CV Ravenna von Hohenfels

Tagebucheintrag
Tag des Heiligen Kreuzzeichens

Gelobt sei der Herr, der sieht, was der Mensch nicht zu fassen vermag. Heute wurde die Nachricht von Schwester Ulrikes Tod offiziell verkündet. Und obwohl mein Herz hart geworden ist durch das Werk, das ich zu tun berufen bin, spürte ich einen kurzen Stich – nicht des Schmerzes, sondern der göttlichen Ergriffenheit.

Sie war fehlgeleitet. Das wissen wir alle. Eine Frau, die dem Glauben diente und ihn doch in der Tiefe verformte – wie heißes Eisen, das in die falsche Hand gerät. Trotz der Güte, die wir ihr zeigten. Trotz der Bußangebote, der Gespräche, der Mahnungen – sie wollte nicht hören. Ihre Zunge blieb giftig, ihre Gedanken wirr.

Pater Gaudentius, ein Mann des Geistes und der Geduld, trug schwer an ihrer Seele. Und als sie exkommuniziert wurde, da hoffte ich – ja, ich hoffte! – sie würde erkennen, was sie verloren hatte. Doch selbst da, als sie auf Pilgerschaft gesandt wurde, war ihr Blick stur, trotzig, stolz.

Und nun ist sie tot. Man fand nur die Reste – Gewandfetzen, eine Kette, ein wenig zerfressenes Fleisch. Der Herr allein weiß, wie ihr Ende war. Wilde Tiere? Räuber? Orks? Oder hat sich ihr falscher Glaube in die Dunkelheit selbst gestürzt?

Ich weiß es nicht. Ich muss es nicht wissen.

Denn ich glaube: Es war die Hand Gottes. Der Herr, unser Richter, ließ sie fallen wie Spreu vom Weizen. Nicht aus Hass, sondern aus Gerechtigkeit. Nicht aus Rache, sondern weil Heiligkeit nicht mit Schmutz koexistieren kann.

Wir haben alles getan, was getan werden musste. Mehr als das. Sie hätte sich retten können. Aber sie wollte Königin eines Traums sein, den nicht Gott, sondern Stolz geboren hat.

Möge sie nun dort stehen, wo keine Auslegung mehr hilft. Wo nur Wahrheit herrscht.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
Eintrag zur siebten Abendstunde nach dem Aushang am Schwarzen Brett

Verflucht sei dieser Tag, an dem meine Augen jenes erbärmliche Schriftstück lesen mussten, das wie eine faulige Warze an der Tafel in Xantia klebte.

Ein Ork – ein gottloses, stinkendes, seelenloses Drecksvieh – wird von den Schildträgern Mjosfells gefangen genommen… und man nimmt ihm die Hand?

Die Hand?

Welch jämmerlicher, feiger, gottloser Akt von Schwäche! Die Mjosfeller – diese klirrenden Narrenkönige in ihren mit Runen verzierten Blechhüten – rühmen sich, als hätten sie ein Wunder vollbracht, und lassen das Ungeziefer dann humpelnd davonkriechen wie einen räudigen Köter.

In Hohenfels hätte es keine Urteile gegeben. Nur Richtschwert und Feuerpfahl.

Ich hätte ihn auf den Platz geschleift, vor der versammelten Gemeinde, mit eisernen Haken durch die Schultern aufgehängt – und ihn dem Volk gezeigt, wie man ein Geschöpf der Hölle ausrottet. Dann hätte ich ihn bei lebendigem Leib verbrannt, gesalbt mit dem Öl der Reinigung, damit sein unreiner Leib nicht einmal als Aas die Erde schändet.

Doch was tun die Mjosfeller?

Sie lassen den Unrat ziehen. Einem tollwütigen Tier gibt man keine zweite Chance. Man schlägt ihm den Schädel ein und zertritt das Hirn – zur Ehre des Herrn und zum Schutz der Menschheit!

Ich schwöre bei meinem Blut und dem Kelch unseres Heilands: Sollte dieses orkische Geschwür jemals den Boden Hohenfels betreten, werde ich ihn eigenhändig zur Hölle schicken – mit Stahl, Gebet und glühender Klinge. Kein Erbarmen. Kein Rückzug. Kein Irrtum.

Die Sünde, Brüder und Schwestern, die Sünde lebt, weil wir zu selten das Schwert führen und zu oft den Federkiel. Der Herr hat nicht Kreuze aus Gold, sondern Lanzen aus Stahl gewollt!

Die Orks sind die Kinder des Verderbens, gezeugt von Bastarden, geboren im Morast. Und wer sie verschont, ist kein Freund – er ist ein Verräter am Licht.

Mjosfell soll sich schämen.
Und zittern.
Denn das Reich Gottes duldet keine Halbheiten.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
10. des Segensmonds, im der Heimsuchung

Heute, so der Herr mich prüft, wurde mein Blick gen das Schwarze Brett der Stadt gezogen, wo sich ein Zwerg – kaum größer als ein Brotleib, doch mit übergroßem Stolz in der Brust – daran machte, eine Botschaft zu verkünden. In bunten Farben, mit zu fröhlichem Gemüt und geradezu ketzerischer Zuversicht sprach er von Frieden, von Ordnung – und, o wehe mir – von Demokratie.

Demokratie. Dieses Wort, in zwergischer Zunge geschrieben, hallte in meinen Gedanken wie ein fauliger Wind durch leere Kathedralen. Was ist diese Ordnung, wenn nicht ein Abbild der babylonischen Wirrnis? Wenn jeder Zwerg meint, seine Stimme sei gleichwertig der eines Priesters oder Kriegsherren, wie soll da das Reich bestehen?

Sie geben vor, sich der Lehren der Urahnen zu besinnen, doch ich erkenne darin nur das Werk jener, die die Krone verwerfen, um das Joch der Verantwortung zu meiden. Ohne Krone, ohne Lügen, schreiben sie – als wären Hierarchie und Wahrheit sich gegenseitig Feinde! Was sie stattdessen wählen, ist der Trugschluss des gemeinen Willens, eine heidnische Illusion von Gleichheit, die nur ins Chaos führen kann.

Und dennoch, ich bin nicht blind. Ich sehe ihre Stärke in der Einigkeit. Wie sie sich sammeln, wie sie glauben, etwas zu erschaffen. Und ich sage: Das Reich Gottes formt sich nicht durch Abstimmung. Es formt sich durch Blut, durch Feuer, durch Gehorsam.

Ein Tavernenabend soll es geben, zur Feier dieser neuen Zeit. Ich werde diesem Schauspiel fernbleiben. Kein frommer Fuß soll jenen Boden betreten, auf dem Demokratie wie ein Götze angebetet wird, während Wein und Spott das Maß der Dinge sind. Mögen sie trinken, mögen sie lachen – die Wahrheit wird nicht dort geboren, wo Zungen vom Alkohol gelockert werden, sondern wo Knie sich vor dem Herrn beugen. Ich werde stattdessen beten, wachen, und meine Klinge segnen – auf dass sie bereit ist, wenn aus dieser neuen Ordnung das unvermeidliche Chaos wächst.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
Am Abend nach dem Schauspiel am Schwarzen Brett der Hauptstadt

„Denn siehe, die Gottlosen spannen den Bogen und legen ihren Pfeil auf die Sehne,
dass sie heimlich schießen auf die Frommen.“
(Psalm 11,2)

Im Namen des Herrn, der da richtet mit gerechtem Grimm, schreibe ich diese Zeilen, um Zeugnis abzulegen vom heutigen Tag der Verblendung und Anmaßung.

Heute trugen zwei gerüstete Gestalten, Elfen in Menschenrüstung, das Antlitz des Hochmuts zur Schau. Wie stumme Pfauen stolzieren sie über den Kutschenplatz der ehrwürdigen Hauptstadt, in den Farben Thyma Doreis und Valanduins gehüllt, als wären sie Gesandte eines neuen Bundes – doch es ist nicht Gottes Bund, sondern ein Pakt der Verirrten, ein Vertrag der Götzenanbeter und Abtrünnigen.

