Elarya Velaryth

Name: Elarya Velaryth

Echter Name: Rhaenyra IV. Aelasar, abgelegt

Spitzname: Ela, Rya

Der Name Elarya Velaryth in Valyriath.

Geschlecht: weiblich

Alter: 195 Jahre (Geboren 15.08.3307 n.V.V.)

Rasse: Elfe - Valyrianthi

Wohnort: z.Z. wohnhaft im Elfenhain in Xantia

Herkunft: Dohaeragon / Vinyamar

Religion: Die zwölf Drachengötter

Beruf / Beschäftigung: früher Prinzessin von Vinyamar, zukünftig „Hüterin der Insel“ & „Herrin des Refugiums“

Quelle

Aussehen & Merkmale:

Aussehen & Merkmale

Rhaenyra besitzt die typische Anmut der Drachenelfen. Mit einer Größe von etwa 1,78 m und einer schlanken, eleganten Figur strahlt sie eine königliche Präsenz aus. Ihre Haut hat einen sanften, hellen Ton, und ihre langen, welligen Haare schimmern silbrig mit hellen Reflexen. Ihre leuchtend blauen Augen wirken intensiv und faszinierend, wie ein klarer Himmel. Sie trägt bevorzugt edle Gewänder in Grün-, Weiss- und Goldtönen, oft mit Symbolen der Drachenkultur verziert. Ergänzt wird ihr Auftreten durch zarte, goldene Schmuckstücke, darunter ein drachenförmiges Amulett.

Stärken & Schwächen:

Stärken & Schwächen

Stärken:

  • Selbstbewusst & unabhängig – Sie verlässt sich auf ihre eigenen Fähigkeiten und trifft Entscheidungen mit Überzeugung.
  • Charismatisch & kreativ – Sie besitzt eine natürliche Ausstrahlung, mit der sie andere beeinflussen kann, und denkt gerne über neue Ideen nach.
  • Willensstark & belastbar – Trotz ihrer schwierigen Vergangenheit lässt sie sich nicht leicht unterkriegen und passt sich neuen Situationen an.
  • Kulturell gebildet – Ihre Bildung und ihr künstlerisches Talent verleihen ihr eine tiefere Sicht auf die Welt.

Schwächen:

  • Stolz & stur – Sie hat Schwierigkeiten, Fehler einzugestehen, und bleibt oft bei ihrer Meinung, selbst wenn sie falsch liegt.
  • Impulsiv & temperamentvoll – Handelt manchmal, bevor sie nachdenkt, was zu unüberlegten Entscheidungen führen kann.
  • Genuss- & luxusorientiert – Verwöhnt durch ihre Herkunft, neigt sie dazu, Annehmlichkeiten und Schönheit über das Praktische zu stellen.
  • Emotionale Distanz – Aufgrund ihrer komplizierten Vergangenheit fällt es ihr schwer, Vertrauen aufzubauen und echte Nähe zuzulassen.

Charaktereigenschaften:

Charaktereigenschaften

Stolz, eigensinnig und rebellisch, mit einem starken Freiheitsdrang – Sie hasst es, eingeengt zu werden, und geht lieber eigene Wege, auch wenn es bedeutet, gegen Erwartungen zu handeln.

Liebt den Luxus und schöne Dinge, legt aber auch Wert auf Unabhängigkeit – Elegante Kleidung, erlesene Speisen und edle Kunst faszinieren sie, doch sie würde niemals ihre Freiheit für Wohlstand opfern.

Charismatisch und wortgewandt – Sie versteht es, andere mit Worten zu beeinflussen, sei es in Verhandlungen oder um ihre eigenen Ziele zu verfolgen.

Abenteuerlustig und risikobereit – Ihre Suche nach Freiheit und Unabhängigkeit treibt sie an, und sie scheut sich nicht davor, ins Unbekannte aufzubrechen.

Leidenschaftlich und emotional tiefgründig – Trotz ihrer oft selbstbewussten Fassade ist sie eine Person, die intensiv fühlt und ihre Überzeugungen mit Herzblut verteidigt.

Geheimnisvoll und unberechenbar – Sie wahrt bewusst ein gewisses Maß an Mysterium um sich, was sie für andere schwer durchschaubar macht. Manchmal überrascht sie mit unerwarteten Entscheidungen.

Fähigkeiten:

Fähigkeiten
  • Lesen & schreiben in Alt-Valyriath
  • Geübt im Kampf mit Dolch
  • Handarbeit (stricken, sticken, häkeln)
  • reiten & schwimmen
  • Kenntnisse in Geschichte und Kultur der Valyrianthi
  • Musikalisch begabt (spielt eine Vielzahl von Instrumenten)
  • Tanzen
  • Kochen
  • Kalligraphie
  • Organisationstalent

Magie:

Magie
Elaryas Magie

Für Elarya war Magie kein rohes Werkzeug, sondern ein kunstvolles Gewebe, das sie mit präzisen Bewegungen formte. Unsichtbare Fäden durchzogen die Welt – Feuer loderte in goldenen Strängen, Licht floss in sanften, leuchtenden Bahnen.
Wenn sie kämpfte, spann sie Glutfäden zu einer Waffe, die mit lodernder Wucht zuschlug. Ihr Feuer verwebte sich zu einem schützenden Schleier, der ihre Verbündeten stärkte. Die Lichtmagie war ihr sanfteres Gewebe – sie flickte Wunden mit leuchtenden Strängen und bannte Feinde in einem goldenen Netz aus reiner Energie.
Ihre Magie war nicht wild oder unkontrolliert – sie war ein Muster, das mit jedem Zauber neu gewoben wurde.


Elementarmagie - Elementare Waffe

Elarya hebt die Hand, und aus dem Nichts flackern dünne Fäden aus reiner Hitze um ihre Finger. Sie zieht sie in die Luft, webt sie mit fließenden Bewegungen zusammen – und das Feuer folgt ihrem Willen. Die Fäden verdichten sich zu einer glühenden Form: einer Klinge, einem Speer oder einem Pfeil, umgeben von tanzenden Flammen. Mit einem letzten Ruck zerreißt sie die verbleibenden Stränge, und die Waffe zischt nach vorne, als wäre sie aus geschmolzenem Metall geschmiedet. Beim Aufprall zerbirst sie in einem feurigen Ausbruch, und die lodernde Energie durchdringt selbst die stärkste Rüstung.
→ (Schaden + Rüstungsdurchdringung)

Originalbeschreibung

Der Zauberer bindet sein Element zu einer beliebigen Waffe - für Nah oder Fern -, mit welcher er einen Angriff mit erheblicher Wucht ausführen kann. Die Waffe verschwindet beim Aufprall, doch die Elemente durchdringen selbst die Rüstung.


Elementarmagie - Elementarer Schleier

Elarya schließt die Augen und hebt die Arme, als würde sie Fäden aus der Luft ziehen. Um sie herum beginnen goldene Glutfäden zu entstehen, die sich wie tanzende Flammen um die Körper ihrer Verbündeten legen. Mit jeder Bewegung spinnt sie ein Netz aus Wärme und Kraft, das Rüstungen verstärkt und Angriffe schärft. Die feurigen Stränge flackern unruhig, doch wenn das Gewebe sich schließt, glimmen sie beständig, als würden sie das innere Feuer derer, die sie berühren, verstärken.
→ (Angriff und Rüstungswert im Umkreis leicht erhöht)

Originalbeschreibung

Der Anwender erschafft mit seinem Element einen Schleier in der Umgebung. Dieser legt sich auf alle Körper und Rüstungen, um diese zeitweilig zu verstärken.


