Die Legende von Thur’Valarys – Die Insel der Hüterinnen

Es gibt Orte, die kein Sterblicher je betreten wird, Orte, die sich dem Lauf der Zeit entziehen.
Orte, die nicht sind, bis sie sein wollen.

So erzählt die Legende von einer Insel, verborgen hinter den Schleiern der Wirklichkeit, die kommt und geht wie der Atem eines Drachen. Thur’Valarys, nennen die wenigen Eingeweihten sie – das Refugium der Hüterinnen, das Reich der Verborgenheit.

Kein Seefahrer kannte ihren Namen, kein Kartograph konnte sie verzeichnen, und doch hat sie stets existiert. Älter als die Valyrianthi selbst, älter als die ersten Drachen, geformt noch in jenen Tagen, als die Drachengötter über die Welt wachten.

Die Geburt von Thur’Valarys

Einst, als die Sterne noch jung waren und die Zwölf Drachengötter über Eldoria wachten, geschah es, dass die Welt aus dem Gleichgewicht zu geraten drohte. Die Mächte des Drachen Schwarzmond erhoben sich, verborgen in den Schatten, während die Sterblichen unwissend durch ihr kurzes Leben wandelten.

Da erhob Valyndor, der Grösste der Drachen, seine Stimme und sprach:
„Es soll einen Ort geben, frei von den Wirren der Sterblichen. Ein Refugium, in dem Wissen bewahrt und Macht geschützt wird, ein Ort, der nur jenen zugänglich ist, die dazu bestimmt sind.“

Die Zwölf vereinten ihre Kräfte. Sie riefen die Gezeiten, die das Land aus den Tiefen des Ozeans hoben. Sie riefen den Wind, der die Nebel um die Insel wob, und das Feuer, das den Grund mit Leben erfüllte.

Und als letzter Funke göttlicher Schöpfung hauchte Vayandria, die Weberin des Schicksals, der Insel ihren Willen ein.
„Du wirst nicht sterben und nicht verwehen. Du wirst nicht vergehen in den Fluten, noch in den Stürmen. Doch verborgen wirst du sein, bis der Ruf deiner Hüterin dich erweckt.“

So wurde Thur’Valarys geschaffen – eine Insel, die nur existiert, wenn ihre Zeit gekommen ist.

Die Erste Hüterin

Tausend Jahre vergingen, und kein Sterblicher kannte die Insel. Doch dann wurde die erste Hüterin geboren.

Ihr Name war Seralyth, Tochter des Sturms. Ihre Geburt war von Omen begleitet – der Himmel brannte in Purpur und Silber, und ihr Haar war weiß wie das Licht der Sterne.

Schon als Kind spürte sie die Gezeiten der Magie, das Ziehen eines unsichtbaren Bandes, das sie in die Ferne rief. Während andere sich mit den Pflichten ihres Standes begnügten, blickte sie stets nach Osten, über die Wasser, die kein Ende zu nehmen schienen.

Dann, in der Blüte ihrer Jahre, verließ sie ihre Heimat Dohaeragon.

Sie segelte weiter als jeder Valyrianthi zuvor, trieb wochenlang auf dem offenen Meer, während die Winde ihr den Weg wiesen. Und eines Morgens, als die Sonne wie geschmolzenes Gold über dem Horizont hing, sah sie es.

Eine Insel, eingerahmt von smaragdgrünen Klippen, in Nebel gehüllt, die wie lebendige Schatten tanzten.

Seralyth betrat das Land – und es war, als würde sie ein verlorenes Zuhause wiederfinden. Die Luft vibrierte vor uralter Magie, die Ruinen waren nicht von sterblicher Hand errichtet. Überall fanden sich Zeichen, Symbole der Drachengötter, verborgen in Stein gemeißelt.

Dann entdeckte sie eine Inschrift, tief in die Wände einer alten Tempelruine gemeißelt.