Sie hängten ein Pergament an das Schwarze Brett, schön verschnörkelt, voller wohlgesetzter Worte, durchtränkt vom süßlichen Gift des Liberalismus. Dort verkünden sie feierlich ihre „Anerkennung“ von Grenzen – als könnten Elfen, die den wahren Schöpfer nicht anerkennen, mit Federkiel und Wachs bestimmen, wem das Land gehört. Als hätte nicht der Herr allein durch seine Vorsehung entschieden, wer lebt und wer vergeht.

„Wenn sie sagen: Es ist Friede, es hat keine Gefahr – dann überfällt sie das Verderben wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entfliehen.“
(1. Thessalonicher 5,3)

Besonders empörend ist die sogenannte „Erlach-Schleuse“, die sie „zu Ehren eines gemischten Paares aus Mensch und Elfe“ weihen wollen – ein Mensch, der sich mit einem Elfen vermengt hat! Welch abscheuliche Lästerung gegen die göttliche Ordnung! Wie kann etwas Unreines dem Frieden dienen? Diese Schleuse ist ein Mahnmal der Verderbnis, kein Zeichen der Hoffnung.

„Ihr sollt keinen Bund mit ihnen machen, noch ihnen Gunst erzeigen. Du sollst deine Tochter nicht geben seinem Sohn, und seine Tochter sollst du nicht nehmen deinem Sohn. Denn sie verführen deine Kinder, dass sie anderen Göttern dienen.“
(5. Mose 7,2–4)

Doch das Maß der Sünde war noch nicht voll: Im selben Atemzug erklärten diese selbsternannten Friedenshüter die heidnischen Nordmänner aus Valkarath und Sølvøya zu Ausgestoßenen – als sei ihre Existenz ein bloßer Verwaltungsfehler. Diese Barbaren, die den Götzen huldigen, Runen ritzen und Tiere schlachten im Namen ihrer Dämonen, sollten meiner Meinung nach brennen. Und doch – sie zeigten heute mehr Aufrichtigkeit als die Elfen.

Ein Bote aus Valkarath trat hinzu, wild, grob, mit finsterem Blick. Er las, was geschrieben stand – und mit klarer, kalter Entschlossenheit schlug er eine Gegenbotschaft ans Brett. Keine verlogenen Umschreibungen, keine diplomatische Schleierrede – nur das blanke Bekenntnis:

„Wenn ihr unsere Insel wollt, dann kommt und holt sie euch.“

Ja, sie sind Heiden. Ja, sie wandeln in der Finsternis und spotten der Sakramente. Aber sie wissen um Blut und Opfer. Sie sprechen vom Schweiß und von Erde, vom Recht, das nicht auf Pergament, sondern auf Mut und Schwert beruht. Sie kennen keine Heilige Schrift – aber sie leben nach einem Gesetz, das näher an der Gerechtigkeit Gottes ist als die trägen, verweichlichten Schwüre der Elfen.

Und ich sage: Mögen sie einander vernichten. Mögen die Heiden der Nordlande sich mit den Elfen der Lüge im Höllenschlund treffen, mögen sie das Land mit ihrem Blut tränken, auf dass es gereinigt werde von ihren Götzen und ihrer Unzucht.

Denn der Herr allein gibt das Land, und der Herr allein nimmt es. Und er wird es jenen geben, die ihn fürchten, ihn ehren und seinen Namen über das Banner der Schlacht heben.

Ich wache. Ich warte. Und wenn die Zeit gekommen ist, wird Hohenfels das tun, wozu es berufen wurde:
Den Krieg des Herrn führen, gegen Heiden, Elfen und all jene, die Seinen Willen verdrehen.

Deus Vult.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag Ravennas, niedergeschrieben in der Studierstube von Hohenfels, während draußen der Wind vom Meer das Banner des Kreuzes peitscht:

„Heute brachten seefahrende Händler Kunde aus Valyria – jene prahlerischen Zungen, die zwischen Gold, Pfeffer und Unzucht auch Neuigkeiten tauschen, als wären sie bloße Ware. Und was sie mir da ins Ohr tropften, war nichts als blanker Frevel, in Pergament gewickelt.

In Valyria, so heißt es, darf nun jeder seiner Religion folgen – frei von Sorge, solange er niemanden beeinflusst oder verletzt. Frei von Sorge! Als wäre das ewige Seelenheil eine Gefälligkeit! Als wäre die Wahrheit verhandelbar, solange nur niemand daran Anstoß nimmt!

Doch was ist der Glaube, wenn er nicht brennt? Was ist Gottes Wort, wenn es nicht schneidet wie ein zweischneidiges Schwert (Hebr 4,12)? Ein Glaube, der nicht bekehrt, ist tot. Eine Religion, die niemand stört, ist ein Schauspiel.

Und nun: Wer es wünscht, der darf nach Antrag und königlicher Gnade gar einen eigenen Tempel bauen! Ein jeder Götze erhält sein Podest, jede Irrlehre ihren Weihrauch, solange nur die Königin mit ihrem Rat zufrieden ist. Wie ein Dirnenhaus stellt sich Valyria dar – jeder Wunsch wird gestattet, solange er höflich eingereicht wird.

„Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ (Ex 20,3) – diese Worte sind dort offenbar nur noch ein Flüstern zwischen vielen Stimmen. Ich aber höre sie wie Posaunen. Und ich weiß: Was in Valyria erlaubt ist, kriecht wie ein Wurm durch das Land. Heute ihre Altäre dort, morgen ihre Boten an unserer Pforte.

Mögen die Händler lachen über die rauen Sitten Hohenfels’. Mögen sie spotten über unsere Einfalt. Doch wir sind nicht einfältig, wir sind rein. Und wenn Valyria sich dem Geist der Welt unterwirft, dann wird es Hohenfels sein, das dem Geist Gottes standhält.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
Geschrieben im Schatten der Vesperkerze, unter Tränen und Zorn

Ich bin heimgekehrt von einer Reise, die mich durch den Morast der gottlosen Welt führte. Ich sah Städte – große, laute, prahlerische Städte –, die einst Hoffnung hätten schenken können, doch nun zu stinkenden Leibern verkommen sind, die vor sich hin faulen, ohne es selbst zu bemerken.
Caldaris.
Thyma’Dorei.
Valyria.

Drei Namen. Drei Gräber. Drei Spucknäpfe der Geschichte.

Valyria, diese überbunte Dirne am Meer, preist sich für ihre „Vielfalt“. Doch was ich dort sah, war kein Reichtum – es war geistiger Hunger, der sich in Seide kleidet. Kulturen nebeneinander, nicht miteinander. Rassen durchmischt wie faule Speisereste, und niemand kennt mehr Herkunft, Ziel oder heilige Ordnung. Die Kinder dort wissen nicht, wem sie ähneln – weder dem Vater, noch dem Herrn. Es gibt dort Tempel für alles – außer für den Einen, der Himmel und Erde geschaffen hat. Ihre Mauern sind voll Gemälde, aber leer an Wahrheit.

Thyma’Dorei,hat sich verkauft. Ihre Lieder klingen hohl, weil sie sie für jeden Fremden umschreiben. Ihre Tänze dienen nicht mehr der Ehre, sondern dem Applaus. Selbst die Sterne, zu denen sie einst beteten, wenden sich ab von diesem Ort der Selbstverleugnung. Sie wollten modern sein. Nun haben sie nichts mehr, was den Namen heilig verdient.

Und Caldaris… ach, Caldaris. Was warst du für ein Leuchtfeuer. Jetzt ist nur noch Asche da. Händler, Betrüger, Bettler, Bastarde. Ein stinkender Moloch ohne Ziel. Dort vegetieren die Menschen – sie leben nicht, sie verweilen, wie Unkraut, das niemand jätet.

