𝔇𝔦𝔢 Ü𝔟𝔢𝔯𝔩𝔦𝔢𝔣𝔢𝔯𝔲𝔫𝔤 𝔡𝔢𝔰 𝔇𝔯𝔞𝔠𝔥𝔢𝔫𝔟𝔞𝔲𝔪𝔰
Verstaubt, verborgen und verloren geglaubt wurde ein Buch entdeckt. In den tiefsten Gewölben der alten Bibliothek, welche in Thyma Dorei wieder zum Leben erwacht. Ein Band, dessen Seiten flüstern. Ein Werk, das vergessen war, bis heute.
(Quelle: Ki generiert)
Dies ist die Chronik von Dylandria. Vermutlich niedergeschrieben von Händen, die längst zu Staub geworden sind.
Kapitel I – Von Grador, dem Drachen
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In jenen Tagen, als die Seelenwanderung ihren Ursprung nahm und Schwarzmond seine düstere Herrschaft ausbreitete, lebte ein Drache, klein an Gestalt und unscheinbar im Antlitz der Welt. Grador ward er genannt.
(Quelle:pinterest)
Er war einer aus dem Gelege der alten Horos, einem Drachen von großer Macht, und auch Grador war bestimmt, einst in die Schlacht gegen das Schattenreich Schwarzmonds zu ziehen. Doch war sein Leib zart, verletzlich, sein Wesen von ruhiger Kraft und feinem Geist. Und obgleich seine Weisheit der seiner Geschwister in nichts nachstand, blieb ihm der Pfad des Ruhmes verwehrt.
So geschah es, dass Grador in einem erbitterten Angriff auf Schwarzmond schwerlich verwundet ward. Dem Tod nahe, zog er sich aus dem Gefecht zurück. Er wusste um seine letzte Bestimmung, den Platz, der ihm am Weltenbaum zugedacht war. Doch seine Kräfte reichten nicht mehr aus, jenen Ort zu erreichen.
Er ließ sich nieder unter einem roten Ahornbaum. Das Blut, das aus seinen Wunden rann, tränkte die Erde und die Wurzeln des Baumes. Als sein Leben verglomm und seine Seele die sterbliche Hülle verließ, da drang seine Essenz tief in das Herz des Baumes. Es hieß, wer den Stamm in jener Stunde berührte, hätte das Pulsieren des Drachen selbst gespürt. Seine Seele, sein Wissen und ein Teil seiner Kraft gingen auf den Baum über. Verborgen, bewahrt, doch nicht vergessen.
Kapitel II – Von Cairlynn Eldar
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Viele Jahre vergingen, als eine junge Elfe mit dem Namen Cairlynn Eldar durch Eldoria wanderte. Schön war sie und wild wie der Wind, doch ohne Eitelkeit. Ihr braunes Haar umspielte ihre Schultern und in ihren Augen brannte ein Wille, ihren Platz in dieser Welt zu finden.
Als Künstlerin und Handwerkerin war sie auf der Suche nach Inspiration. Ihre Reise führte sie zu jenem roten Ahornbaum. Er stand da, zunächst unscheinbar, doch bei näherer Betrachtung war sein Stamm durchdrungen von einer seltsamen Aura, die pulsierte wie ein ferner Herzschlag.
(Quelle: pinterest)
Cairlynn gebannt vom Anblick, kniete sich nieder, zog einen Handschuh von ihrer Hand und berührte ehrfürchtig den Baum. Da durchfuhr sie eine Welle von Energie. Warm und uralt. Die Welt um sie herum leuchtete in rotem Schein, ihr Haar nahm die Farbe der Flammen an, und sie spürte die uralte Seele des Baumes in sich erwachen.
Sie fühlte die Wurzeln, die sich tief durch das Land zogen, die Ströme der Magie, die sich aus dem Baum speisten, und das reine Wissen, das in ihm lag. Doch zugleich wusste sie: der Baum lag im Sterben. Eine Träne glitt über ihre Wange, fiel zur Erde und in diesem Moment wurde sie wohl Zeugin eines Wunders.