„Thur’Valarys“

Die Buchstaben waren nicht jene, die sie kannte. Sie waren älter als die Schrift der Valyrianthi, geformt in der Sprache der Götter. Als Seralyth mit den Fingern über die Zeichen strich, flüsterten die Wände:

„Zuflucht der Valyrianthi. Heiligtum der Drachen.“

Und in diesem Moment wusste sie, warum sie hier war.

„Du bist die Erste, aber nicht die Letzte. Thur’Valarys wird mit dir leben – und mit dir sterben. Doch wenn die Zeit reif ist, wird es neu geboren, durch jene, die nach dir kommen.“

Und so begann es.

Seralyth wurde die erste Hüterin von Thur’Valarys. Um sie herum wuchs eine Gemeinschaft, ein Ort des Wissens und der Magie, ein Zufluchtsort für jene, die das Schicksal auserwählt hatte.

Doch als Seralyth starb, tat die Insel es ihr gleich.

Die Ruinen versanken, der Nebel kehrte zurück, und die Wellen schlugen über den Ufern zusammen. Thur’Valarys war fort – bis eine neue Hüterin geboren wurde.

Die Linie der Hüterinnen

So kam es, dass die Insel in den nächsten Jahrtausenden immer wieder aus der Vergessenheit auftauchte – und wieder verschwand.

Acht Hüterinnen folgten Seralyth, und jede von ihnen hinterließ ihre Spuren.

Eine von ihnen war Elarya die Weise, die Wanderin, die den Drachenkult über die Länder trug. Als ihre Zeit kam, segelte sie auf der Suche nach einer Bestimmung, die sie noch nicht kannte – und fand die Insel.

Dort wandelte sie durch die Ruinen, las die Inschriften derer, die vor ihr waren, und ließ neue Tempel errichten. Doch als ihr Ende kam, verschwand Thur’Valarys abermals.

Bis heute erzählen sich die Valyrianthi von jener Insel, die niemand finden kann, außer ihr Rufender. Doch nicht jeder kennt die wahre Bedeutung der Legende.

Denn sie spricht von einer Hüterin, die noch kommen wird.

Das Erwachen der Insel

Nun, nach Jahrhunderten der Stille, beginnt das Meer wieder zu flüstern.

Die Prophezeiung erzählt von einer neuen Hüterin, geboren unter dem Zeichen des silbernen Drachen, eine Seele, die verloren in der Welt wandert und nicht weiß, dass das Schicksal längst ihren Weg gezeichnet hat.

„Sie wird auf dem falschen Kurs segeln, in die falschen Sterne blicken – und doch finden, was ihr gehört.“

Die Insel wird sich ihr offenbaren, wie sie es immer getan hat. Die Ruinen werden sprechen, die alten Tempel ihre Tore öffnen.

Und sie wird entscheiden, was aus Thur’Valarys wird.

Denn jedes Mal, wenn die Insel zurückkehrt, wird sie neu geformt.
Und so beginnt der Kreis von Neuem.

Die Prophezeiung der 10. Hüterin

In jenen Zeiten, wenn die Sterne ihre Bahnen neu weben,
und die Schatten vergangener Zeitalter sich nach der Zukunft sehnen,
wird eine Tochter des silbernen Blutes den Ruf des Vergessenen hören.

Geboren aus Asche und Sturm, verloren zwischen Welten,
wird sie die Pfade beschreiten, die lange verstummt sind.
Mit Händen, die die Gewebe der Wirklichkeit formen,
und Augen, die das Verborgene sehen,
wird sie die Schwelle überschreiten,
wo Zeit sich in Nebel hüllt.

Das Meer wird sie prüfen,
der Wind wird ihr Geheimnisse zuflüstern,
und die Ruinen werden ihre Geschichte enthüllen.
Doch erst, wenn der Horizont sich in Gold und Smaragd spiegelt,
wenn Wasser und Feuer eins werden,
wird sie den verborgenen Pfad erkennen.

Dann, wenn die Insel aus der Stille erwacht,
wird sie eintreten in das Erbe,
das viele vor ihr trugen,
und viele nach ihr tragen werden.

Denn die Hüterin kehrt immer zurück.
Und mit ihr beginnt der Kreis von Neuem.


Quelle Bilder: KI

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