Sie wachen auf, essen, handeln, schlafen – aber sie beten nicht. Sie bauen, doch errichten keinen Tempel. Sie feiern, doch danken nicht. Sie haben keine Geschichte, keine Zukunft, keine Ordnung. Nur Lärm, Lichter, Lust.

„Mein Volk kommt um aus Mangel an Erkenntnis. Weil du das Gesetz deines Gottes vergessen hast, will auch ich dich vergessen.“
– Hosea 4,6

Das ist es. Diese Städte sind vergessen. Nicht von mir – von Gott.

Es macht mich krank. Es macht mich wütend.
Aber es macht mich auch traurig. Unendlich traurig.

Denn was ist ein Mensch ohne Glaube, ohne Herkunft, ohne Richtung?
Ein Tier, das aufrecht geht. Ein Schatten seiner selbst. Eine leere Schale.

Sie haben sich freiwillig entwurzelt. Haben ihre Ahnen verraten, ihre Götter verkauft, ihre Kinder ohne Namen in eine Welt geworfen, die keine Antwort kennt. Es ist keine Freiheit. Es ist das leiseste aller Gefängnisse – eins ohne Mauern, aber mit bleierner Bedeutungslosigkeit.

Ich weine nicht um die Städte. Ich weine um jene darin, die noch fähig wären zu glauben. Die rufen, aber niemand antwortet ihnen. Die hungern, aber nicht nach Brot – sondern nach Wahrheit, nach Ordnung, nach einem Grund zu leben und zu sterben.

Möge Hohenfels feststehen. Möge unser Volk nicht den Versuchungen dieser Hurenstädte erliegen.
Denn wenn wir auch wenige sind – wir wissen, wer wir sind.
Und wem wir dienen.

Der Zorn des Herrn wird kommen. Doch vielleicht, ganz vielleicht, wird er auch einzelne Seelen retten, die mit gebrochenem Herzen inmitten dieser Abscheulichkeiten nach dem Himmel schreien.

Ich werde für sie beten.
Aber ich werde ihre Städte brennen sehen.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag,
verfasst am Morgen nach dem Untergang von Caldaris

„So wird die stolze Stadt zur Wüste, die unfruchtbare Erde zur Wohnung der Dämonen. Denn wo kein Glaube herrscht, da weilt das Feuer.“
– Buch der Flammen, Kapitel 6, Vers 12

In der Nacht, da der Herr mit eisigem Schweigen den Himmel über Eldoria bedeckte, hat sich das gerechte Gericht vollzogen.

Ich hörte es nicht zuerst. Ich spürte es. Ein Zittern unter der Erde, nicht von bebender Natur, sondern ein geistliches Grollen, ein göttliches Räuspern – als wollte der Himmel selbst sich von der Schande befreien, die Caldaris ihm allzu lange war.

Caldaris – dieses Nest aus Hochmut, fremdländischem Götzendienst, verdorbenem Miteinander von Mensch, Elf, Ork und Zwerg, vermischt in einer sündigen Brühe aus Gleichmacherei, Lasterhaftigkeit und gottlosem Streben nach Wissen ohne Weisheit. Der Stolz dieser Stadt war nie Tugend, sondern Aufbegehren. Ihre Stärke nie Demut, sondern Trotz. Und ihre Hoffnung? Eine Illusion, geboren aus der Verweigerung des einen, wahren Glaubens.

„Der HERR hat gegeben, der HERR hat genommen; der Name des HERRN sei gelobt.“
– Hiob 1,21

Der Rauch kam wie ein Gebet, das endlich erhört wurde. Schwarz, schwer, reinigend. Die Flammen züngelten wie Engel mit feurigen Schwertern, schnitten durch Balken, Dächer, heidnische Bibliotheken. Kein Ruf, kein Horn? Natürlich nicht. Der Herr braucht keine Trommeln, wenn Er richtet. Sein Zorn ist leise und erbarmungslos.

Ich stand in Hohenfels, weit entfernt – und doch war mein Geist dort, als die Mauern fielen. Ich sah Mütter schreien, sah wie Hochgelehrte ihre Schriftrollen klammernd verbrannten, wie Elfen barfüßig über glühende Pflastersteine rannten, betend zu Götzen, die nie existierten. Ich sah, wie Zwergenkinder ihre goldenen Amulette in die Asche warfen, in der Hoffnung, wenigstens etwas möge bleiben, was nicht schmilzt.

Aber nichts blieb.

Und das war gut so.

Denn so spricht der Herr: „Ich will vertilgen die Städte, die mich vergaßen, und ihren Staub soll der Wind tragen über das Land, auf dass mein Name wieder gefürchtet werde.“

Niemand weiß, wie es begann? Ein Funke? Ein Fluch? Vielleicht war es das Gebet eines reinen Kindes. Vielleicht der Zorn eines Märtyrers. Vielleicht… war es nur Zeit.

Der Mensch braucht keine Erklärung, wenn der Wille Gottes spricht.

Caldaris ist gefallen.

Und ich werde ein Dankopfer darbringen.

Hohenfels erstarkt.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag

„Denn sie haben das helle Licht für Finsternis gehalten und das Bittere für süß.“
(Jesaja 5,20)

Ein neuer Götzenruf aus dem rauchenden Osten – und diesmal kommen die Worte aus spitzen Ohren und lügenblassen Lippen. Die Valyrianthi, dieses degenerierte Elfenvolk mit ihrer armseligen Drachenverherrlichung, weinen um irgendein verbranntes Weib – Valysar Rhaenelyra, „Hüterin des Feuers“ nennen sie sie, als hätte Satan persönlich ihr einen Titel gegeben.

„Der HERR vertilgt alle Lippen voller Lügen und die Zunge, die große Reden führt.“
(Psalm 12,4)

Und wie das bei diesen heidnischen Spitzohren so üblich ist, folgt auf die Asche sofort das nächste Weib, das sich krönt:
Rhaella III., „Trägerin des ewigen Feuers“, Enkelin von irgendwem, Tochter von irgendwas – alles aus demselben verfluchten Elfenblut, das schon bei der Schöpfung hätte verdorren sollen.

Sie beten zu Drachen. Zu verdammten Bestien, Symbolen des Teufels. Zwölf Götzen, zwölf Feuerdämonen, und keiner davon vermag zu retten. Und trotzdem – oder gerade deswegen – singen sie Lieder, entzünden Fackeln, halten Rituale ab in Ruinen, in denen einst die Vernunft lebendig begraben wurde.

„Sie opferten den Dämonen, nicht Gott, Göttern, die sie nicht kannten, neuen, die erst vor kurzem gekommen waren.“
(5. Mose 32,17)

Und während ihre neue Königin in „Dohaeragon“ – ein Schutthaufen, nichts weiter! – zwischen alten Pergamenten und verbrannten Steinen kriecht, erhebt sich die nächste Spukgestalt: Elarya Velaryth, „Stimme der Flamme“. Ich nenne sie, was sie ist: eine feuerliebende Hexe, ein zungengewandter Altarspatz, der den Gläubigen die Asche statt Brot reicht.

Man stelle sich das vor: Ein Elfenreich, geführt von Priesterinnen, gekrönten Bräuten des Drachen – keine Männer in Sicht, keine Ordnung, nur Glut, Schuppen, silbernes Haar und verdammte Eitelkeit.

„Wehe den Frauen, die sich Kränze aufsetzen und sich Königinnen nennen!“
(frei nach Hesekiel 13,18)

Doch was tun sie? Sie herrschen. Sie leiten. Sie züngeln. Und das Volk tanzt. Wie Kälber ums goldene Kalb, nur dass dieses hier Feuer speit und die Verdammnis aus seinen Nüstern bläst.

Ich verfluche nicht den Tod ihrer Königin – ich nenne ihn gerecht. Und ich verfluche ihre Nachfolgerin, die sich das Feuer aufs Haupt setzt, als wäre es ein Heiligenschein. Doch das Feuer, das sie preist, wird sie verzehren – und ihre Kinder mit ihr.

