Zeit wieder genügend Münzen ihr Eigen, um sich zu ernähren. Doch der Winter Ilyrias zweiten Lebensjahres nahm ihr das Leben.
Die einstigen Kolleginnen ihrer Mutter bekamen davon Wind. Sie nahmen das Kind abwechselnd auf, brachten es während ihrer Arbeitszeiten in der Schenke mit unter und versorgten es. Das waren sie ihrer Mutter zumindest schuldig gewesen.
So wuchs Ilyria auf. Sie erhielt schließlich auch ihren Namen, wenngleich sie nie erfuhr, weshalb. Auch zeigte sich früh ihr ungewöhnlich heller Haarschopf – ein starkes Weißblond, das je nach Licht fast weiß wirkte. Die Gäste der Schenke nannten sie den „königlichen Bastard“, denn solche Farben waren für gewöhnlich nur in der Königsfamilie vererbt. Haufenweise böse und schmutzige Kommentare gingen einher, die sie erst im späteren Alter verstand.
Straßenleben und Leidenschaft
Im Alter von elf Jahren, nachdem ein weiterer harscher Winter einige Leben unter ihnen genommen hatte, setzten ihre verbleibenden Ersatzmütter sie vor die Türe. Sie könne kochen, reiten, lesen und sei im Notfalle schnell genug auf den Beinen, das würde reichen, sagten sie.
Die Drachengötter waren gnädig, und es war ein milder Sommer, in dem die junge Waise reichlich von Obstbäumen stibitzen konnte. Doch aus Obstbäumen wurden Eier, aus Eiern wurde Speisen, und aus Speisen wurden Geldbörsen. Sie hatte geschickte Hände und drängte sich öfter mal durch überfüllte Schenken, wo sie den einen oder anderen Lederbeutel vom Gürtel schnitt.
Noch vor Ende des Sommers wurde sie waghalsiger – nicht nur des manchmal erregenden Nervenkitzels wegen, sondern weil ihr gewiss war, dass der Winter bald nahte. Immer öfter wurde sie erwischt und von wütenden Elfen oder anderen Waisenbanden zusammengeschlagen. In ihrer körperlichen Verfassung mit der mageren Statur konnte sie denen nichts entgegensetzen.
Eines Abends erkor sie einen Spielmann zu ihrem nächsten Opfer aus. Sie wusste, dass diese Leute nach ihren Auftritten immer reich an Münzen waren. Doch er bemerkte ihren Versuch. Seine Hand schnellte hervor und packte sie am Handgelenk. Ihre Blicke trafen sich, und er erkannte die Angst vor der nächsten Tracht Prügel, die in ihren Augen aufblitzte. Aber sie blieb aus.
Er fragte sie aus, und in ihrer Angst sprudelte alles aus ihr heraus. Genauso begannen ihre Tränen zu fließen.
Der Spielmann stellte sich als Rhalyf vor. Er schien Mitleid zu haben. Er legte seinen Arm um sie und führte sie behutsam ein paar Straßen weiter, in ein Gasthaus hinein, die steilen Treppen empor und in ein schmales Zimmer. Es war gefüllt mit bunten Gewändern, einer Handvoll Spielinstrumenten und kleinen Habseligkeiten. Ansonsten nur ein Lattenrost, das mit einem Fell belegt war, sowie ein sehr, sehr dicker Rucksack.
Rhalyf, der Spielmann, ließ sie das Bett belegen und polsterte es zusätzlich mit seinen bunten Kleidern. Er selbst setzte sich auf den Boden, klimperte zum Einschlafen leise auf einer Laute und ließ Ilyria eine der entspanntesten Nächte seit Langem haben.
In den kommenden Tagen kümmerte er sich um sie. Er fütterte sie durch, ließ sie auf seinem Rost schlafen und stellte sich vor: Rhalyf Rhîwamya, der reisende Spielmann, der mit seiner Zauberei „den Winter in alle Dörfer brachte“. Was das bedeutete, wusste sie nicht.