Lichtmagie - Sternenfall

Elarya hebt ihre Hand gen Himmel, und dünne, leuchtende Fäden beginnen sich aus der Luft zu sammeln. Sie spinnen sich zu einer kleinen, funkelnden Kugel aus reinem Licht, die sanft in ihre Hand sinkt. Die Stränge pulsieren, werden dichter und intensiver, bis sie das Gewebe auflöst – und die gesammelte Energie mit einer weichen, strahlenden Welle in ihr Ziel übergeht. Die heilende Magie legt sich wie warme Seide auf Wunden und Schmerzen, schließt sie langsam und durchtränkt den Körper mit neuer Kraft.
→ (Heilung)

Originalbeschreibung

Ein kleiner Lichtkörper kommt vom Himmel nieder und landet sanft auf der Hand des Anwenders. Durchtränkt von der kosmischen Magie, beginnt er stärker zu leuchten und sich mit der Magie des Zauberers zu vereinigen. Schließlich erhebt sich der Lichtkörper in die Höhe und sendet einen heilenden Lichtstrahl aus, der ein beliebiges Ziel heilt.


Lichtmagie - Sternenkäfig

Mit einer schnellen Handbewegung zieht Elarya Fäden aus dem Licht selbst. Sie tanzen um das Ziel, wie schimmernde Spinnenweben, die sich blitzschnell zu einem Muster verweben. Die Fäden zischen durch die Luft und verbinden sich, erst schwach flackernd, dann wie eine gläserne Konstruktion aus Licht, die den Körper einfängt. Die leuchtende Struktur zuckt und windet sich leicht, als wolle sie ihre eigene Existenz bewahren, während sie das Ziel unbeweglich hält – doch trotz der Gefangenschaft bietet der Käfig auch einen gewissen Schutz vor äußeren Angriffen.
→ (Lähmung und Verteidigungsboost auf Opfer)

Originalbeschreibung

Am Boden um das Ziel glimmen kleine Lichter auf, die sich blitzschnell verbinden und in die Höhe schießen. In der Spanne weniger Sekunden umhüllt ein funkelndes Netz das Opfer und verhindert Bewegungen. Das Netz bietet jedoch auch einen gewissen Schutz für das darin gefangene Wesen.


Stammbaum

Informationen

“Elaryas” Familiengeschichte reicht bis ins Jahr 0 n.V.V. (nach Valeryon und Visenya) zurück, als die Zwölf Drachengötter ihre Vorfahren Valeryon und Visenya erschuffen. Seit jeher gab es viele Konflikte in ihrer Familie, so dass ihre Familiengeschichte nicht nur voller Wunder und Heldentaten, sondern auch von Verlust, Tod und Krieg geprägt ist.
Rhaenyra selbst heiratete im Jahr 3328 n.V.V., im Alter von 21 Jahren, ihren Ehemann, Leanor I. welcher im Jahr 3500 n.V.V. bei der Katastrophe verstarb.

Zusammen bekamen sie zwei Kinder:
3484 n.V.V.: Lucerys IV.
3490 n.V.V.: Viserra II.

Weitere Informationen zur Familie sind aus dem Stammbaum zu entnehmen oder werden Ingame in der Familienchronik niedergeschrieben.

Elaryas Geschichte

Geschichte

Die Stadt leuchtete in den warmen Farben unzähliger Fackeln, Laternen und magischer Feuer. Goldene Banner wehten im Wind, Musik erfüllte die Straßen, das Lachen und Stimmengewirr hallte über die prachtvollen Plätze. Dohaeragon, das strahlende Juwel der Valyrianthi, feierte sein 3500-jähriges Bestehen – ein Fest, das noch Generationen in Erinnerung bleiben sollte.

Rhaenyra schritt durch die weitläufige Halle des Palastes, ihre bloßen Schultern funkelten im warmen Licht der Kristalllüster. Das Kleid, das sie für diesen Abend gewählt hatte, war eine Meisterarbeit der Seidenweber – ein schimmerndes, smaragdgrünes Gewand, bestickt mit goldenen Fäden, die sich wie ein tanzendes Feuer über den Stoff zogen. Der Saum war mit winzigen, glühenden Edelsteinen verziert, die bei jeder Bewegung aufleuchteten wie Sternensplitter. Ein breiter Gürtel aus filigranem Gold betonte ihre schmale Taille, und in ihrem Haar funkelten kleine goldene Drachenornamente.

Es war ein Kleid für eine Königin. Und doch war sie keine.

Sie tanzte, trank, lachte mit ihren Schwestern und Freunden. In ihren Händen schimmerten kristallene Kelche mit rubinrotem Wein, während edle Speisen auf kunstvoll geschwungenen Platten serviert wurden. Barden sangen von den glorreichen Tagen der Valyrianthi, ihre Stimmen klangen durch die Marmorsäulen des Palastes.
Rhaenyra genoss diesen Abend. Zum ersten Mal seit Langem hatte sie nicht das Gefühl, fliehen zu müssen.

Bis das erste Beben kam.

Ein leises Zittern durchlief den Boden, kaum mehr als eine flüchtige Bewegung unter ihren Füßen. Einige Gäste hielten inne, lachten nervös, während die Musiker unbeirrt weiterspielten.
„Nur ein sanfter Gruß der Götter, nicht mehr“, meinte einer der Berater mit einem amüsierten Lächeln.

Dann bebte die Erde ein zweites Mal – dieses Mal stärker.
Die Kristallgläser auf den langen Tafeln klirrten, einige fielen um. Gäste hielten sich aneinander fest, während der Palast mit einem tiefen Grollen erschütterte. Ein dumpfer Schlag folgte, als eines der kunstvollen Mosaikfenster in der Kuppel zerbarst und Splitter auf den Marmorboden regnen ließ.
Panik erfasste den Saal.

„Rhaenyra!“ Ihre Schwester Rhaenelyra eilte auf sie zu, während die Diener versuchten, die Gäste zu beruhigen. Doch da war es schon zu spät.
Ein drittes, noch gewaltigeres Beben ließ die Wände erbeben. Kronleuchter schwankten gefährlich, Balken barsten unter der unnatürlichen Gewalt der Erde. Und dann – ein ohrenbetäubendes Knacken.
Die große Statue von Valeryon und Visenya, die seit Jahrhunderten über den Festsaal wachte, neigte sich.
Direkt auf eine Gruppe von Gästen zu.
Rhaenyra riss instinktiv die Hände hoch.

Silbrige Fäden aus Licht und Hitze durchzogen die Luft, als ihre Magie erwachte. Sie zog an den unsichtbaren Strängen, verwebte sie in einem Herzschlag zu einem Netz aus flammendem Schutz, das sich über die Menschen legte. Die Statue krachte nieder, doch das magische Gewebe federte den Aufprall ab, ließ Trümmer an seinem Rand zerfallen, bevor sie die darunter liegenden Elfen verletzen konnten.
Schweiß glänzte auf ihrer Stirn, als sie das Geflecht auflöste.
Doch das war nur der Anfang.

„Zum Gewölbe!“, rief Rhaenelyra.
Die Schwestern eilten durch die einst so prachtvollen Korridore des Palastes, die nun von Rissen durchzogen waren. Sie spürten das Zittern der Mauern unter ihren Füßen, hörten das ferne Donnern einstürzender Gebäude.
Eine Dienerin stolperte, fiel auf die Knie. Ohne nachzudenken, wirbelte Rhaenyra herum, zog an den magischen Fäden der Luft. Ein silbriges Gewebe spannte sich um die junge Frau, umhüllte sie wie schützende Arme und zog sie in einem schnellen Ruck zu ihr.
„Lauf!“
Der Dienerin fehlten die Worte, doch sie gehorchte.

Sie rannten weiter, bis sich schließlich die großen Tore zum unterirdischen Gewölbe vor ihnen öffneten. Der Raum war voller Menschen – verletzte Elfen, Mütter, die ihre Kinder umklammerten, Adelige, deren prächtige Gewänder von Staub bedeckt waren.
Die Schreie von draußen klangen gedämpft, doch das Beben war noch immer spürbar.