Denn wenn der Herr aufsteht, um Gericht zu halten, dann wird er diese elfische Glut niederstampfen wie dürres Gras, und aus der Asche wird nichts erstehen außer Schweigen.

„Denn siehe, der Tag kommt, brennend wie ein Ofen. Da werden alle Übermütigen und alle Übeltäter wie Stoppeln sein.“
(Maleachi 3,19)

Elfen regieren über Elfen. Flammen gebären neue Flammen. Und am Ende kommt das Wasser – und der Herr.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
Am siebten Tage des siebten Monats, im Jahre des gerechten Verfalls

„Der Herr hat sie dahingegeben in schändliche Lüste, in unreinen Begierden – und siehe, sie fraßen Kot und nannten es Freiheit.“
— Zweites Buch der Strafe, 4:13

Oh Xantia, du leuchtende Hure auf dem Hügel.
Dein Glanz war nie Heiligenschein, sondern der faulige Schein der Fäulnis in der Laterne eines Leichensammlers. Jetzt endlich, endlich, kriechen deine wahren Kinder aus den Ritzen: Ratten, Nager, Seuchenbringer – das fleischgewordene Ebenbild deiner Toleranzpolitik.

„Sie haben den Bund gebrochen, sie haben sich anderen Göttern zugewandt, darum sende ich unter sie das Tier des Feldes, das sie zerreißt.“
(Hosea 5,7)

Man flüstert von finsteren Mächten? Ich lache. Welch törichter Versuch, Schuld auszulagern. Xantia selbst ist die finstere Macht. Eine Stadt, die ihren Schöpfer verhöhnt, seine Gebote zertritt, seine Diener verspottet – und dann erschrocken aufquiekt, wenn das Tier kommt, das sie sich selbst gezüchtet hat.

Sie rufen zum Krisentreffen, dieser sogenannte Rat der sogenannten Hauptstadt. Ein Haufen geldgeiler Händler, Hurenbuben und Magierschülerinnen mit Tintenflecken zwischen den Schenkeln, die sich für „die Stimme der Völker“ halten. Sie laden „alle Reiche“ ein – also Elfen, Orks, Zwerge und vermutlich auch sprechende Pilze –, um gemeinsam gegen die Plage zu beraten.

„Und als sie schrien, hörte sie niemand, denn der Herr hatte seine Ohren abgewandt und sein Schwert gezückt.“
– Psalm der Letzten Tage, 11:3

Ein Gipfeltreffen der Gottlosen, ein Basar des Irrsinns.
Die Krone des Wahnsinns: Sie suchen Auserwählte.
Von wem denn?
Von ihren 73 Götzen? Oder vom Gott des Mülls und Miteinanders?

„Wenn der Hure der Götzen das Wort ‘heilig’ in den Mund nimmt, spricht der Eiter aus ihren Zähnen.“
— Evangelium der Reinen, 3:9

Nein. Ich werde niemanden senden.
Nicht einen Knappen, nicht einen Esel.
Xantia soll an ihrem eigenen Blut ersticken.

Ich werde beten – nicht um Rettung, sondern um Vervollkommnung der Plage.
Ich werde brennen sehen, was längst verdorren ist.
Ich werde lachen, wenn die Kinder der Elfen ihre letzten Brocken mit den Ratten teilen.
Und ich werde singen, wenn ihr Rathaus stürzt, weil sich der Boden weigert, solch Abfall noch zu tragen.

Denn was dort kriecht, sind nicht nur Tiere. Es ist die Inkarnation dessen, was sie jahrzehntelang angebetet haben: das Niedrige, das Widersätzliche, das Vielstimmige und doch Sinnlose.
Ein Spiegelbild ihrer Seele.
Eine gerechte Ernte.

Xantia stirbt nicht.
Xantia wird bekehrt.
Der Herr hat gesprochen – durch Zähne, durch Krallen, durch Fäulnis.

„Der Herr sandte ihnen Ratten, wie er einst Frösche sandte nach Ägypten – denn sie wollten die Freiheit, und bekamen den Tod.“
— Buch der Wahrheiten, 7:1

R. von Hohenfels

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Noch ehe das erste Licht über den Zinnen von Hohenfels kroch, war Ravenna bereits wach.
Sie war nicht erwacht – sie war aufgestanden. So wie man ein Schwert vom Haken nimmt:
schwer, entschlossen, bereit.

Das Schlaflager aus rauem Leinen war kühl, fast feindlich – wie sie es liebte. Kein Kissen, kein Trost. Denn der Glaube verlangte Entbehrung, nicht Bequemlichkeit.

Im kleinen Oratorium kniete sie nieder. Der Boden war kalt, der Stein hart, die Dornengeißel lag bereit.
Ohne Laut, ohne Zittern schlug sie sich dreimal sieben Mal. Nicht zur Buße – sondern zur Erinnerung:

„Ein Körper, der weich ist, dient dem Feind.
Ein Geist, der zittert, gehört den Götzen.
Und ich gehöre einzig dem Herrn.“

Als das Blut sickerte, fühlte sie sich ganz. Rein. Wach. Bereit.

Der Wehrgang empfing sie mit Wind und Nebel.
Die Türme ragten wie betende Finger in den grauen Himmel. Und zwischen ihnen schritt sie – das Haupt erhoben, der Blick fest, das Schwert an der Seite.

Ein Rekrut nieste.
Sie blieb stehen. Der Junge versuchte, Haltung anzunehmen, doch seine Hände zitterten.
„Schwäche ist wie Schimmel“, sagte sie ruhig. „Man duldet ihn einmal – und bald fault das ganze Haus.“

Er wurde dem Stall zugeteilt. Vier Wochen ohne Waffen – zur Reinigung.

Die Messe war voll.
Die Menschen von Hohenfels standen dicht an dicht in der Kapelle. Frauen mit schmalen Gesichtern, Männer mit rauen Händen, Kinder mit großen Augen.

Ravenna trat vor den Altar, schlicht gekleidet – aber unübersehbar.
Sie sprach ohne Pathos. Ihre Stimme war wie Hammer auf Amboss.

„Der Herr liebt euch – weil ihr ihm dient.

Doch draußen, jenseits der Felder, wandern jene, die ihn verspotten.
Die sich nicht beugen, sondern begehren.
Die Elfen mit ihren goldenen Augen, die Orks mit ihrer tierischen Kraft, die Zwerge mit ihren Lügen.

Sie nennen es Freiheit – wir nennen es Sünde.

Und was sündigt, soll brennen.“

Die Kinder weinten nicht. Sie wussten, dass Tränen keinen Platz hatten unter dem Kreuz.

Ein Streit entbrannte im Dorf.
Zwei Familien, alte Schuld, ein umgestürzter Grenzpfahl. Ravenna hörte sich alles an. Still, regungslos.
Dann legte sie beiden Vätern die Hand auf die Schulter.

„Euer Zorn ist verständlich. Doch seid gewarnt: Wer in Hohenfels die Ordnung stört, dient den Feinden Gottes – auch wenn er hier geboren wurde.“

Beide senkten den Blick. Sie ließ sie leben. Diesmal.

Am Nachmittag rief sie die Knappen zusammen.
Keine Reden. Kein falscher Stolz.
Nur Stahl gegen Stahl. Schild an Schild. Schweiß und Schmerz.

Als einer fiel, trat sie an ihn heran.
„Du blutest? Gut. Dann weißt du jetzt, wie der Glaube schmeckt.“

Und als er zögerte, sich zu erheben, streckte sie ihm die Hand hin. Nicht aus Mitleid – sondern aus Pflicht.