Er legte ihr nahe, das Spielen zu lernen. Ihre geschickten Finger (bis auf der Daumen, der sie beim Diebstahl verraten hatte) seien dafür wie gemacht, sagte er, und es sei ein viel besserer Weg als zu klauen. Denn einst würde es sie eben jene Finger kosten.
Rhalyf drückte der Elfjährigen eine Laute in die Hand, setzte sich hinter sie und führte ihre Hände in den richtigen Griff. Dann erklärte er die vier Saiten und ließ sie klimpern. Er sah ihr lächelnd zu, doch sie konnte auf Dauer nicht viel mit dem Musizieren anfangen. Sie schlug Töne, Rhythmen und halbe Melodien, doch tat sie es eher aus der Not heraus. Schließlich sollte das ihr Weg sein, um Münzen zu kriegen und zu überleben. Rhalyf bemerkte das.
An einem der darauffolgenden Abende nahm er sie mit in ein Gasthaus, für einen Auftritt. Er durchmaß in seinen bunten Kleidern den Schankraum, ließ alle Blicke an sich kleben und setzte sich mittig im Raum auf einen freien Tisch. Er hob die Laute an, schenkte seinem Publikum ein charmantes Lächeln und stimmte eine sanfte Melodie an. Helle, ruhige Klänge, gepaart mit einer friedlichen Stimme, die ein valyrianthisches Lied sang.
Fast alle Augenpaare gehörten ihm. Und noch mehr wurden es, als im Laufe seines Gesangs kleine, einzelne Schneeflocken durch den warmen Schankraum zu schweben begannen. Daumennagelgroß und einen schwachen Schimmer hinter sich herziehend, ließen sie die wachen Blicke der Erwachsenen folgen und die Kinder auf rege hüpfenden Beinen. Und im Laufe der Zeit wurde die Stimme lauter, die Melodie wacher, die Meute heiterer. Sie klatschten, summten, lachten und begeisterten sich.
Es begeisterte auch Ilyria.
Nach diesem Abend übte sie härter, doch vor allem keimte eine Leidenschaft in ihr auf. Eine Leidenschaft, zu der Rhalyf sie inspiriert hatte. Er begann, ihr mehrere verschiedene Instrumente zu lehren, ihre Stimme zu schulen, ihren Wortschatz zu erweitern und verschiedene Tugenden der Spielleute anzugedeihen.
Nur für sie blieb er in der Stadt und überwinterte sogar, ohne wieder in die Ferne zu ziehen, wie er es für gewöhnlich tat. Tatsächlich blieb er ganze drei Jahre, in denen er ihr auch zu zaubern beibrachte. Sie war hellauf begeistert und ließ sich von ihm in der Magie unterweisen. Sie interessierte sich besonders für das Feuer, wie es das Erbe der Drachen war.
Nach diesen drei Jahren schloss er sie wie ein Vater in die Arme und verabschiedete sich, um für einige Zeit in die Welt zu ziehen. Die vierzehnjährige Ilyria hatte ihm versichert, dass sie sich selbst versorgen könne, und ihn dazu gedrängt, denn sie wusste, wie sehr ihm das Land gefehlt hatte.
Nachdem er weitergezogen war, spielte sie alleine in Tavernen und Schenken. Tatsächlich versorgte sie sich problemlos und nächtigte in Gasthäusern, die sie von eigenen Münzen zahlte. Ihre Auftritte untermalte sie, ebenso wie Rhalyf, mit Magie. Kleine Feuerzungen ließ sie über ihre Instrumente züngeln und in die Luft entweichen wie winzige Drachen. Ihre Zuschauer begeisterte es, und ebenso sie. Der Rufname Nárlire („Feuersang“ in der Allgemeinsprache) etablierte sich für sie.
Die folgenden Jahre, die sie in Dohaeragon blieb, ging sie ihrer neuen Leidenschaft nach. Gemeinsam mit Rhalyf, wenn er nach seinen Reisen dort einkehrte, sang sie schließlich in Gasthäusern und auf Märkten in der ganzen Stadt. Sie erprobten sich in der Akrobatik, um auf noch mehr Weisen die Aufmerksamkeit der Leute zu erlangen, und besonders Ilyria tat sich in ihrer Beweglichkeit blendend hervor.
