Ein Ruf nach Meisterhänden – Schneiderkunst gesucht!

Die Dämmerung lag noch über der Hauptstadt, als Erasmineá erneut ihren Weg zum Kutschenplatz einschlug. Der leichte Nebel des Morgens legte sich auf die stillen Straßen, und die ersten Händler begannen, ihre Stände aufzubauen. Doch in Erasmineàs Herzen wuchs die Ungeduld. Wochen waren vergangen, seit sie ihren ersten Aushang am schwarzen Brett befestigt hatte – doch es hatte sich niemand gemeldet.

In der Hand hielt sie ein neues Pergament, diesmal fester geschrieben und mit mehr Dringlichkeit versehen. Ihr Wunsch, einen fähigen Schneider zu finden, war nun größer denn je, denn Theonopolis wuchs rasch voran, und die wohl bald aufkommenden Anlässe würden prächtige Gewänder erfordern. Sie seufzte leise, als sie das Pergament betrachtete.

Am schwarzen Brett angekommen, stellte sie fest, dass der alte Aushang von den Wettern bereits leicht beschädigt war. Erasmineá zog nahm das neue Pergament, dessen frische Tinte im frühen Licht noch glänzte, und befestigte es mit einer Nadel an der hölzernen Tafel, direkt über dem alten Aushang.

Erneuter Ruf an die Meister der Schneidekunst!

Trotz meines vorherigen Gesuchs blieb die Nadelkunst bislang ohne Antwort. Daher rufe ich erneut: Gesucht wird ein erfahrener Schneider oder eine Schneiderin, die in der Lage ist, Gewänder sowohl für den täglichen Bedarf als auch für festliche Anlässe zu fertigen.
Es erwartet euch eine großzügige Entlohnung.

Interessierte mögen sich baldmöglichst in Agriá Pelóri melden.

per procura,
Erasmineà Thea Tsakiris von Piräus
Verfasst in den goldenen Tagen des Erntemonats, im ersten Jahr der Blüte Agriás.

Ein alter Händler, der in der Nähe seinen Stand vorbereitete, sah zu ihr herüber. „Wieder kein Glück gehabt, Fräulein Tsakiris?“ fragte er mit rauer Stimme, während er ein paar Waren in Kisten verstaute.

„Leider nicht,“ erwiderte sie mit einem sanften Lächeln, „doch ich gebe die Hoffnung nicht auf. Irgendwo muss es jemanden geben, der diese Kunst versteht.“

„Es ist ein ehrbares Handwerk, gewiss wird sich bald jemand melden,“ sagte der Händler und nickte ermutigend.

Erasmineá bedankte sich mit einem aufrichtigem Nicken, trat einen Schritt zurück und betrachtete ihren Aushang ein letztes Mal. Sie strich sanft über die Worte und atmete tief ein. Dann wandte sie sich ab, der Kutschenplatz begann langsam lebendiger zu werden, und mit jedem Schritt zurück nach Agriá Pelóri hoffte sie, dass ihre Botschaft diesmal Gehör finden würde.

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