Abends verteilte sie Brot an die Alten und Kranken.
Mit eigenen Händen.
„Ihr seid alt – aber ihr habt geglaubt. Ihr habt gesät. Und ich beschütze, was ihr gepflanzt habt.“

Eine Frau fragte:
„Herrin… warum hasst Ihr die Fremden so sehr?“

Ravenna antwortete leise, beinahe zärtlich:
„Weil sie nicht glauben. Weil sie lachen, wo sie beten sollten. Weil sie leben, ohne zu gehorchen.
Und weil Gehorsam das erste Opfer ist, das der Herr verlangt.“

Als die Nacht kam, stand sie allein auf dem Turm.
Kein Blick reichte weit genug, um die Welt da draußen zu sehen –
aber sie brauchte ihn auch nicht.
Sie wusste, was dort lauerte: Mischblut. Götzenanbeter. Namenlose Götter mit vielen Zungen. Händler mit falschen Münzen. Elfen, die Liebe wie ein Spiel sahen.
Orks, die glaubten, ihre Faust sei ein Gesetz.

„Eines Tages“, sagte sie leise,
„werdet ihr schreien.
Und der Herr wird nicht antworten.
Weil ihr seine Sprache nie gesprochen habt.“

Sie küsste das kleine Olivenholzkreuz, das sie trug.
Dann ging sie hinab.
Und in der Stille Hohenfels’ brannte ein einziger Gedanke wie eine Flamme im Dunkel:

„Was nicht glaubt, soll brennen. Was glaubt, wird kämpfen.“

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  1. Tag des Laubhagels

Heute hat der Herr nicht gesprochen – er hat gebrannt.

Nicht mit Stimme, nicht mit Zeichen, sondern mit einem unauslöschlichen Feuer, das sich durch meine Augen in mein Innerstes fraß. Ich sah nicht mit dem Blick des Leibes, sondern mit jenem Auge, das nur dem Erwählten gegeben ist. Und was ich sah, war kein Traum, kein Bild des Herzens – es war die Zukunft selbst, wie sie vom Himmel niederstieg, in reiner, schmerzlicher Klarheit: Das vollendete Sancta Sanctorum.

Wie aus dem Leib der Erde geboren, ragte es empor – ein Monument nicht der Menschen, sondern Gottes Zorn und Gottes Barmherzigkeit in Stein gegossen. Kein Bauwerk, das dem Fleische Ehre macht. Kein Ort für Kaufleute, für Sänger oder Fürsten. Es ist das Schwert Gottes, gefasst in Mauerwerk. Eine Burg des Glaubens. Eine Festung gegen das Chaos.

Die Kuppel erhob sich wie der thronende Helm des Erzengels Michael, glänzend vom göttlichen Licht, das durch ihre Mitte emporschoss – als hätte der Himmel selbst ein Auge geöffnet, um auf diese Welt zu blicken. Es war kein Licht wie das der Sonne. Es war ein Urteil. Ein Ruf. Ein „So sei es!“.

Die Türme ragten wie Finger des Allmächtigen gen Firmament. Spitzer als Speere, unbeugsam, mit goldenen Spitzen, die den Himmel zu durchstoßen suchten. Es war, als würde der Bau selbst das Himmelsgewölbe aufbrechen wollen, um dem Herrn eine neue Pforte zu schaffen.

Die Fassade war kein Schmuck, keine Zierde – sie war ein steinerner Fluch gegen den Götzendienst, gegen den Irrglauben, gegen alles, was nicht rein ist. Keine Linie, keine Böschung, kein Relief, das nicht den Willen Gottes predigt. Sie spricht nicht – sie befiehlt. Und wehe dem, der ihr Antlitz mit unreinen Augen betrachtet.

Der Wald ringsum krümmte sich. Die Bäume, sonst stolz und ungezähmt, bogen sich wie Sünder unter dem Bann eines Priesters. Kein Tier wagte zu atmen. Kein Laut störte den Bauplatz. Nur das Hämmern der Auserwählten, das Stöhnen der Steine und das stete, treibende Pochen des göttlichen Willens – wie ein Herzschlag des neuen Reiches.

Ich weiß es nun jenseits allen Zweifels, jenseits aller menschlichen Vernunft:
Der Herr selbst baut mit uns.

Nicht mit Händen – sondern mit Zorn. Nicht mit Liebe allein – sondern mit Ordnung, mit Feuer, mit Richtspruch. Jeder Hammerschlag ist ein Psalm, der die Heiden zum Schweigen bringt. Jeder Balken, jedes Eisen ist wie ein Vers aus der Offenbarung. Und jeder Tropfen Blut, der fällt – sei es vom Steinmetz, vom Soldaten oder vom Ketzer – heiligt diesen Ort.

Der Bau wird dauern. Der Weg ist steinig, denn auch das Himmelreich wird nicht von Träumern errichtet, sondern von Gläubigen mit Schwielen an den Händen und Licht in den Adern. Aber das Ziel ist gesetzt. Der Plan geschrieben.
Und wehe dem, der versucht, ihn zu löschen.

Dieses Haus wird stehen, wenn Städte brennen. Wenn Reiche zerfallen. Wenn Elfen, Zwerge, Orks und Menschen sich im Staube winden.
Denn dieses Haus ist nicht von dieser Welt.
Es ist das Reich Gottes in Stein.
Und ich, Ravenna von Hohenfels, bin nicht seine Architektin.
Ich bin sein Werkzeug. Sein Schwert. Seine Stimme. Seine Flamme.

Mögen alle Weltreiche vergehen – dieses Haus wird bleiben.
Denn in seinen Mauern wird kein Zweifel wohnen.
Nur Wahrheit.
Nur Gericht.
Nur Gnade.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
06. Tag des Laubhagels

„Sie werden sagen: Herr, Herr – und doch dienen sie den Drachen.
Sie werden bauen – und ich werde es niederreißen.
Denn nur einer ist heilig, und nur einer trägt die Krone: Christus, der Gekreuzigte.“
— Codex Theologiae Militantis, Buch III, Vers 21

Heute kam ein Botenbrief aus dem Sumpf – schön verziert, in goldene Worte gekleidet, wie eine Hure mit Rosenöl im Haar.
Eine Kundmachung, so nennt man es, als handle es sich um ein königliches Edikt.
Valysar Rhaella III., „Tochter der Flamme“ – wie zärtlich das klingt, wie süß das Gift.
Sie erklärt die Errichtung eines Glaubensviertels in jenem Thur’Valarys, als sei es ein Werk der Gnade.
Aber wir wissen, was es wirklich ist: Ein Schrein des Hochmuts, ein Heiligtum der Götzen,
eine Puppenstube für kleine Elfenkinder, die von Drachen träumen, weil ihnen das Kreuz zu schwer ist.

Sie sprechen von „Andacht“, von „Läuterung“ und „Zuflucht“ –
ja, sicher. So spricht auch der Satan, wenn er durch das Schlüsselloch flüstert.
Ein Ort der Einkehr?
Einkehr wohin? In die Arme eines Drachenbildes?
Oder in die leere Stille eines Altars, der nichts weiter ist als ein aufrechtgestellter Esstisch für Geister ohne Gnade?

Ich kann nur lachen. Fromm, natürlich. Denn der Herr gebietet, die Torheit der Heiden zu verlachen,
wie Elias die Baalspriester verspottete: „Wo ist euer Gott? Schläft er vielleicht?“
Nein, ihr Elfen, eure Götter schlafen nicht – sie stinken.
Denn alles, was nicht aus Christus ist, ist Moder, Rauch und heißer Wind.

Diese Tempelhüterin Vexarys soll das Werk leiten –
bis, wie sie sagen, „eine neue Hohepriesterin durch göttliche Eingebung offenbar wird“.
Wie praktisch. Offenbarung auf Bestellung. Als ob der Himmel ein Marktstand wäre,
und jeder Elf sich seinen eigenen kleinen Gott basteln darf, solange er hübsch genug daran glaubt.

Ich bete, dass unser Herr – der wahre Herr –
nicht zu milde sei mit diesem Thur’Valarys.
Ich bete, dass er keine Engel mehr sendet, sondern Schwerter.
Dass er ihre Altäre nicht einfach austrocknen lässt, sondern mit Feuer reinigt,
damit ihre Flammen einmal schmecken, was ein richtiges Gericht ist.

