Wie rührend.
Ein weiterer Apologet gepflegter Selbstrechtfertigung erhebt das Wort – nicht ohne zuvor den eigenen Talar zu parfümieren mit dem süßlichen Weihrauch vermeintlicher Objektivität. Du trittst auf mit der Grazie eines Philosophen, der das Maß predigt, während er in der linken Hand die Waage manipuliert und mit der rechten das Schwert der Rhetorik führt.
„Ich sage nur meine Meinung – was sich andere nicht trauen.“
Ein hübscher Mythos, den du dir da gebastelt hast. Der einsame Rebell, der unbequeme Wahrheiten ausspricht. Doch so unbequem sind sie nicht – sie sind bequem für dich. Es ist immer einfach, den Underdog zu spielen, wenn man sich vorher selbst die Bühne dafür gezimmert hat. Und noch bequemer ist es, sich auf „viele haben mir gesagt, sie finden’s mega“ zu berufen. Eine Galerie stiller Bewunderer – wie praktisch. Unsichtbar, aber stets zustimmend.
„Ich will eigentlich nur klarstellen …“
Natürlich willst du das. Alle wollen immer nur klarstellen. Und dabei werden sie erstaunlich unscharf. Du empörst dich über „verfälschte Aussagen“, aber nennst keine. Du wetterst gegen „Selbstdarstellung“, während du dich selbst als die letzte Bastion der Unverblümtheit stilisierst. Du sprichst von „Tatsachen“, aber verteidigst Emotionen als Beleg – solange sie dir nützen.
„Ich krieche niemandem in den Arsch.“
Du sagst, du würdest niemandem in den Arsch kriechen. Niemand hat dir das unterstellt – und doch verteidigst du dich, als wärst du auf den Knien erwischt worden. Ein interessanter Reflex. Manchmal verrät der Tonfall mehr als der Inhalt.
„Ich will nochmals klarstellen, dass ich in vielen Punkten mit Loulette, dir und den meisten anderen übereinstimme“ –
Wie praktisch. So kannst du gleichzeitig zuschlagen und behaupten, du wärst Teil des Lagers, das du attackierst. Das nennt man Rosinenpickerei. Und während du die Flagge der Neutralität schwenkst, trittst du beiden Seiten ans Schienbein.
„Das Team und Musc erlauben sich viele Fehltritte – sogar längst überholte.“
Ach ja. Allgemeine Kritik – ohne Substanz. Der Vorwurf steht im Raum, der Beweis bleibt im Dunkeln. Du willst zeigen, dass du kritisch bist, aber differenziert. Und doch zielt dein Pfeil ins Leere – du willst treffen, aber niemanden konkret benennen. Eine Strategie, die man gemeinhin als „feig in der Form, hart im Ton“ kennt.
Und nun zur Selbstkrönung: Der moralische Rückspiegel.
Du wirfst anderen vor, sich moralisch zu erhöhen, während du dich selbst als Verkörperung mutiger Wahrhaftigkeit inszenierst. Das ist kein Beitrag zur Diskussion – das ist ein Maskenball mit eingebauter Selbstbeweihräucherung. Nur dass der Rauch dabei nicht aus Weihrauch besteht – sondern aus dem kokelnden Zunder eigener Widersprüche.