Ein junger Spross trat zwischen den Wurzeln hervor. Klein, unscheinbar und doch lebendig. In diesem Moment erschien ihr ein roter Drache in einer Vision. Grador selbst, der in Gedanken zu ihr sprach und ihr seinen letzten Willen übergab: Sie solle eine Stadt gründen, eine Zuflucht des Lichts und sie solle das Wissen, das er ihr anvertraute, in dieser Welt bewahren.
So saß sie lange unter dem Baum, bis dessen Glanz gänzlich erloschen war. Wo Leben war, herrschte nun Stille. Doch der kleine Spross lebte. Behutsam nahm Cairlynn ihn an sich, gebettet in Moos und feuchte Erde.
Von diesem Tage an war sie die Hüterin des Aldaron Glaurin, des Drachenbaums und schwor, für sein Wohlergehen und das seiner Nachkommen zu sorgen.
Kapitel III – Von der Suche nach einer Heimat
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Schritt für Schritt führte sie ihren Weg voran, auf der Suche nach einer Heimat und der Erfüllung der Aufgabe, die ihr zuteil wurde.
Sie ging durch verwachsene und verwunschene Wälder, in der Magie noch Wirkung hatte, entlang an steinigen Küsten, bis hin zu den malerischen Hängen einer Landschaft, welche ihr geeignet erschien, der Aufgabe des Gradors gewachsen zu sein.
Die Natur war unberührt und wild, aber zugleich von einer anmutigen Schönheit
(Quelle:pinterest)
Ein Flecken Erde, wo die Sonne ihr sanftes Licht über die weichen Hügel fließen ließ. Überall sprossen wilde Kräuter und zarte Blüten aus dem nährstoffreichen, leicht bröseligen Lössboden. Zwischen alten Olivenbäumen und schlanken Zypressen summten Bienen, und der warme Wind trug den Duft von Thymian und Lavendel mit sich.
Die Elfe Cairlynn spürte, hier sollte es beginnen.
Der Spross von Aldoron Glaurin, dem Lebensbaum, der das Erbe Gradors in sich trug, ruhte sicher in einem von ihr geflochtenen Korb, gebettet in feuchte Erde und weichem Moos.
Hier, an diesem Ort, inmitten des wilden Duftes von Lavendel und Thymian, fand sie das, wonach sie unbewusst gesucht hatte: Ein Ort der Hoffnung. Ein Ort für Neubeginn. Stein für Stein errichtete sie dort, mit bloßen Händen, ein erstes Heim. Andere Elfen, angelockt vom Ruf des Windes und dem sanften Leuchten, das Cairlynn umgab, fanden sich ein. Sie kamen als Reisende und sie blieben als Gefährten, als Freunde.
Gemeinsam errichteten sie aus hellem Sandstein erste Häuser mit flachen Dächern und luftigen Innenhöfen. Die Wände wurden mit Wein berankt, Zitrusbäume wuchsen zwischen den Wegen, und in kleinen Gärten blühten Heil- und Würzkräuter. Jeder Stein, den sie setzten, wurde mit Segen versehen, jede Tür war eine Einladung zum Miteinander. Man lachte, man arbeitete, man sang wieder. Und mit jedem neuen Ankömmling wuchs nicht nur die Stadt, sondern auch das Vertrauen in eine Zukunft, die mehr war, als bloßes Überleben.