„Wie viele… haben es geschafft?“ Rhaenyra drehte sich zu ihrer Schwester um, doch diese starrte nur in die Leere. Dann kam das nächste Geräusch.
Ein dunkles, grollendes Donnern, das durch die Wände vibrierte.
Und sie wusste: Dies war nicht das Ende. Noch nicht. Doch es würde kommen.

Der Himmel brannte. Eine schwarze Wolke fraß sich über die Stadt, während Lava wie leuchtende Adern die Straßen entlangfloss. Von den einst prächtigen Türmen von Dohaeragon blieben nur noch schwelende Ruinen, die in der Hitze zu schmelzen schienen. Schreie hallten durch die Luft, das Knacken einstürzender Gebäude vermischte sich mit dem unaufhörlichen Grollen des Vulkans.

Rhaenyra stand auf dem Deck der Silbernen Flamme, das kühle Holz unter ihren zitternden Fingern, während das Schiff in den aufgepeitschten Wellen schwankte. Das war nicht das Ende, das sie sich für ihre Heimat vorgestellt hatte.

„Wir müssen ablegen, Euer Gnaden!“, drängte der Kapitän an ihrer Seite.
Sie drehte sich um, ihr Blick haftete an den wenigen Menschen, die noch über die Kaimauern stürmten, in letzter Verzweiflung versuchten, ein rettendes Schiff zu erreichen. Manche schafften es, andere rutschten auf dem nassen Stein aus, wurden von den Flammen verschluckt oder von einstürzenden Balken erschlagen.

„Wir warten!“ Ihre Stimme war scharf, entschlossen. Sie konnte nicht einfach zusehen, wie diese Stadt, ihr Volk, all das, was ihre Vorfahren aufgebaut hatten, in Flammen versank.
Dann ein weiteres Beben. Das Grollen schwoll zu einem markerschütternden Donnern an, als ein massiver Teil des Berghangs nachgab. Felsbrocken, so groß wie Häuser, donnerten in die Stadt. Die Schockwelle fegte über den Hafen hinweg, ließ Schiffe taumeln, riss Masten und Segel mit sich. Eine letzte Welle der Vernichtung raste vom Berg hinab.

„Jetzt!“, rief der Kapitän.
Die Anker wurden gelichtet, die Segel entfaltet. Rhaenyra hielt sich an der Reling fest, während sich die Silberne Flamme langsam von der brennenden Küste entfernte. Doch ihre Augen blieben auf den Ort gerichtet, der einst ihre Heimat gewesen war.

Die Kajüte war dunkel, nur das gedämpfte Licht einer Laterne ließ die Schatten über die hölzernen Wände tanzen. Der Sturm draußen peitschte gegen die Rümpfe der Schiffe, ließ das Holz ächzen und die Segel knattern. Rhaenyra saß auf der schmalen Bank, den Blick leer auf die Planken unter ihren Füßen gerichtet. Ihre Finger zitterten, kalt trotz der feuchten Wärme, die der Atem des Meeres in die Kabine trug.

„Das Ende ist gekommen“, murmelte sie kaum hörbar.
Sie konnte das Beben der Stadt noch spüren, das laute Grollen des Berges, als er sich öffnete und Feuer über die Straßen schüttete. Sie sah noch immer die brennenden Fassaden, die in sich zusammenstürzenden Türme. Den schwarzen Himmel, der keinen Stern mehr zeigte, nur Asche, die wie verfluchte Schneeflocken auf sie niederrieselte.

Dohaeragon war tot.

Sie zwang sich, aufzustehen, spürte den schwankenden Boden unter ihren Füßen und taumelte zur schmalen Tür. Als sie sie öffnete, sah sie Viserra auf dem Bett des Kapitäns sitzen. Das Mädchen weinte leise, die Hände um die Knie geschlungen.
Rhaenyra setzte sich neben sie, zog sie sanft in ihre Arme und wiegte sie, während das Schiff unter ihnen tanzte.

„Es wird nichts geschehen…“ Ihre eigene Stimme klang hohl, bedeutungslos. Sie schmeckte die Lüge auf ihren Lippen. „Es wird alles wieder gut, meine kleine Viserra.“
Doch sie wusste, dass nichts wieder gut werden würde.

Die Tage vergingen in einem Albtraum aus Sturm und Salz. Sie reisten ohne Kurs, getrieben von Wellen und Wind, durch eine Welt, die keine Zuflucht mehr bot. Die Dunkelheit war endlos.
Einige der kleineren Schiffe wurden Opfer des Meeres. Die Wellen schluckten sie ohne Gnade, rissen Elfen über Bord, bevor ein einziger Schrei die stürmische Luft zerreißen konnte. Andere verloren die Flotte aus den Augen und wurden von der Finsternis verschluckt.

Sie hörte die Schreie von Vaella, bevor die See ihre Stimme erstickte. Sie wusste nicht, ob ihre Schwester betete, als sie fiel, ob sie ihren Tod kommen sah. Nur, dass sie nicht die Letzte sein würde.
Und dann war da noch der Silberne Mond.

Das königliche Schiff von Rhaella war schon beschädigt, als es aus Dohaeragon floh. Wochenlang kämpfte es mit Tiefgang, nahm Wasser auf, als wäre das Meer entschlossen, es Stück für Stück zurückzufordern.
Dann der Aufprall.

Ein lautes Krachen durchbrach das Heulen des Windes. Die Schiffe der Flotte drehten sich abrupt in die Richtung, aus der der dumpfe Aufschrei kam.
„Wir laufen auf!“
Rhaenyra stolperte an Deck, klammerte sich an die Reling, als sie sah, was geschah.

Der Silberne Mond hatte die Felsen vor sich nicht gesehen. Das Schiff erzitterte, die Masten ächzten, das Holz zerbarst. Männer und Frauen klammerten sich an die Reling, schrien nach Hilfe, während das Wasser begann, sie zu verschlingen.
„Nein…“, flüsterte sie.
Dann – eine Gestalt, die von einem anderen Schiff sprang.
Jaeherys.
Er stürzte sich in die Fluten, kämpfte gegen die reißende Strömung, erreichte schließlich den reglosen Körper, der im Wasser trieb.

„Rhaella!“

Rhaenelyras Schrei schnitt durch die Nacht.
Rhaenyra konnte nichts tun. Nichts, außer zusehen, wie die Fluten Jaeherys verschlangen, während er seine Schwester an sich klammerte.
„Valyndor, nicht auch noch ihn…“, hörte sie ihre Schwester flüstern.
Ein Seil flog von einem der Schiffe. Noch eines. Und noch eines. Es war ein Wunder, dass Jaeherys eines davon ergriff. Sie zogen ihn an Bord. Doch als sie ihn an Deck brachten, hielten seine Arme noch immer den leblosen Körper von Rhaella umklammert.

Rhaenyra hörte das laute „Nein!“, das über die stürmische See hallte, hörte, wie Rhaenelyra auf die Knie sank, als könnte sie ihre Schwester durch bloßen Willen ins Leben zurückrufen.
Und dann war es Rhaenys, die in die Knie fiel.

Oribel und Leanor waren in die eisigen Wellen gesprungen, um Überlebende zu retten – doch sie kamen nie wieder an die Oberfläche.

Rhaenyra erstarrte. Ihr Herz raste in ihrer Brust, doch ihr Körper fühlte sich taub an.
Nicht noch einmal.
Nicht ihn.

Sie kniete sich auf das nasse Holz, die Finger krallten sich in das Deck, als ob sie damit den Sturm aufhalten könnte, das Meer zwingen könnte, ihn zurückzugeben. Ein leeres Flüstern entrang sich ihren Lippen.
„Nein…“

Die Wellen beruhigten sich irgendwann, doch die Kälte blieb. Die Tage vergingen, grau, leblos, als wäre die Welt mit den Flammen von Dohaeragon verbrannt.