Denn wir Christen glauben nicht an zwölf.
Wir glauben an einen.
Nicht an Drachen – sondern an das Lamm, das brüllt wie ein Löwe,
und der wird kommen, mit Gerechtigkeit und Zorn.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag „Der stinkende Odem des Orks“

„Denn aus dem Rachen des Tieres fährt der Ungeist, und seine Worte sind wie Fäulnis im Leib der Welt. Doch der Herr hat das Schwert geschaffen, um all jene zu zerschneiden, die keine Knie beugen.“

So also grölt das Tier.
Nicht mit Vernunft. Nicht mit Maß. Nicht mit dem göttlichen Geist –
Sondern mit der kehligen Fäulnis eines Wesens, das weder Erlösung noch Scham kennt.
Ein Ork erhebt die Stimme – und sogleich verdirbt der Odem Satans das Schwarze Brett.

Die Schinderbrut.
Schon der Name ist wie ein Fluch auf der Zunge.
Eine Sammlung aus Abschaum, Bastardblut und brennender Gottlosigkeit –
Ein wandernder Gräuelhaufen, der wie ein Dämon durch die Straßen kriecht, um Feuer, Schande und Unzucht zu bringen.

Und was spuckt dieses Tier aus seinem stinkenden Schlund?
Keine Botschaft. Kein Eid. Kein Schwur auf Ehre.
Nur: Nehmen. Brechen. Versklaven. Brennen.

Wie töricht. Wie kindisch. Wie teuflisch.
Diese Untermenschen kennen keine Seele – nur Gier. Kein Gesetz – nur Gewalt.
Sie kennen keinen Herrn – und sie werden ihn im Tode kennenlernen, wenn der wahre Gott sie richtet.

Sie schreiben, sie wollten keinen Bund, sondern Unterwerfung.
Ich lache.
Denn selbst wenn sie kriechen würden, wären sie nicht würdig, den Staub unter unserem Banner zu lecken.
Sie sprechen vom Sturm?
Nein. Was sie bringen, ist keine Naturgewalt – es ist ein Unwetter aus Exkrement und Irrsinn.
Eine Furie, geboren im After der Schöpfung, ausgespien, um die Gerechten zu prüfen.

Doch wir sind die Prüfung.
Wir sind das Feuer.
Wir sind das Ende aller Bestien.

Denn nicht Thyma Dorei ist das Ziel – sie mögen ebenso brennen wie jedes andere heidnische Nest.
Aber diese Orks – diese Höllenbrut in Ketten, mit Klingen aus Knochen und Gedanken aus Dreck –
sie werden das Kreuz nicht sehen.
Sie werden es spüren.
In Flammen.
In Kälte.
Im Stahl, der ihr Fleisch zerreißt wie Pergament unter göttlichem Zorn.

Ich sage es hier – und später, wenn ihre Leiber an den Wegkreuzen hängen:

Wer nicht kniet, stirbt.
Wer nicht schweigt, wird gepfählt.
Wer dem Herrn nichts opfert, wird selbst zum Opfer.

Diese Schinderbrut wird nicht siegen.
Sie wird ausgelöscht, verbrannt, vergessen.
Ihre Kinder werden in den Minen versklavt, ihre Namen aus allen Chroniken gekratzt,
ihre Leiber zu Leim, ihr Blut zu Tinte, ihr Erbe zu Asche unter den Füßen der Erwählten.

Und wenn sie uns je zu nahe kommen,
werde ich persönlich den Altar aus ihren Schädeln segnen.

R. von Hohenfels

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Die Taufe der „Sancta Virtus“ – Ein Fest im Zeichen des Zorns und der Reinheit

Die Sonne stand still, als wolle sie selbst Zeugin sein, als das Schiff des Herrn in den Dienst trat. Es war der dritte Tag der Reinigung, der siebte des Monats der Heiligen Offenbarung. Ganz Hohenfels war versammelt an der hölzernen Werft unterhalb der Klippen – Priester, Ritter, Büßer und das einfache Volk, in grober Bußgewandung.

Seit Wochen war kein Gesang erklungen, kein Gelächter, kein Wein vergossen. Denn wo ein Werkzeug Gottes geboren wird, dort herrscht Schweigen, Askese, Zucht. Die Werft war mit Bannbannern geschmückt – rote Tücher mit schwarzen Psalmen, geschrieben in Tinte und Blut. Auf ihnen: Die Namen der Märtyrer, die zu Wasser und Wind gebetet hatten.

Am Bug der Sancta Virtus stand Ravenna selbst. In dunklem Wams, das Haar streng gebunden, den Griff ihres Schwertes umklammert, während sie aus der Schrift des „Liber Gladii“ las:

„Denn wie das Kreuz einst über das Meer ging – von Jaffa nach Rom,
so soll es wieder fahren – von Hohenfels in alle Heidenlande.“

Die Liturgie der Taufe

Ein eigens geweihtes Taufwasser war in einem silbernen Krug herangetragen worden – vermischt mit Tränen der Novizinnen, dem Blut zweier verurteilten Ketzer und einem Tropfen geweihten Öls aus Jerusalem. Dreimal wurde das Wasser über den Rammsporn gegossen. Dann rief Schwester Amalie mit donnernder Stimme:

„Wie die Jungfrau das Wort empfing,
so empfange dieses Schiff den Geist des Herrn!“

Daraufhin getragen von seiner Mutter trat der Knabe Gabriel Thomas von Schönburg, ein Neugeborener der Siedlung, heran – in Reinheit und ohne Sünde –, und legte ein Kreuz aus Olivenholz auf das Deck. Das war das Zeichen: Das Schiff sei nun Kind der Kirche, Werkzeug der Disziplin, Richter über alle Sünde.

Dann wurde das Schiff gesegnet – nicht mit einem Kelch, sondern mit einer Flammenlanze. Ein brennendes Weiheschwert wurde unter Gesang der Ritter unter dem Bug hindurch geführt – Symbol des reinigenden Feuers, das die „Sancta Virtus“ über die Meere bringen soll.

Der Stapellauf

Als schließlich das Kommando gegeben wurde, und die Männer an den Seilen zogen, glitt das gewaltige Schiff in das Wasser des Klippenhafens – unter dem Klang von Posaunen, unter dem Fall eines Haufens verbrannter Elfenbücher, die vom Kai ins Meer geworfen wurden, um es zu reinigen.

Die Menge kniete nieder, als das Schiff schwamm – ruhig, stolz, unerschütterlich.

Ravenna sprach die letzten Worte:

„Von Hohenfels gesandt,
durch Gottes Willen bewegt,
und durch kein Menschengericht zu richten.
Sancta Virtus – zieh hinaus!
Und spalte das Meer zwischen Gläubigen und Verdammten.“

Dann verstummte alles – nur der Wind erhob sich. Und die „Sancta Virtus“ wandte sich in Richtung des offenen Ozeans.

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Tagebucheintrag
Nach der Hinrichtung des Verräters Arthir Morgann

„Ein toter Ketzer stinkt nur halb so sehr wie ein lebender. Und doch – selbst sein Verwesungsgeruch ist ein Lobgesang, verglichen mit dem Gift seiner Zunge.“

Heute hat Theonopolis seine Pflicht getan. Nicht mit zitternder Hand, nicht mit schwächlichem Zweifel – sondern mit dem festen Griff des Strickes, der das Fleisch vom sündigen Leib trennt.
Arthir Morgann – ein Nichts, das zu viel sprach, zu wenig schwieg und am Ende baumelte, wie es alle tun, die sich für größer als Gott halten.

Wie köstlich es war, seine „Vergehen“ zu lesen, feinsäuberlich aufgelistet wie ein Marktverzeichnis der Schande: Betrug, Aufruhr, Widerstand gegen den Senat.
Aber was ihn wirklich verurteilte, war sein widerlicher Spott gegenüber dem Glauben.
Er verwarf die Lehre, er verspottete das Licht – und er weigerte sich, niederzuknien.
Er hätte sich die Zunge herausreißen sollen, ehe er sprach. Er hätte den Galgen selbst erbauen sollen, statt bis zum Ende wie ein aufgeblasener Wurm in Ketten zu zischen.