Kapitel IV – Vom Aldaron Glaurin
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Eines Abends, als der Himmel in Rot und Gold getaucht war, wanderte Cairlynn allein in die Berge, geführt nur von einem inneren Drang. Sie stieg höher, bis sie eine enge Felsspalte entdeckte, die in einen schmalen Höhleneingang mündete. Der Pfad war schwer zugänglich, von der Außenwelt beinahe verborgen. Doch kaum trat sie ein, umfing sie ein Gefühl uralter Magie. Die Luft war kühl, aber nicht feindlich. Und an der Seite der Höhle, durchzogen von glimmenden, natürlichen Leuchtranken am Gestein, entsprang eine kristallklare Quelle. Ihr Wasser floss in einem kleinen Bach weiter, der den Boden in fruchtbaren, dunklen Schlamm verwandelte. In der Höhle herrschte Dämmerung, doch kein Dunkel. Das spärliche Licht wurde von den feuchten Steinwänden reflektiert und so musste sie kein Dunkel fürchten.
Cairlynn wusste sofort: Dies war der Ort. Aldoron Glaurin würde hier wachsen. Nicht in der offenen Sonne, sondern im geschützten Schoß der Erde. In der Nähe fließenden Wassers, geborgen und genährt. Es war nicht der offensichtlichste Ort, doch der einzig richtige. Sie kniete nieder, grub mit bloßen Händen eine Mulde in die Erde, setzte den Spross hinein und bedeckte ihn vorsichtig. Als sie fertig war, leuchtete der junge Baum einen Moment in einem warmen Rot.
Cairlynn verweilte eine Zeit still neben dem Baum, ehe sie eine Vision heimsuchte:
Eine Frau erschien ihr. Zart vom Wesen und rein der Seele. Etwas wissendes, altes und magisches hatte sie an sich. Eine natürliche Ehrfurcht strahlte sie aus und Cairlynn wusste in diesem Moment, dass ihr Mutter Natur, in ihrer Form gegenüber getreten zu sein schien. Sie lächelte Cairlynn freundlich zu und es wirkte, als wäre sie ihr gegenüber wohlwollend gestimmt. Der Name Nympha hallte in ihrem Geist nach, und sie wusste, dass dieser Ort gesegnet war.
Cairlynn spürte die Energie und Anwesenheit der Frau, auch noch lange nach dieser Vision, innerhalb dieser Höhle. Sie dachte einen Augenblick nach und sie wusste, dass dieser Moment nur ein weiteres Zeichen war, nachdem sie ihr Leben richten würde.
Kapitel V – Dylandria erwacht
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Die Zeit verging und was einst als Vision begann, wuchs nun zu einer Gemeinde heran. Aus der Siedlung wurde eine Stadt, getragen von Elfen aller Künste. Dylandria nannten sie ihr neues Zuhause.
Dyl – wie der Wandel.
Andria – wie die Hüterin heiliger Kräfte.
Welch passender Name für ein Reich, das Hoffnung atmete.
(Quelle:pinterest)
Hier wuchsen die Reben, sangen die Dichter und heilten die Kräuterkundigen. Und obwohl der Schatten Schwarzmonds das Land noch heimsuchte, war Dylandria ein Ort des Lichts. Es ward kein Ort des Widerstandes, sondern des Erhalts, der Erinnerung und des neuen Lebens.
Kapitel VI – Von der Hüterin zur Königin
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Die Elfen nannten Cairlynn bald nicht mehr nur Hüterin – sondern nannten sie “târa” - was Königin bedeutet. Nicht durch Blut, sondern durch Vertrauen. Sie trug keine Krone aus Macht, sondern eine aus Liebe, gefertigt aus Gold, verziert mit Reben und dem Schein des Lichts und des heimischen Gesteins.
(Quelle:Ki generiert)
So ward sie „die gründende Königin“ genannt. Unter ihrer Führung fand das Wissen Gradors Verwendung und so auch die Kunst der Heilung, der Kräuterlehre, der Musik. Dylandria wurde bekannt für seine legendäre Schmiedekunst, in der Magie und Metall miteinander verschmolzen,sogar weit über die Grenzen hinaus. Kein anderer Ort konnte Waffen schmieden, die in Licht tanzten, oder Rüstungen, die im Einklang mit dem Träger lebten. Dylandria wurde zu einem Leuchtturm in dunkler Zeit.