Sie hatte nicht gezählt, wie viele Nächte vergangen waren, bis endlich der Ruf erklang, der die Dunkelheit durchbrach.
„Land in Sicht!“
Ein neuer Morgen.
Ein neuer Anfang.

Ein Exil, das sie nie gewollt hatte.
Als sie schließlich das rettende Ufer von Vinyamar erreichte, war sie nicht mehr dieselbe Frau. Sie war nicht mehr die unbeschwerte Prinzessin, die einst für ihre Schönheit bewundert wurde. Sie war eine Witwe, eine Mutter – und eine Frau, die wusste, dass ihre Heimat ein zweites Mal fallen würde.

Rhaenyra kam an einem kalten Morgen des Jahres 3307 n.V.V. zur Welt – doch an diesem Tag wurde nicht nur ein Kind geboren, sondern zugleich ein Leben ausgelöscht. Ihre Mutter, eine Königin von unermesslicher Schönheit und Weisheit, starb im Kindbett, noch bevor sie die kleine Rhaenyra in den Armen halten konnte. Von ihrem ersten Atemzug an war Rhaenyra von Verlust umgeben.

Sie wuchs in den goldenen Hallen von Dohaeragon auf, umgeben von Reichtum und Prunk, doch ihr Dasein war von Anfang an von einem unsichtbaren Schatten geprägt – dem Schatten ihrer Schwester Rhaenelyra. Die Valysar, die erst selbst fast noch ein Kind war, übernahm die Rolle der Mutter und Erzieherin, während sie zugleich die Bürde der Krone trug.

„Sie ist deine Schwester, aber du bist nicht ihre Tochter,“ hörte Rhaenyra oft in den Fluren des Palastes flüstern.
Die Worte folgten ihr, wie eine Kette aus Gold – glänzend von außen, doch schwer auf ihren Schultern. Sie war eine Prinzessin, und doch nicht von Bedeutung. Bewundert für ihre Schönheit, doch nie ernst genommen. Geschätzt für ihre Anmut, doch nie für ihren Verstand. Obwohl sie gerne ihre Zeit in der grossen Bibliothek Dohaeragons verbrachte.

Während ihre Schwester das Reich lenkte, tanzte Rhaenyra auf Festen, lachte auf Balkonen, trug die feinsten Gewänder, funkelte wie ein Juwel in der Krone der Valyrianthi. Sie war das Nesthäkchen, die Unbeschwerte, die, die nie lernen musste, das Gewicht eines Thrones zu tragen. Und auf so einem Fest lernte sie die Liebe ihres Lebens kennen.

Sie verliebte sich in Leanor, einen Cousin von Híran Oribel, und ihre Hochzeit, nur wenige Wochen nach ihrem 21. Geburtstag im Jahre 3328 n.V.V., war eine Feierlichkeit, die man noch Jahre später besang. Goldene Banner flatterten im Wind, der Tempel war erfüllt von Musik und Licht, und Rhaenyra trug ein Gewand aus feinster Seide, das in Smaragdtönen schimmerte.
„Du hast Glück, Rhaenyra,“ hatte eine Adelige zu ihr gesagt. „Du musst nicht regieren. Du kannst einfach leben.“

Und für eine Weile glaubte sie das. Sie bereiste die bekannte Welt mit ihrem Gatten, plante ausschweifende Feste und genoss das Leben in vollen Zügen.

Ihre Kinder, Lucerys, geboren im Jahr 3484 n.V.V., und Viserra, die sechs Jahre später zur Welt kam, waren der Anker, der sie hielt. Als Mutter fand sie zum ersten Mal in ihrem Leben etwas, das ihr ganz allein gehörte. Ihre Kinder brauchten sie – nicht als Schmuckstück oder hübsches Aushängeschild, sondern als Schutz, als Wärme, als Halt.

Lucerys wuchs zu einem wissbegierigen, neugierigen Kind heran. Seine smaragdgrünen Augen funkelten voller Fragen, während er durch die Hallen des Palastes rannte und seinen Onkeln, Tanten und Lehrmeistern Löcher in den Bauch fragte.

Viserra war anders. Sie war wild, stürmisch, voller ungezähmter Energie. Sie kletterte auf Mauern, rannte barfuß über den warmen Steinboden der königlichen Gärten und lachte mit einer Frechheit, die Rhaenyra gleichermaßen bewunderte wie fürchtete.

„Sie ist wie du“, hatte Leanor einmal mit einem Lächeln gesagt, während sie gemeinsam vom Balkon aus ihre Tochter beobachteten.
„Und du bist der Einzige, der sie bändigen kann,“ hatte Rhaenyra geantwortet und seine Hand in ihrer gefasst.

Es waren glückliche Jahre. Jahre, in denen sie sich einredete, dass sie ihr eigenes Leben führen konnte, dass sie nicht immer nur „die kleine Schwester der Valysar“ sein musste.
Doch alles, was sie sich aufgebaut hatte, all die Momente, die sie für selbstverständlich gehalten hatte – sie wurden mit einem einzigen, feurigen Schlag aus ihrer Realität gerissen.

Die Katastrophe von Dohaeragon war nicht einfach eine Tragödie. Sie war der Bruch eines ganzen Zeitalters.

Rhaenyra hatte alles verloren.
Ihre Heimat, ihre Sicherheit, ihr Gefühl der Unbeschwertheit. Und Leanor.
Das Meer hatte ihn genommen, wie es ihre Mutter einst genommen hatte. Inmitten von Chaos, Rauch und schreienden Stimmen hatte sie noch seine Gestalt gesehen, seine Hände, die sich nach ihr ausstreckten – doch sie war zu weit entfernt gewesen.
Die Nacht, in der Dohaeragon fiel, war die Nacht, in der Rhaenyra zerbrach.
Und aus den Scherben musste etwas Neues entstehen.
Doch sie wusste nicht, was. Noch nicht.

Vinyamar war nicht Dohaeragon.
Die Mauern waren nicht aus funkelndem weißem Marmor, sondern aus schlichtem Stein. Die Straßen waren enger, der Himmel wirkte grauer, und die salzige Meeresluft, die ständig über die Stadt wehte, trug nicht den betörenden Duft der exotischen Blumen, die einst die Gärten des alten Palastes zierten.
Rhaenyra spürte es in jeder Faser ihres Körpers – die Welt, in der sie aufgewachsen war, existierte nicht mehr.

Die Burg der Valysar, einst als vorübergehendes Zuhause gedacht, war ein Schattengespenst im Vergleich zu den prächtigen Hallen von Dohaeragon. Die Räume waren kleiner, spärlicher eingerichtet, funktional. Der Prunk war verschwunden, die Mosaike und die mit Gold verzierten Säulen gab es hier nicht. Die Roben aus feinster Seide, die sie einst getragen hatte, waren verbrannt, ihr Schmuck war in den Fluten versunken. Stattdessen trug sie einfache Kleider aus Leinen, bestickt mit Mustern, die ihre Zofen in mühsamer Handarbeit gefertigt hatten.

Und doch war es nicht nur der materielle Verlust, der an ihr nagte.
Es war das Gefühl, niemand mehr zu sein.

Die Tage in Vinyamar folgten einem nüchternen Rhythmus. Früh am Morgen erwachte sie vom Lärm der Stadt – das Rufen der Händler, das Klappern von Wagenrädern auf den Pflastersteinen, das Hämmern der Schmiede. In Dohaeragon hatte sie sanfte Musik zum Aufstehen begleitet, Diener hatten ihr mit duftenden Bädern den Morgen versüßt, doch hier war sie auf sich gestellt.
Ihre Kinder, Lucerys und Viserra, hatten sich schneller an das neue Leben gewöhnt als sie. Lucerys, der immer wissbegierig war, verbrachte seine Zeit oft mit den Gelehrten der Stadt und stellte Fragen über den neuen Kontinent, über seine Geschichte und über die fremden Völker, die hier lebten.