Und als der Strick sich schloss, blieb es still. Keine Träne. Kein Bekenntnis. Keine Bitte um Gnade.
Nur dieser Blick – leer, verkommen, dumm.
Ich hoffe, die Krähen haben ihm zuerst die Augen genommen, damit er wenigstens im Tode nicht mehr auf das Antlitz der Welt spucken kann.

Theonopolis – unsere Schwester im Glauben – hat das Richtige getan. Nein: das Notwendige.
In einer Welt voller fauler Seelen darf man nicht säen – man muss ausreißen, verbrennen, salzen.
Die Städte der Gerechten dürfen nicht von innen verfaulen wie ein Apfel, der zu lange Mitleid genoss.

Möge jeder, der noch wagt, das Wort „Toleranz“ in den Mund zu nehmen, an Arthirs zuckenden Beinen erkennen, wohin sie führt.
Der Glaube ist kein Mantel. Er ist ein Schwert.
Und ich – wie Theonopolis – werde niemals zögern, es zu führen.

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Noch bevor der erste Sonnenstrahl über die gezackten Höhenzüge Eldorias kroch, betrat Ravenna von Hohenfels den Bauplatz des künftigen Heiligtums.
Die Luft war kühl, doch durchzogen von jenem kaum greifbaren Prickeln, das selbst gestandene Männer zum Schweigen brachte – als würde die Ewigkeit selbst dort Atem holen.

Der Boden war noch uneben, von Sägemehl, Steinmehl und Weihrauch getränkt, und dennoch hatte der Ort bereits jetzt etwas von einer geweihte Stätte. Die wenigen Arbeiter, die so früh auf den Beinen waren, senkten unwillkürlich ihre Häupter, als die Tempelritterin durch das Tor der Baustelle schritt – ohne ein Wort, aber mit einem Blick, der Mauern erschüttern konnte.

„Hier entsteht kein Haus für die Menschen,“ sprach sie, „sondern ein Thronraum für die Ordnung.“

Sie ließ sich von den Baumeistern Bericht erstatten, prüfte eigenhändig die Maße des Chorraums, inspizierte die Fluchtlinien der Pfeiler, und ließ einen Handwerker den Schwur auf das Regelbuch des Ordens wiederholen, da er die Kreuzachse um eine Handbreit verschob.

Zwei Novizen, die Mörtel mit ungesegnetem Wasser anrührten, wurden öffentlich gerügt, ihre Eimer ausgeschüttet, der Boden mit Asche bestreut und neu geweiht. Ravenna sprach keine Flüche aus – sie ließ den Raum selbst antworten. Und er antwortete mit Stille. Mit Schwere. Mit Gegenwart.

Im noch unvollendeten Hauptschiff, zwischen rohem Stein und offenen Balken, verweilte sie mehrere Minuten schweigend. Wind drang durch die unvermauerten Fensterbögen und warf Licht in schrägen Bahnen über den Staub – und man hätte schwören können, dass der Staub im Sonnenlicht tanzte wie betende Engel.

„Man spürt Ihn,“ flüsterte Schwester Amalie später, die in respektvollem Abstand folgte. „Noch ist kein Dach über uns, und doch ist es, als stünde man im Herzen des Herrn.“

Ravenna kniete schließlich allein vor dem noch unfertigen Altarstein – ein grober Monolith aus dunklem Granit, geschlagen in den Tiefen der ehemaligen Zwergenminen – und legte ihre Hand auf ihn. Ihr Gebet war leise, kaum hörbar. Nur drei Worte verließen ihre Lippen:

„Prüf dieses Werk.“

Als sie aufstand, ging ein Zittern durch den Boden. Ein zufälliger Rutsch von Steinen, sagten die Baumeister später. Und doch sprach niemand darüber, als sei es unziemlich, das Offensichtliche zu benennen:
Der Herr war bereits hier. Und Er erwartete Vollkommenheit.

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Tagebucheintrag
13. Tag des Monats der Läuterung

„Was nicht Mensch ist, kann nicht gerettet werden“

Es gibt Tage, da frage ich mich, wie viel Spott der Herr erträgt, bevor er das Firmament zerreißt und diese Welt in einer Sintflut aus Galle, Eisen und Schwefel ertränkt. Heute war solch ein Tag.
Ich wurde abermals daran erinnert, dass der Herr uns mit Verstand gesegnet hat, damit wir die Lächerlichkeit erkennen, in der sich die Welt außerhalb des Kreuzes windet. Ich hätte fast Mitleid empfunden, wäre nicht der Ekel über ihre selbstgewählte Verdammnis stets schneller als das Erbarmen gewesen.
Ich habe gebetet. Lange. Inbrünstig. Knie an Knie mit dem kalten Stein. Und dennoch blieb mir der Gedanke im Herzen wie ein Dorn: Warum duldet der Herr diese Missgeburten seiner Schöpfung?
Nicht aus Barmherzigkeit – das kann nicht sein. Nicht aus Prüfungsabsicht – denn dies ist keine Prüfung, das ist Gotteslästerung in fleischlicher Form.

Der Elf, der mir heute begegnete, war von jener bleichen Sorte, die wirkt, als habe sie nie das Licht der Welt verdient. Seine Ohren ragten wie Schuld aus seinem Kopf, sein Blick war trüb von Pilzrauch und seelenlosen Träumereien. Er sprach mich an mit „Schwester aus Fleisch“, als seien wir aus einem Stamm. Ich sagte ihm, dass ich aus Adams Blut sei – und er vermutlich aus dem Nachglühen eines Irrlichts.
Diese Spitzohren beten zum Wind, umarmen Bäume, und glauben, dass Regen „weint“.
Der Regen weint nicht. Der Regen reinigt. Wie Feuer.

Dann kamen die Zwerge. Klein im Wuchs, aber groß im Stolz – wie Kinder, die sich für Krieger halten, weil sie einen Steinwurf überlebt haben. Sie brummen von „Ahnenwächtern“ und „heiligen Erzen“, während sie in dunklen Löchern hausen wie Ratten mit Bart. Einer sprach mich an, prahlte mit seiner „Runenschmiede“, einem Ort voller glühender Zeichen und Gebete an den Fels. Ich fragte ihn, wie viele seiner Ahnen wohl geschrien hätten, als wir ihre Hallen reinigten und ihre Götzen zu Staub schlugen. Er wurde bleich. Oder vielleicht nur ehrfürchtig.

Und die Orks – was soll man sagen über Wesen, deren Sprache zur Hälfte aus Gurgeln, die andere aus Keulenhieben besteht? Sie nennen es „Stamm“, wenn sich eine Rotte Ungewaschener um ein Feuer schart und einem schimmelnden Schädel Opfer bringt. Einer von ihnen sabberte etwas von „Blutgeistern“ und „Ruf des Krieges“. Ich versprach ihm, dieser Ruf werde bald erhört.

Und dann – als Krönung all dieser Blasphemie – eine Bekanntmachung.
Mit goldverzierter Handschrift und einer Überheblichkeit, die nur aus elfischer Feder stammen kann:

„Das Drachenrefugium sucht fähige Hände…“

Man sucht Diener für eine Insel, die sich selbst „Zufluchtsort“ nennt.
Kammermädchen. Wäscher. Unterhalter. Wächter. Heilkundige.
Ein Paradies der Mittelmäßigkeit. Ein Rückzugsort für all jene, die sich vor Disziplin, Ordnung und göttlicher Wahrheit fürchten.