Bald war auch sie soweit, das Herz der Valyrianthi zu verlassen und durch die umliegenden Ländereien und Dörfer zu ziehen. Sie besuchte kleine Weiler, wo sie die Attraktion des Jahres schien und allerlei spannende Märchen und Geschichten aufschnappte. Diese trug sie weiter und gab sie (wohlgemerkt etwas dramatischer) in den nächsten Dörfern zum Besten. Auf diese Weise vergingen viele, viele Jahre…
Die Verheerung Dohaeragons
Als die Wende zum dreitausendfünfhundertsten Jahr seit Visenya und Valerions Geburt nahte, kehrten sie und Rhalyf nach Dohaeragon zurück. Die Stadt platzte bereits eine Woche vor dem Valeryon-Visenya-Tag, der den Jahresanfang setzte, aus allen Nähten. Von überall her strömten die Kinder der Drachengötter, um den geheiligten Tag zu feiern. Barden, Gaukler und Spielleute fanden dieser Tage so reichen Gewinn wie nur selten und ein so heiteres Publikum, wie ein jeder es sich nur erträumen mochte.
Gegen Abend des großen Tages waren die Gasthäuser und Festplätze zum Bersten gefüllt, auf denen sich Ilyria und Rhalyf gemeinsam herumtrieben. Die Illusionen feuriger und eisiger Drachen tanzten im Wettstreit umeinander, während Fidel und Flöte einander vertraut ergänzten. Krug um Krug wurde gehoben und Mahl um Mahl verzehrt. Ein wahrhaft goldener Abend flutete die Stadt, der nur wenig von dem langsam aufkommenden Regen getrübt wurde.
Jedoch wurden die Feierlichkeiten am späten Abend jäh unterbrochen. Die Erde regte sich und bebte, als würde ein gigantisches Geschöpf aus ihr herausbrechen. Die Bögen und Statuen der Stadt brachen, die Mauern barsten und die Dächer krachten in die Häuser hinunter. Elfen schrien, kreischten … und verstummten. Ein tiefes Grollen, das vermutlich von den stürzenden Statuen stammte, ließ selbst die Luft erschüttern.
Die Elfen tummelten sich und flüchteten in wilden Scharen. Ilyria und Rhalyf, die auf ein und derselben Bank standen und ihre Darbietungen gaben, stürzten gemeinsam zu Boden, als das Holz beim Beben barst. Sie knallte mit dem Kopf auf das Pflaster, aber versuchte benommen, sich wieder aufzurichten. Doch immer wieder traten die Stiefel der flüchtenden Elfen gegen sie und trampelten sie nieder.
Das heftige Beben ließ nach ungezählter Zeit nach, ebenso die vielen Stiefeltritte. Ilyria war benommen und geschunden, als sie wieder zu sich kam, und blutete an der Stirn. Dennoch kroch sie zu Rhalyf hinüber. Seine Nase war blutig getreten, sicherlich auch gebrochen, und sein buntes Hemd von Abdrücken übersät. Er stöhnte, hustete und spuckte aus.
Gemeinsam krochen sie an den Rand des leergefegten Festplatzes, von wo sich ein weiter Blick auf die Reste der Stadt ermöglichte, die unterhalb lagen. Gut ein Viertel der einst glanzvollen Metropole lag in Trümmern. Am schlimmsten hatten die schwachen Hütten der Elendsviertel gelitten, aus denen Ilyria stammte. Andernorts türmten sich gewaltige Flammen. Die großen, steinernen Feuerbecken waren gebrochen und hatten Marktbuden und Häuser in heftige Brände gesetzt.
Ilyria rannen vor Schreck die Tränen in die Augen, und sie umschloss Rhalyf feste mit den Armen, so wie er es auch tat. Wie vom Donner gerührt, starrten sie nur auf die verheerte Stadt hinab.