Viserra hingegen war ein Sturm. Sie tobte durch die Burg, spielte mit den Wachen und weigerte sich standhaft, sich den Regeln anzupassen. Sie wollte das Meer sehen, wollte klettern, rennen, lachen – als hätte sich für sie nichts geändert.

„Du musst vorsichtiger sein, Viserra“, ermahnte Rhaenyra sie eines Tages, als das Mädchen mit zerzaustem Haar und blutendem Knie in ihr Gemach stolperte.
„Warum? Damit ich so werde wie du?“ Viserra verschränkte die Arme, ihre grünen Augen funkelten trotzig. „Immer nur herumsitzen und traurig sein?“
Rhaenyra starrte ihre Tochter an, ihr Herz zog sich zusammen. War das wirklich das Bild, das sie ihren Kindern vermittelte?

Sie war eine Prinzessin gewesen. Eine Frau von Eleganz, von Anmut, von Glanz. Doch jetzt? Jetzt war sie nichts weiter als eine heimatlose Adlige, eine Witwe, die in einem steinernen Käfig lebte.
Nachts war es am schlimmsten.

Wenn die Stadt zur Ruhe kam und das Rauschen des Meeres gegen die Klippen schlug, war es, als könnte sie die Stimmen der Vergangenheit hören. Die Feste, die Musik, das Lachen, das Prickeln von süßem Wein auf ihren Lippen. Die warmen Arme von Leanor, die sie im Tanz gehalten hatten.
Es gab keine Feste mehr für sie.

Stattdessen saß sie am Fenster ihres Gemachs, das klein war, kaum größer als ihre einstige Ankleidekammer in Dohaeragon. Sie ließ ihre Finger über das kühle Glas gleiten und sah hinaus auf die Dächer von Vinyamar.
Sie fühlte sich gefangen.

Manchmal griff sie nach ihrer Magie, zog an den unsichtbaren Fäden, die durch die Welt flossen, ließ kleine Lichtstränge durch ihre Finger gleiten. Es war das Einzige, was ihr geblieben war – das Feuer in ihr, das nicht gelöscht werden konnte. Doch selbst das schien in dieser neuen Welt kraftloser, blasser zu sein.

Magie war für Elarya nie nur eine Kraft, die man formte, sondern ein Geflecht, das gewoben werden musste – ein Zusammenspiel von Licht und Feuer, das sich in feinen Strängen durch die Welt zog. Wo andere rohe Energie entfesselten, sah sie Muster, unsichtbare Fäden, die durch das Gewebe der Existenz liefen.

Wenn sie zauberte, war es, als würde sie diese Fäden greifen, sie ziehen und verweben, bis aus chaotischer Magie eine Form entstand. Mal waren es flackernde Glutfäden, die sich zu einer brennenden Waffe verdichteten, mal ein Netz aus reiner Hitze, das sich wie ein Schleier über die Körper ihrer Verbündeten legte. Jedes Gewebe war einzigartig, jeder Zauber ein kunstvolles Muster aus Licht und Feuer.

Ihre Verbindung zur Lichtmagie war ebenso fein gesponnen. Wenn sie heilte, war es nicht bloß eine Welle aus Energie, sondern das erneute Verknüpfen unterbrochener Stränge – als würde sie das Gewebe einer verletzten Seele flicken und die Wunden mit sternenhaftem Leuchten schließen. Und wenn sie einen Feind bannte, dann tat sie es, indem sie ihn mit leuchtenden Fäden umspannte, die sich zu einem goldenen Käfig verwebten, schützend und fesselnd zugleich.

Ihre Magie war nicht brachial, nicht wild und ungezähmt – sondern präzise, kunstvoll, wie eine Weberin, die mit den Strängen der Welt selbst arbeitete. Und jedes Mal, wenn sie ihre Macht entfaltete, erzählte ihr Gewebe eine neue Geschichte.

Sie war nicht mehr Rhaenyra, die funkelnde Prinzessin von Dohaeragon.
Sie war eine Fremde in einem Land, das nicht ihr Zuhause war.
Und sie wusste, dass sie hier niemals glücklich sein würde.

Die Sonne senkte sich träge hinter den Mauern von Vinyamar, tauchte die Stadt in ein sanftes, goldenes Licht. Doch an diesem Abend gab es niemanden mehr, der sich daran erfreute. Die Straßen, einst voller Leben, waren leer und totenstill. Keine lachenden Kinder, keine Stimmen der Händler auf den Märkten. Nur die fernen, gedämpften Hustenanfälle der Kranken hallten zwischen den Häusern wider, während die Luft von einem süßlich-fauligen Geruch durchzogen war.
Die Seuche hatte sich wie ein hungriger Schatten über die Stadt gelegt, unaufhaltsam und gnadenlos. Trotz aller Anstrengungen der Heiler und der Gebete an die zwölf Drachengötter breitete sie sich weiter aus. Felder verwelkten, Brunnen trockneten aus, und mit ihnen starb die Hoffnung der Valyrianthi.

In der großen Halle der Burg Drachenfels versammelte sich die königliche Familie. Der Raum war erfüllt von einer bedrückenden Stille, nur das leise Knacken des Feuers in den Wandfackeln durchbrach die Schwere der Luft.
Auf dem steinernen Thron saß Valysar Rhaenelyra II., die Sorgen ihres Volkes schwer auf ihren Schultern. Ihr Gesicht war eingefallen von schlaflosen Nächten, ihre silbernen Haare fielen in losen Strähnen über ihr Gewand.
„Wir können nicht länger warten“, sagte sie mit fester Stimme.
Alle Blicke richteten sich auf sie.

„Die Götter haben gesprochen“, fuhr sie fort.
Rhaenyra hob den Blick, ihre Finger umklammerten den Rand des Tisches vor ihr. „Was genau habt Ihr gesehen, Schwester?“ Ihre Stimme war ruhig, doch eine unterschwellige Anspannung schwang darin mit.
Rhaenelyra atmete tief ein. „Eine Sonnenfinsternis, die unsere Stadt in Dunkelheit hüllt. Unsere Straßen, leer und verlassen, während die Seuche alles verschlingt. Wenn wir bleiben, wird niemand überleben.“

Die Worte hallten schwer durch den Saal. Die Anwesenden tauschten besorgte Blicke aus, einige murmelten leise Gebete. Doch Rhaenyra fühlte, wie sich Wut in ihr zusammenbraute.

„Ihr gebt also einfach auf?“ Ihre Stimme durchbrach das Schweigen wie ein Dolch, während sie sich von ihrem Platz erhob. „Wir haben Dohaeragon verloren. Und jetzt wollt Ihr auch Vinyamar aufgeben? Die Stadt, die wir aufgebaut haben, sollen wir kampflos verlassen?“
Ihre Schwester begegnete ihr mit einem harten Blick. „Es ist kein Aufgeben. Es ist ein Überleben.“

„Nein!“ Rhaenyra machte einen Schritt nach vorn, die Hände zu Fäusten geballt. „Es ist Feigheit! Ich werde nicht erneut alles verlieren! Ich werde nicht zulassen, dass wir wie Ratten aus unserer eigenen Heimat vertrieben werden!“
„Das ist nicht deine Entscheidung!“ Rhaenelyras Stimme wurde schärfer.
„Ihr habt versagt, Rhaenelyra!“ Rhaenyra spürte, wie sich ein heißes Brennen in ihrer Brust ausbreitete, ein Feuer, das sie nicht länger zurückhalten konnte. „Als Valysar, als Mutter, als Schwester!“

Ein kollektives Einatmen ging durch die Versammlung. Die Anwesenden hielten den Atem an.
Rhaenelyra trat einen Schritt nach vorne. Ihre Augen funkelten wie kaltes Silber im Feuerschein. „Genug.“
Und dann – eine schallende Ohrfeige.

