Elarya Velaryth

Weiterführung Geschichte

Käpt’n Edward Macbeth segelte mit seiner Crew dem Flaggschiff der Valyrianthi hinterher. Elarya stand an Deck, das Gesicht dem Wind zugewandt, der ihr silberweißes Haar wie Seide tanzen ließ. Sie folgte ihrem Instinkt, der sie zu jenem Ort führte, an dem die Insel liegen sollte – doch dort, wo Land sein musste, lag nur das smaragdgrüne Meer, eingerahmt von einem fast durchsichtigen Nebelschleier.

Als die Schiffe vor Anker gingen, winkte sie Edward zu und atmete tief durch. Der Sonnenuntergang war nahe – der Moment, auf den sie gewartet hatte. Was würde sie finden, wenn es ihr wirklich gelänge? Mit dem letzten Licht wuchs auch ihre Nervosität. Die Zeit war fast gekommen.

„Mit Händen, die die Gewebe der Wirklichkeit formen…“

„Doch erst, wenn der Horizont sich in Gold und Smaragd spiegelt, wenn Wasser und Feuer eins werden, wird sie den verborgenen Pfad erkennen.“

Die Worte der Prophezeiung hallten in ihr nach. Nur wenn sich das goldene Licht der Sonne mit dem grünen Glanz des Wassers vereinte, durfte sie ihre Magie wirken. Würde sie zu früh eingreifen, könnte alles verloren sein. Elarya seufzte leise und hob den Blick.

Langsam trat sie an die Reling, genau in dem Moment, als der letzte Lichtstrahl die Wasseroberfläche berührte. Ihr Haar fing das Sonnenlicht ein, als sei Sternenstaub darin verwoben. Mit geschlossenen Augen hob sie die Hände. Aus ihren Fingerspitzen lösten sich leuchtende Fäden – silbrig wie Mondlicht, zart wie ein Flüstern im Wind. Das Gewebe der Welt antwortete.

Die Luft begann zu vibrieren, ein kaum hörbares Summen erfüllte das Schiff. Die See kräuselte sich, als würde sie erwachen. Dann kam das Beben – tief und uralt, wie der Atem eines schlafenden Riesen. Der Nebel geriet in Bewegung, wirbelte tanzend empor – bis er sich auflöste wie Atem im Wind.

Und da war sie. Die Insel. Ihre Küsten schimmerten in Gold und Smaragd, ehrwürdige Klippen ragten aus dem Meer, als hätten sie seit Äonen dort gewartet. Elarya öffnete die Augen – und ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

Doch die magische Stille wurde jäh unterbrochen – von lautem Gefluche, das übers Wasser schallte. Verwirrt blickte Elarya zwischen den Schiffen hindurch und entdeckte eine Frau, die fluchend in einem kleinen Boot ruderte. Als diese die großen Schiffe bemerkte, hielt sie inne – ihr Blick wurde leer, verwundert, fast ungläubig.

„Trefft uns auf der Insel!“, rief Elarya ihr zu, bevor sie gemeinsam mit Edward ein Beiboot zu Wasser ließ. Unten angekommen, reichte ein Seemann ihr die Hand und half ihr an Land. Andächtig kniete Elarya sich nieder und ließ den warmen Sand durch ihre Finger rieseln. Dies war also Thur’Valarys – die Insel der Hüterinnen.

Aber jetzt galt es, sich um die junge Frau zu kümmern. Sie stand klatschnass und vom Wind zerzaust am Ufer, den Blick noch immer auf die Insel gerichtet, die eben noch nicht da gewesen war. Elarya trat zu ihr, zog sich ihren Mantel aus und legte ihn der Fremden sanft um die Schultern – obwohl die Luft hier schon tropisch warm war. Den Mantel würde sie kaum brauchen.

„Danke“, murmelte die junge Frau und stellte sich als Camila vor. Elarya nickte ihr beruhigend zu. „Ihr seid in Sicherheit“, sagte sie sanft. „Wenn ihr wollt, könnt ihr euch auf meinem Schiff ausruhen.“

Camila nahm das Angebot erleichtert an. Während sie zum Schiff gebracht wurde, wandte sich Elarya an Edward – und fiel ihm überglücklich um den Hals. „Wir haben es geschafft!“

Doch die Magie hatte ihren Tribut gefordert. Erschöpft zog Elarya sich noch am selben Tag zurück. Erst mit dem nächsten Morgen war sie bereit, die Geheimnisse von Thur’Valarys zu entdecken. Doch von Edward fehlte jede Spur. Er war noch am gleichen Tag mit zwei seiner Leute aufgebrochen, die Insel selbstständig zu erkunden.

Die Insel war rau und wild, ein Ort, an dem der Wind unaufhörlich durch die hohen Palmen und dichten Wälder strich. Die Klippen fielen steil in das azurblaue Meer ab, und das Rauschen der Wellen wurde zu einem ständigen Lied in Elaryas Ohren. Doch zwischen den überwucherten Pfaden und den verfallenen Ruinen konnte sie es sehen – die Spuren ihres Volkes.

Eingemeißelte Symbole, die so vertraut waren, dass sie ihr den Atem raubten. Drachen, die sich in verschlungenen Linien über uralte Steinblöcke wandten. Runen, deren Bedeutung in der Zeit verblasst war, doch deren Ursprung sie kannte.
„Die Valyrianthi waren hier“, flüsterte sie, während sie mit ihren Fingerspitzen über die kühlen, mit Moos bedeckten Steine strich.
Was war mit ihnen geschehen? Warum hatte ihr Volk diesen Ort vergessen?
Es spielte keine Rolle.
Dieser Ort war vergessen worden – doch nicht von ihr.

Wenn nicht anders angegeben, wurden die Bilder per KI generiert.

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