Gemeinsam beobachteten sie schließlich auch, wie die Wellen sich zurückzogen und wenige Augenblicke später eine mächtige Flutwelle die Sterne über dem Meer verfinsterte. Gewaltsam fegte sie durch den Hafen und brach über Dohaeragon herein. Die vielen Fackeln auf den düsteren Straßen erloschen wie Lebenslichter. Schiffe, Wägen, Stände, Häuser und Elfen wurden mitgerissen. Ein Bild des Grauens, das Ilyria nicht länger anzuschauen vermochte und sie ihren Blick in Rhalyfs bunten Gewändern vergrub.
Wie viel Zeit verging, konnte keiner sagen. Das tosende Wasser legte sich und strömte mit seiner Beute zurück aufs offene Meer. Die nun vernehmbaren Schreie kündigten das Ende der Flut an. Ilyria wagte es, wieder die Augen zu öffnen. Es offenbarte sich ein noch schlimmeres Bild der Verheerung.
„Komm, wir müssen … – arrgh! – … helfen“, rief Rhalyf, als er sich in kraftvoller Bewegung wieder auf die Beine schwang und die Hände auf den Brustkorb presste. „Los, Ily!“ Ihre Starre löste sich, und sie kam benommen zurück auf die Beine. Sie musste Rhalyf stützen, während sie die Straßen hinunter humpelten, um zum Feld der Zerstörung zu gelangen.
Auf dem Weg erschütterten abermals Beben die Erde. Rhalyf forderte sie auf, weiterzugehen. Mittlerweile begann er, auf eigenen Beinen ohne Unterstützung zu humpeln.
Als sie am Ort der Katastrophe angelangten, eilte Ilyria einige Meter auf eine Gruppe Elfen zu, die sich bei den Trümmern eines Hauses gesammelt hatten. Sie versuchten, eine Elfe unter mehreren Balken hervorzuziehen.
Es dauerte lange. Selbst Rhalyf, der nur unter Schwierigkeiten laufen konnte, packte mit an, bis sie es schließlich schafften. Sie zogen sie auf die Straße. Einer der Elfen, ein Soldat des Silberheers, kniete nieder und wirkte einen starken, leuchtenden Heilzauber, um die Elfe zu stabilisieren.
Im selben Augenblick mischte sich das Donnern von Hufen unter den Lärm der verheerten Stadt. Ein Mann der königlichen Leibgarde jagte an ihnen vorbei durch die Stadt und schrie sich atemlos heiser:
„Alle zum Hafen, Verletze wie auch Unverletzte, sammelt euch am Hafen!“
Die Gruppe an Elfen hievte die Gerettete auf ein langes Brett, ehe sie dem Befehl des Leibgardisten Folge leisteten. Sie brauchten sehr lange, um sicher durch die verwüsteten, leichengesäumten Straßen zu gelangen. Derweil bebte und dröhnte immer wieder die Erde, der nun von Asche durchtränkte Regen hielt an.
Nach einer Ewigkeit gelangten sie am Hafen an. Hunderte Elfen wuselten dort herum, trugen Verletzte oder sammelten Vorräte. Besonders viele Angehörige des Silberheers waren zu sehen, doch weniger halfen sie den Bedürftigen, als Fässer, Kisten und alles Weitere zusammenzutragen. Ilyria und Rhalyf wunderten sich weniger darum, sondern trugen mit ihrer Gruppe die Gerettete in ein behelfsmäßiges Lazarett.
Im Anschluss schlossen sie sich dem Gewusel der Helfenden an. Ilyria trennte sich von Rhalyf und half bei den Verletzten aus, während er mit anderen durch die Straßen zog, um Überlebende zu suchen. Sie legte Verbände an, drückte auf Wunden oder reichte Trinken an.
Zwischenzeitlich hob sich ihr Blick zum Himmel, und sie erschrak. Sie suchte vergeblich nach dem Mond und den Sternen, die über der Stadt schweben sollten. Doch da war nur dunkle Schwärze, die alles Licht verschlang, das die göttlichen Gestirne zur Erde sandten.