Rhaenyra taumelte zurück. Sie fühlte das Brennen auf ihrer Wange, fühlte die Tränen, die in ihren Augen brannten, doch sie weigerte sich, sie zuzulassen.
„Wachen!“ Rhaenelyra richtete sich auf, zeigte mit eiskalter Miene auf ihre Schwester. „Bringt sie in ihre Gemächer. Sie soll nicht noch mehr Unruhe stiften.“

Rhaenyra sah ihre Schwester an. Ihre Schwester, die sie einst bewundert hatte. Die sie einst geliebt hatte.
Sie ließ sich von den Wachen fortführen, aber in ihrem Inneren wusste sie bereits: Dies war das Ende.

Die Nacht lag schwer über Vinyamar, als Rhaenyra leise durch die dunklen Gänge der Burg schlich. Die Fackeln an den Wänden warfen flackernde Schatten, doch sie achtete nicht darauf. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, ihr Atem ging schnell.
Ihre Gedanken rasten. Sie konnte nicht bleiben. Sie wollte nicht bleiben.
Mit einer kleinen Gruppe von Getreuen schlich sie sich zum Hafen. Das Wasser lag ruhig unter dem kalten Licht der Sterne, doch sie wusste, dass dies nicht von Dauer war.
Ihr Blick fiel auf das größte Schiff im Hafen – Die Silberne Flamme, einst das Flaggschiff der Valyrianthi.
„Seid Ihr sicher, Prinzessin?“ Einer der Männer neben ihr trat nervös von einem Fuß auf den anderen.
Rhaenyra hielt einen Moment inne.

Prinzessin.

Ein Wort, das so lange ihr Leben bestimmt hatte.
Langsam schüttelte sie den Kopf. „Nicht mehr.“
Sie griff nach dem Seil, das das Schiff an der Kaimauer hielt, und kappte es mit einem schnellen Schnitt ihres Dolches.
Mit pochendem Herzen betrat sie das Deck.
Mit pochendem Herzen stach sie in die Nacht hinaus.
Und hinter ihr – ließ sie alles zurück.

Die Straßen von Xantia waren anders als die von Vinyamar. Lebendiger, geschäftiger, und doch verbarg sich unter der Oberfläche eine Stille, die sie an die alten Städte ihrer Heimat erinnerte. Die hohen Türme der Hauptstadt Eldorias ragten in den Himmel, während die kunstvollen Brücken die verschiedenen Ebenen der Stadt verbanden. Die Elfen, die dort lebten, gingen ihrer Arbeit nach, doch niemand stellte Fragen. Das war es, was Rhaenyra brauchte – einen Ort, an dem sie unsichtbar sein konnte.
Doch sie war nicht länger Rhaenyra von Vinyamar.

Der Name „Elarya“ fiel ihr ein, als sie durch die alten Schriften der Valyrianthi blätterte. Eine wandernde Weise, die einst durch fremde Länder zog, den Drachenkult verbreitete und als Vermittlerin zwischen den Völkern galt. Ein Symbol für Weisheit und Frieden, aber auch für Freiheit.
Genau das, wonach sie suchte.
Elarya Velaryth – eine Verbindung zu ihrer Herkunft, aber ohne den Schatten ihrer Vergangenheit.

Im Elfenhain von Xantia fand sie eine Bleibe, verborgen unter jenen, die keine Fragen stellten. Hier konnte sie für eine Weile durchatmen, sich sammeln. Doch die Ruhe war trügerisch. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie nicht hierbleiben konnte. Sie war keine, die für immer in den Wäldern verharrte.
Sie musste weiterziehen. Doch wohin?
Während ihrer Zeit in Xantia wurde sie eines Tages eingeladen – eine Einladung von den Seelelfen, nach Raélyn zu kommen und gemeinsam Rhiwesyesta, das Fest des Winters, zu feiern.

Es war ein rauschendes Fest, voller Musik, Tanz und schimmerndem Licht, das sich in den schneebedeckten Blättern der uralten Bäume spiegelte. Elarya ließ sich von der Atmosphäre mitreißen, genoss den süßen Wein, den Geschmack der Gewürze, die Wärme, die zwischen den Feiernden pulsierte.
Und dann war da ein Tanz.

Ein Mensch, Edward Macbeth, bat sie um ihre Hand, und sie nahm sie – nicht ahnend, dass dieser eine Moment ihr noch lange im Gedächtnis bleiben würde.
Edward hatte etwas Ungezähmtes an sich, etwas Verruchtes, das sie nicht deuten konnte. Seine Worte waren charmant, sein Lächeln verschmitzt, doch in seinen Augen lag etwas, das ihr verriet, dass er Geheimnisse verbarg – so wie sie.

Sie begegnete ihm und seinen Freunden immer wieder in den Straßen Xantias, und eine vorsichtige Freundschaft entstand zwischen ihnen. Sie sprachen nicht viel über Vergangenheit, nicht über Namen oder Titel. Nur über das Jetzt. Und doch gestand sie ihm, dass sie eine Witwe war und zwei Kinder hatte. Und er vertraue ihr an, dass er ein Pirat war.

Es war eine der Nächte, in denen der Schlaf sie nicht fand, als sie in die Bibliothek Xantias ging. Die alten Schriften dort waren ein Labyrinth aus Wissen, geführt von einer der ältesten Elfenkulturen.
Doch dann, in einer unscheinbaren Ecke zwischen verstaubten Karten und Pergamenten, stieß sie auf etwas, das sie nicht losließ.
Eine Karte.
Alt, fast vergilbt, aber klar gezeichnet. Sie verglich sie mit den modernen Karten Eldorias, und ein Detail stach ihr sofort ins Auge:
Eine Inselkette, eingezeichnet in den Karten ihrer Heimat, fehlte in den Aufzeichnungen der Elfen.

Elarya ließ ihre Finger über die Linien der vergessenen Inseln gleiten. Warum waren sie hier nicht vermerkt? Waren sie verloren? Oder absichtlich ausgelöscht?
Ihr Herz pochte schneller.
Wenn sie niemand kannte, dann gehörten sie auch niemandem.

Und wenn sie niemandem gehörten, dann konnte sie dort etwas Eigenes aufbauen.
Tag um Tag verbrachte Elarya in den Archiven von Xantia, versunken zwischen Pergamentrollen und uralten Büchern, ihre Gedanken wie Schiffe auf einem unbekannten Meer treibend. Sie verglich Karten, entzifferte Notizen längst verstorbener Gelehrter und suchte nach Anhaltspunkten in den Schriften, die sie aus Dohaeragon mitgebracht hatte.

Wochenlang suchte sie nach der Insel, doch sie blieb verborgen. Sie ließ Karten anfertigen, segelte an den Koordinaten entlang, die die alten Schriften nannten – doch die Insel war nirgends zu finden. In der Bibliothek von Xantia und in den alten Archiven der Valyrianthi suchte sie nach Hinweisen. Fragmente von Geschichten tauchten auf, lose Verweise auf ein Land, das nicht existieren sollte. Sie fand Berichte von Seefahrern, die behaupteten, eine Insel gesehen zu haben, die am nächsten Tag nicht mehr da war.

Und dann, verborgen in den brüchigen Seiten eines Buches, das nach altem Leder und vergilbter Tinte roch, fand sie das erste Mosaikstück einer Legende.

„Es gibt Orte, die nicht erscheinen, bis die Zeit sie ruft.“

Ein Satz, beiläufig in einem Kapitel über vergessene Reiche erwähnt. Doch ihr Instinkt sagte ihr, dass dies mehr war als bloße Metaphorik.