Kapitel VII – Der Tempel der Nympha
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Cairlynn vergaß jedoch nie die Vision der Mutter Natur. Und so ließ sie an jenem heiligen Ort einen Tempel errichten. Steinmetze, Künstler und Bauherren wurden damit beauftragt, sich diesem anzunehmen und so entstand über die Jahre ein Tempel, der in Schönheit, Anmut und Pracht erstrahlte. Eine Halle, von Säulen getragen.
Eine Quelle, welche den Boden tränkte und inmitten all dem, der Aldaron Glaurin. Es schien als hätte die Göttin selbst seitdem ihre schützende Hand über den Aldaron Glaurin gehalten, denn dieser wuchs heran und speiste die Lande mit seiner magischer Energie, noch immer ruhend im Inneren der Höhle und geheimnisvoll.
Kapitel VIII – Die Bibliothek
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Die Jahre vergingen, und Cairlynn wusste, dass ihre Aufgabe damit nicht endete. Das Wissen Gradors sollte bewahrt werden. So ließ sie die Bibliothek Dylandrias errichten. Mit elfischem Wirken, handwerklichem Geschick und dem Spiel der Natur selbst entstand eine Bibliothek, wie es sie kein zweites Mal mehr in der Geschichte geben sollte. Eine Symbiose, wie sie ihresgleichen in der Welt sucht.
Ein Ort, wo Worte wuchsen wie Wurzeln. Zunächst leer, füllte sie sich mit Wissen, das Cairlynn sammelte und niederschrieb. Und andere taten es ihr gleich. Wort um Wort fand Einzug und die verstaubten Regale füllten sich mit altelfischem Wissen.
Kapitel IX – Der Fremde
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Eines Morgens trat ein Mann in die Bibliothek – Mikel Narqua. Er sprach wenig, doch seine Gegenwart war voller Bedeutung. Tag für Tag kehrte er zurück und sichtete das Wissen, welches Einzug in die Bibliothek nahm. Er war ein Wächter, ein Mitglied eines stillen Zirkels, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, das Wissen der Welt zu bewahren. Doch in Cairlynn fand er mehr als ein Archiv. Er fand ein lebendiges Erbe.
Es war kein rasches Erkennen der Liebe, sondern ein leises Erwachen. Zwischen Schriftrollen und Worten, zwischen Schweigen und Lächeln wuchs das Vertrauen zweier Seelen, die füreinander bestimmt waren.
Kapitel X – Ein Band entsteht
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Diese Verbindung sollte sobald öffentlich besiegelt werden. In einem stillen Moment, vom Licht der Morgensonne durchflutet, umgeben von all der Pracht der Natur und dem sanften Rauschen des Waldes, gaben sich Mikel Narqua und Cairlynn Eldar das Versprechen ewiger Treue. Freunde und Verbündete waren Zeugen dieses Bündnisses.
Nur wenig Zeit verging seit diesem Tage, bis die Vereinigung neues Leben offenbarte.
Ein Mädchen ward geboren, Alari Narqua.
Ihr feuerrotes Haar schimmerte wie ein lebendiges Flammenzeichen. Ein unwiderrufliches Zeichen des Erbes Gradors und dem Auftrag des Hütens. Alari soll der Grundstein einer großen Dynastie werden, die über die Generationen hinaus das Erbe der Familie Narqua bewahrt und die Geschichte Eldorias mitprägt.
Und was aus Grador entsprang, was Nympha schützte, was Cairlynn erbaute, es soll nun weiter leben bis in die Zukunft. In den stillen Hütern des Wissens und den schützenden Händen des Aldaron Glaurins. In den ausgewählten Kindern der Familie, welche vom Feuer geküsst und von Grador selbst gezeichnet werden. Geboren aus Neugier, der Suche nach Wissen, dem Fund von Liebe und der stillen Kraft jener, die sich dem Schutz und der Bewahrung der Welt verschreiben werden.
So endet die Überlieferung der Gründung Dylandrias, der Stadt des Drachenbaums. Möge ihr Licht niemals verlöschen.