CV Ravenna von Hohenfels

Tagebucheintrag
Tag des Heiligen Kreuzzeichens

Gelobt sei der Herr, der sieht, was der Mensch nicht zu fassen vermag. Heute wurde die Nachricht von Schwester Ulrikes Tod offiziell verkündet. Und obwohl mein Herz hart geworden ist durch das Werk, das ich zu tun berufen bin, spürte ich einen kurzen Stich – nicht des Schmerzes, sondern der göttlichen Ergriffenheit.

Sie war fehlgeleitet. Das wissen wir alle. Eine Frau, die dem Glauben diente und ihn doch in der Tiefe verformte – wie heißes Eisen, das in die falsche Hand gerät. Trotz der Güte, die wir ihr zeigten. Trotz der Bußangebote, der Gespräche, der Mahnungen – sie wollte nicht hören. Ihre Zunge blieb giftig, ihre Gedanken wirr.

Pater Gaudentius, ein Mann des Geistes und der Geduld, trug schwer an ihrer Seele. Und als sie exkommuniziert wurde, da hoffte ich – ja, ich hoffte! – sie würde erkennen, was sie verloren hatte. Doch selbst da, als sie auf Pilgerschaft gesandt wurde, war ihr Blick stur, trotzig, stolz.

Und nun ist sie tot. Man fand nur die Reste – Gewandfetzen, eine Kette, ein wenig zerfressenes Fleisch. Der Herr allein weiß, wie ihr Ende war. Wilde Tiere? Räuber? Orks? Oder hat sich ihr falscher Glaube in die Dunkelheit selbst gestürzt?

Ich weiß es nicht. Ich muss es nicht wissen.

Denn ich glaube: Es war die Hand Gottes. Der Herr, unser Richter, ließ sie fallen wie Spreu vom Weizen. Nicht aus Hass, sondern aus Gerechtigkeit. Nicht aus Rache, sondern weil Heiligkeit nicht mit Schmutz koexistieren kann.

Wir haben alles getan, was getan werden musste. Mehr als das. Sie hätte sich retten können. Aber sie wollte Königin eines Traums sein, den nicht Gott, sondern Stolz geboren hat.

Möge sie nun dort stehen, wo keine Auslegung mehr hilft. Wo nur Wahrheit herrscht.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
Eintrag zur siebten Abendstunde nach dem Aushang am Schwarzen Brett

Verflucht sei dieser Tag, an dem meine Augen jenes erbärmliche Schriftstück lesen mussten, das wie eine faulige Warze an der Tafel in Xantia klebte.

Ein Ork – ein gottloses, stinkendes, seelenloses Drecksvieh – wird von den Schildträgern Mjosfells gefangen genommen… und man nimmt ihm die Hand?

Die Hand?

Welch jämmerlicher, feiger, gottloser Akt von Schwäche! Die Mjosfeller – diese klirrenden Narrenkönige in ihren mit Runen verzierten Blechhüten – rühmen sich, als hätten sie ein Wunder vollbracht, und lassen das Ungeziefer dann humpelnd davonkriechen wie einen räudigen Köter.

In Hohenfels hätte es keine Urteile gegeben. Nur Richtschwert und Feuerpfahl.

Ich hätte ihn auf den Platz geschleift, vor der versammelten Gemeinde, mit eisernen Haken durch die Schultern aufgehängt – und ihn dem Volk gezeigt, wie man ein Geschöpf der Hölle ausrottet. Dann hätte ich ihn bei lebendigem Leib verbrannt, gesalbt mit dem Öl der Reinigung, damit sein unreiner Leib nicht einmal als Aas die Erde schändet.

Doch was tun die Mjosfeller?

Sie lassen den Unrat ziehen. Einem tollwütigen Tier gibt man keine zweite Chance. Man schlägt ihm den Schädel ein und zertritt das Hirn – zur Ehre des Herrn und zum Schutz der Menschheit!

Ich schwöre bei meinem Blut und dem Kelch unseres Heilands: Sollte dieses orkische Geschwür jemals den Boden Hohenfels betreten, werde ich ihn eigenhändig zur Hölle schicken – mit Stahl, Gebet und glühender Klinge. Kein Erbarmen. Kein Rückzug. Kein Irrtum.

Die Sünde, Brüder und Schwestern, die Sünde lebt, weil wir zu selten das Schwert führen und zu oft den Federkiel. Der Herr hat nicht Kreuze aus Gold, sondern Lanzen aus Stahl gewollt!

Die Orks sind die Kinder des Verderbens, gezeugt von Bastarden, geboren im Morast. Und wer sie verschont, ist kein Freund – er ist ein Verräter am Licht.

Mjosfell soll sich schämen.
Und zittern.
Denn das Reich Gottes duldet keine Halbheiten.

R. von Hohenfels

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Tagebucheintrag
10. des Segensmonds, im der Heimsuchung

Heute, so der Herr mich prüft, wurde mein Blick gen das Schwarze Brett der Stadt gezogen, wo sich ein Zwerg – kaum größer als ein Brotleib, doch mit übergroßem Stolz in der Brust – daran machte, eine Botschaft zu verkünden. In bunten Farben, mit zu fröhlichem Gemüt und geradezu ketzerischer Zuversicht sprach er von Frieden, von Ordnung – und, o wehe mir – von Demokratie.

Demokratie. Dieses Wort, in zwergischer Zunge geschrieben, hallte in meinen Gedanken wie ein fauliger Wind durch leere Kathedralen. Was ist diese Ordnung, wenn nicht ein Abbild der babylonischen Wirrnis? Wenn jeder Zwerg meint, seine Stimme sei gleichwertig der eines Priesters oder Kriegsherren, wie soll da das Reich bestehen?

Sie geben vor, sich der Lehren der Urahnen zu besinnen, doch ich erkenne darin nur das Werk jener, die die Krone verwerfen, um das Joch der Verantwortung zu meiden. Ohne Krone, ohne Lügen, schreiben sie – als wären Hierarchie und Wahrheit sich gegenseitig Feinde! Was sie stattdessen wählen, ist der Trugschluss des gemeinen Willens, eine heidnische Illusion von Gleichheit, die nur ins Chaos führen kann.

Und dennoch, ich bin nicht blind. Ich sehe ihre Stärke in der Einigkeit. Wie sie sich sammeln, wie sie glauben, etwas zu erschaffen. Und ich sage: Das Reich Gottes formt sich nicht durch Abstimmung. Es formt sich durch Blut, durch Feuer, durch Gehorsam.

Ein Tavernenabend soll es geben, zur Feier dieser neuen Zeit. Ich werde diesem Schauspiel fernbleiben. Kein frommer Fuß soll jenen Boden betreten, auf dem Demokratie wie ein Götze angebetet wird, während Wein und Spott das Maß der Dinge sind. Mögen sie trinken, mögen sie lachen – die Wahrheit wird nicht dort geboren, wo Zungen vom Alkohol gelockert werden, sondern wo Knie sich vor dem Herrn beugen. Ich werde stattdessen beten, wachen, und meine Klinge segnen – auf dass sie bereit ist, wenn aus dieser neuen Ordnung das unvermeidliche Chaos wächst.

R. von Hohenfels

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