Mit erneuter Entschlossenheit tauchte sie tiefer in die Texte ein. In alten valyrianthischen Manuskripten, die sie aus Dohaeragon gerettet hatte, stieß sie auf kryptische Erzählungen über eine Insel, die nur alle paar Jahrhunderte sichtbar wurde – dann, wenn eine Hüterin erwählt wurde.

„Die Drachengötter, in ihrer unermesslichen Weisheit, verbargen einen Teil der Welt. Denn nicht jeder durfte das Geheimnis bewahren, das sie einst dort niederlegten. Nur eine Tochter des silbernen Blutes, geboren im Sturm, getragen von den Wellen, konnte den Schleier lüften.“

Je mehr sie las, desto klarer wurde das Muster. Die Legende sprach von Hüterinnen, von Frauen, die in bestimmten Zeitaltern die Insel fanden, dort neue Heimstätten errichteten – nur damit die Insel wieder verschwand, wenn ihre Zeit endete.

Neun Hüterinnen waren verzeichnet, ihre Namen in alten Liedern bewahrt. Und unter ihnen: Elarya die Weise.

Elarya Velaryth hielt den Atem an. Die Frau, nach der sie sich benannt hatte, war einst ebenfalls eine Hüterin gewesen. War es Zufall? Oder Fügung?

Dann fiel ihr Blick auf einen anderen Eintrag, verborgen in den Tiefen des Buches der Prophezeiungen – jenem heiligen Schriftstück, das nur die Valysar und die Hohepriesterin lesen durften. Doch sie hatte es bei ihrer Flucht aus Vinyamar mitgenommen, in den dunklen Stunden, als sie das Flaggschiff ihrer Schwester stahl.

Dort, in krakeliger Handschrift, verfasst in die uralte Valyrianthi-Schrift, Valyriath, stand eine Prophezeiung geschrieben:

Prophezeihungen von Hohepriesterin Aleyah I.:
Prophezeiung über die 10. Hüterin der Insel, ihre einzige Prophezeiung.

In jenen Zeiten, wenn die Sterne ihre Bahnen neu weben,
und die Schatten vergangener Zeitalter sich nach der Zukunft sehnen,
wird eine Tochter des silbernen Blutes den Ruf des Vergessenen hören.

Geboren aus Asche und Sturm, verloren zwischen Welten,
wird sie die Pfade beschreiten, die lange verstummt sind.
Mit Händen, die die Gewebe der Wirklichkeit formen,
und Augen, die das Verborgene sehen,
wird sie die Schwelle überschreiten,
wo Zeit sich in Nebel hüllt.

Das Meer wird sie prüfen,
der Wind wird ihr Geheimnisse zuflüstern,
und die Ruinen werden ihre Geschichte enthüllen.
Doch erst, wenn der Horizont sich in Gold und Smaragd spiegelt,
wenn Wasser und Feuer eins werden,
wird sie den verborgenen Pfad erkennen.

Dann, wenn die Insel aus der Stille erwacht,
wird sie eintreten in das Erbe,
das viele vor ihr trugen,
und viele nach ihr tragen werden.

Denn die Hüterin kehrt immer zurück.
Und mit ihr beginnt der Kreis von Neuem.

Elarya legte das Buch langsam zur Seite, ihre Finger zitterten. Sie war also nicht die Erste. Und sie würde nicht die Letzte sein. Es gab einen Grund, warum sie auf jene Karten gestoßen war, warum ihr Herz sich nach dieser Insel sehnte.

Eines Abends, während sie in ihrem Haus im Elfenhain in Xantia über alten Pergamenten brütete, betrat Edward Macbeth das Haus. Der Kapitän war ein vertrauter Gesprächspartner geworden – einer der wenigen, denen sie sich öffnete.

„Nun ja… wie erging es Euch in letzter Zeit?“ fragte er nachdenklich, während er sich näher an den Tisch lehnte. „Seid Ihr vorangekommen mit der Insel?“

Elarya nickte leicht und deutete auf das Buch vor ihr. „Ich habe Querverweise auf den alten Karten gefunden. Es scheint eine Insel zu sein, die nur existiert, wenn ihre Zeit gekommen ist.“

Edward hob überrascht eine Braue. „Interessant… eine besondere Insel also?“

„Wie es scheint“, antwortete sie leise. „Uralte Magie der Drachengötter. Es gibt sogar eine Prophezeiung dazu… ausgesprochen vor 200 Jahren, noch vor meiner Geburt.“

Edward runzelte die Stirn, seine Neugier geweckt. „Jetzt bin ich aber neugierig.“

Elarya suchte unter den verstreuten Büchern auf dem Tisch ein Pergament heraus und hielt es ihm hin. „Lest selbst.“

Edward nahm das Pergament an und ließ seine Augen über die sorgfältig verfassten Zeilen gleiten. Als er es beendet hatte, schaute er auf. „Eure Vorfahren haben also diese Insel schon entdeckt?“

Elarya nickte. „Wie es scheint. Die Prophezeiung spricht von einer Hüterin… in anderen Quellen fand ich neun solcher Hüterinnen.“

Edward las eine Passage erneut und schmunzelte leicht. „Eine Tochter silbernen Blutes. Das riecht für mich nach Adel.“ Er musterte sie mit einem wissenden Blick.

Elarya erwiderte den Blick ruhig. „In der Tat. Und deswegen finde ich die Insel nicht. Weil ich nicht ebenjene Tochter bin.“

Edward legte das Pergament beiseite und lehnte sich zurück. „Achso, verstehe. Und wer wird sie dann finden?“

Elarya zuckte mit den Schultern. „Die Tochter silbernen Blutes.“

Edward wirkte nachdenklich. „Aye, aber wer könnte das sein? War es die Königin Vinyamars?“

Elarya seufzte und räusperte sich. „Rhae… die Valysar war Bestandteil anderer Prophezeiungen. Dass sie in jener hier gemeint ist, halte ich für unwahrscheinlich.“ Sie deutete auf eine bestimmte Passage in der Prophezeiung:

„Mit Händen, die die Gewebe der Wirklichkeit formen…“

„Dies beschreibt eine Art, die Magie zu nutzen. Die Valysar nutzt ihre Magie anders. Die einzige, die Magie gewoben hat… war Prinzessin Rhaenyra, ihre jüngste Schwester.“

Edward sah sie aufmerksam an. „Ist sie ebenfalls geflohen?“

Elarya nickte sanft. „Das ist sie… Sie war bekannt dafür, die besten Feste Dohaeragons zu organisieren…“

Edward schien einen Moment lang zu überlegen. „Oh… ist es Euch dann überhaupt möglich, die Insel zu finden?“

Elarya vermied es, ihn anzublicken und blickte stattdessen auf die Bücher vor ihr. „Ich glaube… ich bin die Einzige, die die Insel finden kann…“

Edward trat näher an den Tisch, sodass sie ihn wieder in ihrem Blickfeld hatte. „Wie meint Ihr das?“

Elarya seufzte leise. „Ihr kennt die Wahrheit.“

Edward wirkte einen Moment verwirrt. „Kenne ich sie?“

Elarya nickte sanft. „Ihr vermutet es seit unserem ersten Aufeinandertreffen.“

Plötzlich weitete Edward die Augen. Er starrte sie einen Moment lang an. „Ihr… Ihr seid eine…“

Elarya fixierte ihn mit einem ruhigen Blick. „Sprecht es aus.“

Edward schmunzelte leicht, als sich die Erkenntnis setzte. „Ihr seid die Prinzessin. Die Schwester der Valysar…“

Elarya seufzte. „Ich war. Nun bin ich Elarya.“

Edward musterte sie für einen Moment, bevor er mit ehrlicher Neugier fragte: „Wieso seid Ihr noch hier und nicht mit Eurer Schwester geflohen?“