Die Hüterin nennt sich Elarya Velaryth.
Ein Name, der klingt wie eine Krankheit der Zunge. Sie bietet „Unterkunft, Verpflegung und Sinn“.
Was sie bietet, ist Götzendienst, Vermischung, Aufweichung.
Ein Ort, wo Elfen, Orks und Zwerge nebeneinander leben – als ob das heilig sei.
Als ob Gott je gewollt hätte, dass der Mensch mit dem Tier in einem Hause wohne.
Als ob die Reinheit unserer Berufung mit jenen vermengt werden dürfe, die nie Seelen besaßen.

Ich sage: Das Drachenrefugium ist kein Zufluchtsort. Es ist eine Arche für die Verdammten.
Und auch sie wird kentern, wenn die Flut kommt.

Lasst sie dort sammeln, was sie für heilig halten.
Ich aber baue keine Zuflucht. Ich errichte eine Festung. Ich dulde kein Refugium für Schwäche, nur Altäre für Stärke. Wer Kammerdiener sucht, sollte sich gut verschanzen – denn wir suchen Seelen. Und wir nehmen sie uns.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag – am Morgen nach der Verkündung in Xantia
Ort: Sanctum Dominii, Schreibstube, noch vor der Laudes

„Der Rauch des Morgenopfers war noch nicht ganz verzogen, da brachte mir eine aufgeregte Novizin Kunde aus Xantia. Der Kopf des Grafen von Thyma Dorei – oder besser gesagt: das jämmerliche, halb zerfressene Überbleibsel davon – sei über Nacht am Schwarzen Brett befestigt worden. Ein Anblick, der offenbar nicht nur den Magen der feinen Händler, sondern auch den Glauben der einfachen Bürger erschütterte. Die Raben picken bereits an seinem Antlitz, und ich frage mich: Finden sie dort überhaupt Nahrung? Oder nur Dünkel, Heuchelei und Schwäche?

Dieser „Graf“, dieser hochwohlgeborene Wurm, hatte wahrlich geglaubt, er könne Eldoria mit lächerlichen Pakten und flatternden Bannern schützen. Was nützt ihm nun seine Ahnentafel, sein Siegelring, sein leeres Wappen? Der Tod hat ihn entblößt. Und wie recht die Schinderbrut auch haben mag in ihrer grausamen Verkündung – dieser Tod war überfällig. Nicht, weil ich ihre Art billige, im Gegenteil: diese stinkende Brut aus Schlächtern, Bastarden und Götzendienern verdient selbst den Galgenstrick und das Feuer. Aber was sie da am Brett hinterließen, war ein Kunstwerk der Abschreckung – und eine willkommene Mahnung an alle, die meinen, zwischen beiden Fronten lavieren zu können.

Ich lache nicht über seinen Tod. Ich verachte ihn. Denn er starb nicht für etwas Wahres. Nicht für den Glauben. Nicht für das Heil der Seelen. Sondern für ein wankendes Bollwerk aus weltlicher Eitelkeit.

Sollte mein eigener Kopf einst von Raben zerrissen werden, so soll er es werden, weil ich mit Eifer gegen das Heidentum gerannt bin, mit dem Evangelium in der Hand und dem Feuer Gottes im Herzen. Nicht wie dieser Graf – ohne Überzeugung, ohne Opfergeist, ohne Gebet.

Ich werde Xantia bald eine Gesandtschaft senden. Der Schmutz muss beseitigt, die Schwachen gestärkt, und der Glauben erneut mit eiserner Zunge gepredigt werden.

Und wenn die Schinderbrut denkt, dies sei eine Demonstration der Macht – so sollen sie wissen:
Hohenfels kniet nicht vor Ungeziefer. Sie zermalmt es unter ihren Stiefeln.“

Dominus vult.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
Am Tag des Ascheregens, als der Himmel das Richtige tat.

Nun also ist er tot.
Nicht gefallen im ehrwürdigen Zweikampf gegen einen Streiter Gottes.
Nicht geköpft wie ein Mann.
Nicht gekreuzigt, wie es seinem Wesen entsprochen hätte.
Nein – Gorgh, der selbsternannte „Anführer“ der Schinderbrut, hat sich in einen Vulkan gestürzt.
Ein brennender Haufen Muskeln, Gestank und Größenwahn, der lieber in Feuer badet als in Wahrheit.

Was für ein Abgang.
Was für ein jämmerlicher, erbärmlicher, theatralischer Abgang.
Wie passend.
Ein Leben voller Gekreisch und Gier, beendet in einem Geysir aus Lava.
Er glaubte wohl, die Götter würden ihn dort empfangen.
Stattdessen fraß ihn der Schlund der Erde wie ein gieriger Magen.

„Der Narr glaubt, sich zu erhöhen – und fällt umso tiefer in den Abgrund.“
– Buch der Reinen, Kapitel 6, Vers 9

Was soll ich sagen?
Ich hatte mir mehr versprochen.
Ein Speer durch die Kehle.
Ein Beil durch die Wirbelsäule.
Ein Wort des Herrn auf meinen Lippen, während seine Augen brechen.
Aber nein –
der Bastard ging baden im Feuer, weil er der Wahrheit nicht standhielt.

Und Amelie?
Ach, wie sie spotten über unsere Kanzlerin.
Diejenigen, die Rückzug mit Flucht verwechseln, waren nie auf einem Schlachtfeld.
Sie verließ das Feld, ja –
aber nur, um den Pflug zu holen, mit dem sie ihren Untergang einpflügt.

Denn was nun kommt, ist kein Krieg mehr.
Es ist Reinigung.
Es ist Exorzismus.

„Wenn die Hure Babylon tanzt, lacht der Engel – denn das Feuer ist schon gelegt.“
– Buch der Reinen, Kapitel 14, Vers 6

Lasst sie singen.
Lasst sie johlen.
Lasst sie glauben, sie hätten den Tag gewonnen.

Denn morgen gehört dem Herrn.
Und der Herr gehört uns.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag ,
fern jeglicher Gnade

„Weh dem, der das Joch abschüttelt und sich anmaßt, frei zu sein. Denn Freiheit ohne Gottesfurcht gebiert nur Sünde.“
– Buch der Reinen, Kapitel 12, Vers 7

So also offenbart sich abermals das wahre Antlitz dieser sogenannten „freien Völker von Eldoria“.Morcon Pen’draig, der bleiche Sklavenhändler, der sich in Samt kleidet, aber mit Blut handelt, verliert die Zügel – und gleich das Tier, das er einst Bruder nannte, entläuft. Welch Farce!

Artharos… Ein Bastard, ein Entlaufener, ein Mörder. Und nun ein Märtyrer für jene Narren, die in seinem Fluch die Hoffnung auf Freiheit wittern. Drei Wachen hat er erschlagen, Morcon selbst verletzt – und floh mit nichts als einem Fischerboot, dem Wind und seiner eigenen Hybris. Dass er Morcon verwundete, ist das einzig Lobenswerte an diesem erbärmlichen Aufbegehren.

Wie köstlich ist diese göttliche Ironie!
Da predigt der Herr aus Valkarath von Ordnung und Kontrolle, doch wird er von seinem eigenen Unrat in die Knie gezwungen. Und nun schreit er nach Söldnern, nach Gold, nach Bluthunden – nicht aus Gerechtigkeit, sondern aus gekränktem Stolz.

„Ein entlaufener Hund kehrt stets zu seinem Erbrochenen zurück.“
– Buch der Reinen, Kapitel 19, Vers 3

Aber ich sage euch:
Nicht Artharos ist die Pest – es ist das System, das ihn hervorbrachte. Sklavenhandel. Gladiatorenspiele. Züchtigung zur Belustigung der Massen. Es sind ihre Ketten, die zerbrechen, nicht unsere. Möge er rennen. Möge er fliehen. Möge er brennen, wenn es sein muss – doch sein Aufstand ist ein Strohfeuer, genährt vom Zorn der Verdammten.

Ich fürchte ihn nicht. Noch begehre ich ihn.
Sollte er gen Hohenfels streifen, so wird mein Schwert ihn richten – nicht im Namen eines beleidigten Bruders, sondern im Namen des Herrn.

R. von Hohenfels

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