Sie machte einen Mann der Königsgarde darauf aufmerksam, doch er wimmelte sie ab. Es sei nur die Flutkatastrophe, und sie Weib solle weitermachen. Zu Schluss stieß er sie fort und eilte in Richtung eines Schiffes der königlichen Silberflotte, die die Flut größtenteils überlebt hatte. Dort sah Ilyria ihn und weitere fein gewandete Elfen die Schiffe klar zum Auslaufen zu machen und an Bord zu gehen.
Sie wandte sich frustriert und verängstigt ab und kehrte in die Verwundetenlager zurück. Doch bald darauf ertönten die Rufe, alle sollten auf die Schiffe fliehen und mitnehmen, was sie an Vorräten nur fänden. Der Berg speie Feier. Die Stadt sei verloren.
Ilyria sah sich panisch nach Rhalyf um, doch sie sah seine bunten Gewänder nirgends. Er musste noch in der Stadt sein – Irgendwo!
Die Soldaten interessierte dies jedoch wenig. Sie drängten sie und alle anderen Elfen hektisch auf die Schiffe. Ihres, eines der Silberflotte, legte schließlich ab, um den anderen Platz zu machen. Ilyria stand wie erstarrt an der Reling und suchte mit den Augen voll Angst nach Rhalyf.
Die starken Winde des Meeres trieben das Schiff eilig aufs Meer, wo in sicherer Entfernung alle bereits abgelegten Schiffe ankerten und warteten. Das königliche Flaggschiff kam gerade vor ihnen an. Ilyria starrte wie alle anderen weiter auf die Stadt und vor allem den Berg, an dessen Fuße Dohaeragon lag. Sie erkannte nun deutlich, dass die Schwärze von ihm aufstieg. Einige Lichter glühten an seinen Hängen und bahnten sich langsam ihren Weg hinab. Der Berg spie Flammen.
Nur einen Augenblick nach dieser Entdeckung bewegte sich urplötzlich der Hang des Berges. Ein tiefes, donnerndes Grollen machte sich hörbar, und die Seite des Berges barst. Eine pechschwarze Wolke aus Asche und Stein löste sich aus dem Erdrutsch und der Rauchsäule des Himmels und rauschte in Sekunden über die Stadt. Erschrockenes Geschrei machte sich auf den Schiffen laut.
Die Wolke fegte über den Boden und verschlang nach und nach die Dächer und Statuen der Stadt. Wie erstarrt blickten ihr alle zu, bis sie den Hafen erreichte. Alle Elfen und Schiffe, die noch dort waren, wurden von der pechschwarzen Wolke verschlungen. Sie reichte sogar bis aufs Meer und machte die nieder, die noch nicht weit genug gekommen waren.
An Bord herrschte lange eine Totenstille, bis die ersten weinend zusammenbrachen und unter Deck gebracht wurden. Auch Ilyria gehörte dazu, denn Rhalyf war noch in der Stadt gewesen. Und ihr Schiff das letzte, das heil ausgelaufen war.
Die Flotte ankerte noch bis zum Morgengrauen vor der Stadt. Erzählungen zufolge, die Ilyria später mitbekam, fegten im Laufe der Nacht mehrere Aschewolken vom Berg herab. Sie begruben die Stadt nach und nach unter tiefen Schichten aus Asche. Es war klar, dass keiner überlebt haben konnte.
Schließlich setzte die Flotte die Segel und stach in See. Keiner wusste, auf welchen Kurs man steuerte.
Die See war harsch und stürmisch. Schiffe liefen mit Wasser voll und sanken, Mäste brachen, Segel rissen und Rümpfe barsten. Keiner wusste, wie viele sie auf der Reise verloren. Es schlossen sich lange Tage, Monde und vergebliche Siedlungsversuche auf lebensfeindlichen Inseln an … bis eines Tages die steilen, felsigen Küsten eines gewaltigen Kontinents aufragten und Königin Rhaenelyra II. verkündete: Hier sei Vinyamar, hier sei die neue Heimat.