Elarya lachte bitte auf und sie sprachen über das Schicksal Vinyamars, ehe Edward sie fragte: „Aber wenn Ihr die Prinzessin seid und die Insel noch nicht gefunden habt… haben wir hier irgendwas übersehen?“

Elarya las erneut über die Zeilen und murmelte nachdenklich:

„Das Meer wird sie prüfen, der Wind wird ihr Geheimnisse zuflüstern, und die Ruinen werden ihre Geschichte enthüllen…“

Sie stockte. „Ich weiß nicht, worauf sich dies bezieht… Doch hier…“

„Doch erst, wenn der Horizont sich in Gold und Smaragd spiegelt, wenn Wasser und Feuer eins werden, wird sie den verborgenen Pfad erkennen.“

„Es stehen weitere Voraussetzungen darin. Ich scheine noch nicht so weit zu sein.“

Edward tippte mit dem Finger auf die Tischplatte. „Horizont in Gold und Smaragd… Wasser und Feuer eins werden… Das klingt für mich nach einem Sonnenuntergang.“

Elarya nickte. „Also kann die Insel nur bei einem Sonnenuntergang gefunden werden… An jedem Tag? Oder zu einem speziellen?“

Edward überlegte. „Vielleicht musst Ihr genau an dem verdächtigen Ort, kurz bevor die Sonne komplett verschwunden ist, Eure Magie bewirken.“

Elarya schmunzelte leicht. „Ein Versuch wäre es wert. Doch ich werde erst weiter nachforschen… Ich muss alles über die Hüterinnen vor mir erfahren.“

Und so sollte die wahre Suche erst beginnen. Eine Suche nach einer Heimat.

Ein Ort, der nicht von alten Namen und zerbrochenen Kronen beschattet wurde.
Ein Ort, der allein ihr gehörte.

Ihr Entschluss war gefasst.
Mit einem neuen Namen, einer neuen Bestimmung und einer alten Karte in den Händen stach sie erneut in See - in Begleitung von neuen Freunden.

Wenn nicht anders angegeben, wurden die Bilder per KI generiert.

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Hallo @CiraThomasen

hiermit würde ich deine CV offiziell annehmen. Ich wünsche dir viel Spaß mit Elarya.

Liebe Grüße
Loulette :kissing_cat:

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Weiterführung Geschichte

Käpt’n Edward Macbeth segelte mit seiner Crew dem Flaggschiff der Valyrianthi hinterher. Elarya stand an Deck, das Gesicht dem Wind zugewandt, der ihr silberweißes Haar wie Seide tanzen ließ. Sie folgte ihrem Instinkt, der sie zu jenem Ort führte, an dem die Insel liegen sollte – doch dort, wo Land sein musste, lag nur das smaragdgrüne Meer, eingerahmt von einem fast durchsichtigen Nebelschleier.

Als die Schiffe vor Anker gingen, winkte sie Edward zu und atmete tief durch. Der Sonnenuntergang war nahe – der Moment, auf den sie gewartet hatte. Was würde sie finden, wenn es ihr wirklich gelänge? Mit dem letzten Licht wuchs auch ihre Nervosität. Die Zeit war fast gekommen.

„Mit Händen, die die Gewebe der Wirklichkeit formen…“

„Doch erst, wenn der Horizont sich in Gold und Smaragd spiegelt, wenn Wasser und Feuer eins werden, wird sie den verborgenen Pfad erkennen.“

Die Worte der Prophezeiung hallten in ihr nach. Nur wenn sich das goldene Licht der Sonne mit dem grünen Glanz des Wassers vereinte, durfte sie ihre Magie wirken. Würde sie zu früh eingreifen, könnte alles verloren sein. Elarya seufzte leise und hob den Blick.

Langsam trat sie an die Reling, genau in dem Moment, als der letzte Lichtstrahl die Wasseroberfläche berührte. Ihr Haar fing das Sonnenlicht ein, als sei Sternenstaub darin verwoben. Mit geschlossenen Augen hob sie die Hände. Aus ihren Fingerspitzen lösten sich leuchtende Fäden – silbrig wie Mondlicht, zart wie ein Flüstern im Wind. Das Gewebe der Welt antwortete.

Die Luft begann zu vibrieren, ein kaum hörbares Summen erfüllte das Schiff. Die See kräuselte sich, als würde sie erwachen. Dann kam das Beben – tief und uralt, wie der Atem eines schlafenden Riesen. Der Nebel geriet in Bewegung, wirbelte tanzend empor – bis er sich auflöste wie Atem im Wind.

Und da war sie. Die Insel. Ihre Küsten schimmerten in Gold und Smaragd, ehrwürdige Klippen ragten aus dem Meer, als hätten sie seit Äonen dort gewartet. Elarya öffnete die Augen – und ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

Doch die magische Stille wurde jäh unterbrochen – von lautem Gefluche, das übers Wasser schallte. Verwirrt blickte Elarya zwischen den Schiffen hindurch und entdeckte eine Frau, die fluchend in einem kleinen Boot ruderte. Als diese die großen Schiffe bemerkte, hielt sie inne – ihr Blick wurde leer, verwundert, fast ungläubig.

„Trefft uns auf der Insel!“, rief Elarya ihr zu, bevor sie gemeinsam mit Edward ein Beiboot zu Wasser ließ. Unten angekommen, reichte ein Seemann ihr die Hand und half ihr an Land. Andächtig kniete Elarya sich nieder und ließ den warmen Sand durch ihre Finger rieseln. Dies war also Thur’Valarys – die Insel der Hüterinnen.

Aber jetzt galt es, sich um die junge Frau zu kümmern. Sie stand klatschnass und vom Wind zerzaust am Ufer, den Blick noch immer auf die Insel gerichtet, die eben noch nicht da gewesen war. Elarya trat zu ihr, zog sich ihren Mantel aus und legte ihn der Fremden sanft um die Schultern – obwohl die Luft hier schon tropisch warm war. Den Mantel würde sie kaum brauchen.

„Danke“, murmelte die junge Frau und stellte sich als Camila vor. Elarya nickte ihr beruhigend zu. „Ihr seid in Sicherheit“, sagte sie sanft. „Wenn ihr wollt, könnt ihr euch auf meinem Schiff ausruhen.“

Camila nahm das Angebot erleichtert an. Während sie zum Schiff gebracht wurde, wandte sich Elarya an Edward – und fiel ihm überglücklich um den Hals. „Wir haben es geschafft!“

Doch die Magie hatte ihren Tribut gefordert. Erschöpft zog Elarya sich noch am selben Tag zurück. Erst mit dem nächsten Morgen war sie bereit, die Geheimnisse von Thur’Valarys zu entdecken. Doch von Edward fehlte jede Spur. Er war noch am gleichen Tag mit zwei seiner Leute aufgebrochen, die Insel selbstständig zu erkunden.

Die Insel war rau und wild, ein Ort, an dem der Wind unaufhörlich durch die hohen Palmen und dichten Wälder strich. Die Klippen fielen steil in das azurblaue Meer ab, und das Rauschen der Wellen wurde zu einem ständigen Lied in Elaryas Ohren. Doch zwischen den überwucherten Pfaden und den verfallenen Ruinen konnte sie es sehen – die Spuren ihres Volkes.

Eingemeißelte Symbole, die so vertraut waren, dass sie ihr den Atem raubten. Drachen, die sich in verschlungenen Linien über uralte Steinblöcke wandten. Runen, deren Bedeutung in der Zeit verblasst war, doch deren Ursprung sie kannte.
„Die Valyrianthi waren hier“, flüsterte sie, während sie mit ihren Fingerspitzen über die kühlen, mit Moos bedeckten Steine strich.
Was war mit ihnen geschehen? Warum hatte ihr Volk diesen Ort vergessen?
Es spielte keine Rolle.
Dieser Ort war vergessen worden – doch nicht von ihr.

Wenn nicht anders angegeben, wurden die Bilder per KI generiert.

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