i vanwië talmar - DIe Wurzeln der Vergangenheit
oder auch ‘Die Bibliothek des Lebens’
Im Herzen der Stadt lag die große Bibliothek von Dylandria – ein unterirdisches Meisterwerk, das tief in das Erdreich verwoben wurde. Hallen aus lebenden Wurzeln und Stein verschmelzen mit Rankengewölben, von Glühmoos erleuchtet.
Hier bewahrte Dylandria das Wissen der alten Reiche. Nur wenige durften eintreten. Die Bibliothek lebte, sie atmete mit der Natur, ihre Gänge veränderten sich wie das Wachstum eines Baumes, und sie gab ihr Wissen nur jenen preis, die mit ehrlichem Herzen suchten. Licht durchströmte sie in leuchtenden Farben durch prismatische Quarze, die in die Decke eingelassen wurden. Im Zentrum befand sich ein natürlicher Quell. Ein Wasserfall, silbern und leise wie eine flüsternde Erinnerung. Sein Wasser fiel in einen klaren, runden Teich, welcher so still lag, dass er das Licht der Quarze spiegelte. Die Luft war erfüllt von dem Duft alten Papiers, lebendiger Magie und der Stille jahrtausendealten WISSENS. Ein Ort, an dem besonders das elfische Wissen behütet und erweitert wurde.
Doch als Dylandria fiel und die Jahre über die Welt zogen wie ein endloser Winter, verschwand auch die Bibliothek aus dem Gedächtnis der Elfen. Sie schlief. Nicht tot, sondern wartend, geborgen im Erdreich, wie ein Samenkorn, das auf den Frühling hoffte.
Jahrzehnte vergingen. Bis eines Tages, während der aufwendigen Restaurierungsarbeiten im alten Kern der Stadt Thyma Dorei, Arbeiter auf ein seltsames, pulsierendes Gestein stießen, durchzogen von einem leisen Summen. Neugierig und ehrfürchtig gruben sie weiter und öffneten versehentlich ein vergessenes Tor. Ein Strom warmer Luft, duftend nach altem Papier, frischer Erde und einem Hauch von Magie, stieg ihnen entgegen.
Die Bibliothek war nicht zerstört, sondern hatte sich selbst bewahrt, gewachsen, verwandelt und auf ihre Wiederentdeckung gewartet.
Nun, da sie wieder ans Licht tritt, beginnt ihre zweite Blüte. Gelehrte pilgern aus allen Ecken der Welt nach Thyma Dorei, um durch ihre Gänge zu wandeln. Die Bibliothek hat sich verändert. Neue Gänge wachsen, wenn ein Suchender mit reinem Herzen eintritt. Alte Texte blühen auf, in neuer Sprache, fremdes Wissen wird aufgenommen, als hätte es immer dazugehört.